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Studie „Tankstellenmarkt 2015“: Inventur einer Branche

29.04.2016 10:00 Uhr
Studie „Tankstellenmarkt 2015“: Inventur einer Branche
Den Zusatzangeboten in Tankstellenshops kommt eine wachsende Bedeutung zu. Vor allem die Qualität kann hier ein entscheidender Erfolgsfaktor sein.
© Foto: Annika Beyer

Die Studie „Tankstellenmarkt 2015“ der Rating-Agentur Scope zeigt in regelmäßigen Abständen die Chancen- und Risikopotenziale der Branche auf. Die Ergebnisse der aktuellen Ausgabe, die der Bundesverband freier Tankstellen im April vorstellte, im Überblick.

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Entwicklung des Tankstellennetzes
Das deutsche Netz hat sich 2015 um 31 Stationen auf 14.531 Tankstellen verkleinert (Stand: 1.1.2016). Dabei spielen Konsolidierung und Netzbereinigung weiter eine wichtige Rolle. So nehmen große Konzerne entweder kleinere, umsatzschwächere Stationen ganz aus dem Angebot oder verkaufen Standorte an den Mittelstand. Dieser konnte dadurch in jüngster Vergangenheit Marktanteile dazugewinnen. Zum Vergleich: Der Höchststand an Tankstellenunternehmen wurde 1970 mit über 46.000 Stationen erreicht.

Weitere Informationen über das deutsche Tankstellennetz finden Sie im gleichnamigen Sprit+ Spezial.

Kraftstoff und Energie  
Vor dem Hintergrund der – wenn auch langsam wachsenden – Elektromobilität können Tankstellen laut Studie eine wichtige Rolle spielen, indem sie als Ladestation, aber auch als Akku-Wechselstation fungieren. Dabei könnte das bereits etablierte Netzwerk einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Anbietern bedeuten. Zurzeit gibt es etwa 4.000 Stromtankstellen in Deutschland, an denen etwa 50.000 in der Bundesrepublik gemeldete E-Autos laden können.

Chancen und Risiken im Waschgeschäft
Der Umsatzanteil der Autowäsche am Gesamtgeschäft ist 2015 leicht von 5,5 auf 5,7 Prozent angestiegen. Nach der Nachfragendelle der vergangenen Jahre sieht die Studie in diesem Segment wieder Wachstumspotenzial, allerdings sind hohe Investitionen in die Technik notwendig, um mit spezialisierten Waschbetrieben mithalten zu können. Tankstellen können jedoch davon profitieren, dass Autofahrer ihre Autowäsche gerne mit Tanken (67 Prozent) und Einkaufen (34 Prozent) verbinden. Mit einer ­attraktiven Waschanlage oder All-in-Service können die Tankstellen­betreiber zudem versuchen, ihre Marktposition zu behaupten beziehungsweise aufzubauen. Shopgeschäft

Shopgeschäft
Das Shopgeschäft profitiert nach wie vor von der guten Erreichbarkeit der Tankstelle und den flexiblen Einkaufszeiten. Da der Retail-Umsatz in absoluten Zahlen seit langer Zeit stagniert, setzt die Branche auf die Ausweitung der Gastronomie­konzepte. Hier sieht die Studie signifikante Synergieeffekte zwischen attraktiven Franchise­marken und leistungsfähigen Tankstellenbetrieben, die „regelmäßig zu insgesamt erhöhtem Kundenaufkommen und vertiefter Kundenbindung“ führen. Ein eigenständiges Shopkonzept ermögliche dagegen größere Einflussmöglichkeiten beispielsweise bei der Produktwahl, beim Einkauf, beim Marketing und bei der Preisgestaltung und führt somit insgesamt zu einer größeren Differenzierung. Allerdings müssten Betreiber dabei in der Regel auf Preisvorteile bei Einkaufs­gemeinschaften verzichten und sind bei Entscheidungen auf sich alleine gestellt. Wie in den vergangenen Jahren bleiben Tabakwaren mit einem Anteil von 62 Prozent im Jahr 2015 Umsatztreiber im Shop, gefolgt von Getränken und Spirituosen mit elf Prozent und Telefon- beziehungsweise Wertkarten mit zehn Prozent.

