Smart Stores – unter diesem Namen wird eine Reihe von Einzelhandelskonzepten zusammengefasst, die allesamt eines gemeinsam haben: Sie kommen ohne Verkaufspersonal aus und sind rund um die Uhr geöffnet. Der Hightech-Branchenverband Bitkom rechnet bis 2025 mit über 1.000 Smart Stores in Deutschland.
Ein Trend, den Lekkerland nicht verpassen möchte. Der Spezialist für Unterwegs-Konsum experimentiert bereits mit unterschiedlichen Modellen, die vom kassiererlosen Check-out in Supermärkten über moderne Verkaufsautomaten bis hin zu Geschäften reichen, in denen Kameras und Künstliche Intelligenz die Einkäufe der Kunden registrieren und vollautomatisch abrechnen.
Lekkerland sieht sich dabei als Full-Service-Anbieter. Die Firma übernimmt zusammen mit Technologie-Partnern nicht nur den Bau beziehungsweise das Aufstellen von Smart Stores, sondern auch die Belieferung mit Waren, die Abwicklung von Alters-Verifikationen für den Verkauf von Alkohol und Tabak, die Abrechnung und auf Wunsch sogar die Reinigung der Stores. Technik, Logistik und Sortiment kommen hier also aus einer Hand.
Diese Modelle sind für Tankstellen interessant
Für Tankstellen sind dabei zwei Shop-Konzepte besonders interessant: Der "Smart Shop" besteht aus Kühlschränken und Verkaufsautomaten, die entweder in einem kleinen Container oder natürlich auch in Geschäftsräumen aufgestellt werden können. Über ein Display wählt der Kunde aus bis zu 220 Produkten aus, die nach bargeldloser Bezahlung aus dem jeweiligen Automaten entnommen werden können. Mehrere Prototypen von Smart Shops werden derzeit an Ladeparks entlang großer Autobahnen getestet.
Technisch aufwendiger und für Kunden noch eindrucksvoller ist die "Smart Box". Hier betreten die Kunden nach der Anmeldung mit einem bargeldlosen Zahlungsmittel den Verkaufsraum. Dort können sie die gewünschten Waren einfach aus den Regalen und Kühlschränken nehmen und erhalten nach dem Verlassen des Shops eine Rechnung per SMS aufs Handy.
Michael Mayer-Sonnenburg, Director Franchise & Convenience Stores bei Lekkerland, erklärt: "Wir wollen die Smart Stores immer in Zusammenarbeit mit Tankstellen beziehungsweise Mineralölgesellschaften umsetzen. Sie sollen keine Konkurrenz für bestehende Tankstellenshops sein, sondern das Geschäftsmodell der Betreiber weiterentwickeln und ergänzen. Denkbar ist beispielsweise, dass nachts der Tankstellenshop geschlossen und nur der 'Smart-Store-Teil' zugänglich ist. So steht ein Angebot für Kunden bereit, ohne dass Verkaufspersonal benötigt wird."
Bisher werden die Smart Stores nur im Rahmen von Pilotprojekten betrieben. Erste Erfahrungen mit den Shops zeigen, dass sie von den Kunden angenommen und nachgefragt werden. Sie werden sowohl für den Sofort-Konsum unterwegs als auch für den schnellen Einkauf am Sonntag oder nach Feierabend genutzt. Mayer-Sonnenburg: "Wir sind überzeugt davon, dass Smart Stores in Zukunft einen festen Platz im Unterwegs-Konsum haben werden. Sie lösen das Problem der kontinuierlich steigenden Personalkosten, machen die Tankstellen für Kunden attraktiver und reduzieren die Abhängigkeit vom Kraftstoffgeschäft."
Ganz ohne Personal kommen die Smart Stores allerdings noch nicht aus. Die Prototypen, die Lekkerland bereits im Einsatz hat, werden ein- bis zweimal pro Woche beliefert und aufgefüllt, außerdem müssen sie natürlich auch regelmäßig gereinigt werden.
Zur Rentabilität der Smart Stores will sich Lekkerland noch nicht äußern. Im Moment gehe es darum, das Konzept zu testen, das Sortiment zu verfeinern und die Kundenakzeptanz zu prüfen.
Zu den Kosten für so einen Shop gibt es nur ungefähre Aussagen. So veranschlagt Lekkerland für einen einzelnen smarten Kühlschrank mit Gewichtssensoren, Computer-Vision-Kameras und einem Bezahlterminal einen "niedrigen fünfstelligen" Preis, die Kosten für separate Shops lägen bei einem "hohen fünfstelligen bis zum mittleren sechsstelligen Betrag."
Etwas konkreter beschreibt Lekkerland die Anforderungen an die Infrastruktur für einen Smart Store. Je nach Typ werden zwischen zehn und 40 Quadratmeter benötigt. Soll der Store im Außenbereich stehen, muss ein tragfähiges Fundament für die Fläche vorhanden sein. Darüber hinaus benötigt der Store einen Stromanschluss (Starkstrom ist nicht erforderlich), eine stabile Internetverbindung (kann auch über Mobilfunk erfolgen) sowie Zugang zum Frisch- und Abwassernetz.
Zukunftsmodell? Bei Amazon wohl eher nicht
Ob den Shops ohne Verkaufspersonal tatsächlich die nahe oder eher erst die ferne Zukunft gehört, ist unter Experten umstritten. So hat Amazon bereits 2016 einen ersten Smart Shop in Seattle eröffnet. Bis heute gibt es von der Amazon Go genannten Kette aber erst 24 Läden in den USA und 20 in Großbritannien – alle befinden sich auch acht Jahre nach dem Start noch im Testbetrieb.
In Deutschland gibt es die ersten autonomen Supermärkte seit 2020. Insgesamt werden derzeit etwa 60 Konzepte getestet, darunter Edekas Smart Box, Rewes Pick & Go, Aldis Shop & Go und viele kleinere Lösungen, die teilweise nur einen einzelnen Laden betreiben. Auch hier wird vor allem für die Zukunft getestet.
Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel an der DHBW in Heilbronn, erklärt: "Für Deutschland sehe ich keinen schnellen Roll-out dieser Konzepte, da die Kundschaft deutlich distanzierter auf neue Technologien reagiert." Große Chancen sieht er aber im ländlichen Raum und da, wo es keine starke Konkurrenz durch andere Märkte gibt.
Auch die Mobilitätswende sorgt für neue Chancen: "Unsere Smart-Store-Lösungen ermöglichen es, Standorte wie Ladeparks ohne Personal vor Ort um attraktive Angebote für den Sofort-Verzehr oder den schnellen Einkauf zu ergänzen", sagt Lekkerland-Manager Mayer-Sonnenburg.