Autoreparatur- und Wartungsleistungen
Reparaturwerkstätten haben in den vergangenen Jahren an Tankstellen an Bedeutung verloren. Grund sind die immer spezielleren Diagnosegeräte, die hohe Investitionen erfordern und sich lediglich bei einer großen Anzahl von Aufträgen amortisieren. Daher beschränkt sich das Potenzial auf technisch weniger anspruchsvolle Dienstleistungen wie Reifen- und Ölwechsel sowie den Verkauf standardisierter Ersatzteile wie Leucht- und Betriebsmittel.

Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K)
Die MTS-K bedeutet laut Studie insbesondere für die freien und unabhängigen Tankstellen Chance und Risiko zugleich, da sie die Preisdifferenz zu den A-Marken deutlicher herausstellt. Diese Transparenz gilt jedoch auch in umgekehrter Richtung und „droht somit die Nischenfunktion der unabhängigen Tankstellen, die oftmals über Preisdifferenzierung erfolgt, auszuhebeln“. Zudem sind in einem wettbewerbsstarken Umfeld Preiserhöhungen nur schwer durchsetzbar, was den Margendruck erheblich erhöht. Der sinkende Ergebnisbeitrag beim Kraftstoffverkauf führt wiederum zu einem Investitionsstau bei mittelständischen Tankstellen, worunter die Attraktivität der Stationen zu leiden droht. Auch Investitionen in alternative Kraftstoffe können dadurch beeinträchtigt werden. Sollte der Gewinn langfristig ausbleiben, fürchten die Studienmacher deshalb ein Schrumpfen des mittelständischen Segments und folglich eine Dominanz der ­konzerngebundenen Unternehmen. Die genauen Auswirkungen der MTS-K können aber erst im Zeitverlauf ab­geschätzt werden, heißt es in der ­Untersuchung. 

Kundengruppen
Tankstellenbetreiber müssen sich bei den angebotenen Produkten und Dienstleistungen ebenso auf den demografischen Wandel einstellen wie viele andere Branchen. Vor allem die wachsende Zielgruppe der Senioren, die kaufkräftig ist, aber auch einen hohen Anspruch an die Qualität hat, sollte dabei berücksichtigt werden. Ebenfalls wichtige Zielgruppen sind Singles beziehungsweise kleine Haushalte, in denen beide Partner berufstätig sind. Sie legen Wert auf flexibles, schnelles und bequemes Einkaufen und haben eine „hohe Affinität zum aufstrebenden Bereich des Convenience-Food, dem gerade im Tankstellen-Sektor eine wichtige Bedeutung zukommt“. 

Erfolgskriterien für mittelständische Unternehmen
Die Studie identifiziert folgende fünf Erfolgskriterien:

  • Standortqualität
  • Kaufmännisches Know-how
  • Offensives/systematisches Marketing
  • Breites Dienstleistungsangebot; Einbeziehung von Zusatzgeschäften
  • Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Tankstellenunternehmer

Daneben nennt die Studie vier Sonderfaktoren, die maßgeblich Einfluss auf die Bewertung der Tankstellenbranche haben, bisher aber bei Standardbetrachtungen in der Regel keine Berücksichtigung gefunden haben:

  • Umlaufvermögen (Vermarktbarkeit von Lagerbeständen)
  • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
  • Bewertungseffekte bei den Lagerbeständen
  • Energiesteuer 

Die Branchenstudie Tankstellenmarkt 2015 finden Sie online auf der Internetseite des Bundesverbands freier Tankstellen (www.bft.de) unter der Rubrik „Aktuelles“.

(Autorin: Annika Beyer. Der Artikel erschien in Ausgabe 5 von Sprit+.)

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