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Rechtsgutachten: Europäische CO2-Flottenregulierung ist unionsrechtswidrig

22.07.2024 11:20 Uhr | Lesezeit: 4 min
Rechtsgutachten: Europäische CO2-Flottenregulierung ist unionsrechtswidrig
Verstoßen Fahrzeughersteller gegen EU-Flottenziele müssen sie Strafzahlungen leisten. Dafür fehlt aber die rechtliche Grundlage.
© Foto: lumen-digital/Fotolia

Die der Flottenregulierung zugrundeliegende Messmethodik des sogenannten Tailpipe-Ansatzes, wonach die CO2-Emissionen eines Fahrzeugs nur am Auspuff bilanziert werden, ist europarechtswidrig und schadet einem effektiven Umweltschutz.

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Der Uniti Bundesverband Energie Mittelstand hatte eine rechtliche Prüfung der Ausgestaltung der EU-Flottenregulierung beauftragt. Prof. Dr. Martin Kment kommt zu dem Ergebnis, dass diese Regulierung aus mehreren Gründen unionsrechtsrechtswidrig ist. Kment ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Umweltrecht der Universität Augsburg und Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Europarecht, Umweltrecht und Planungsrecht. Er hatte ein Rechtsgutachten über die Verordnung (EU) 2023/851 erstellt.

Tailpipe-Ansatz verletzt EU-Grundrechte und -Grundsätze

Die der Flottenregulierung zugrundeliegende Messmethodik des sogenannten Tailpipe-Ansatzes, wonach die CO2-Emissionen eines Fahrzeugs nur am Auspuff bilanziert werden, ist gemäß dem Gutachten von Kment europarechtswidrig und schadet einem effektiven Umweltschutz. Die veraltete Prüfmethode zieht auch Verstöße gegen das europäische Primärrecht nach sich: Art. 191 Abs. 2 AEUV wird ebenso verletzt wie Art. 16 GRCh (Unternehmerische Freiheit), Art. 20 GRCh (Gleichheit vor dem Gesetz) und Art. 37 GRCh (Grundsatz des Umweltschutzes). Der Gutachter zieht den Schluss, dass der veraltete Tailpipe-Ansatz durch eine zeitgemäße Messmethodik ersetzt werden sollte, die die CO2-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus bilanziert.

Das Gutachten weist nach, dass nicht nur Hersteller von Pkw mit Verbrennungsmotor, sondern auch Produzenten von alternativen Kraftstoffen durch den Tailpipe-Ansatz benachteiligt werden. Laut Uniti-Hauptgeschäftsführer Elmar Kühn muss die gegenwärtige Flottenregulierung für Pkw-Neufahrzeuge sofort überarbeitet werden. "Es gilt, sämtliche rechtswidrigen Regulierungsinhalte, die beispielsweise im Jahr 2035 zu einem vollständigen Neuzulassungsverbot für Verbrenner führen, weil die Klimawirkung von regenerativen Kraftstoffen nicht anrechenbar ist, zu ändern." Auch die Lkw-Flottenregulierung, die erst 2027 überprüft werden soll, müsse rechtswidrige Elemente überprüft und entsprechend abgeändert werden.

Strafzahlungen der Fahrzeughersteller: keine rechtliche Grundlage

Verstoßen Fahrzeughersteller gegen EU-Flottenziele müssen sie Strafzahlungen leisten. Das Gutachten von Kment zeigt aber auf, dass die EU-Kommission für das Erheben und Vereinnahmen von Strafzahlungen beziehungsweise der Emissionsüberschreitungsabgabe nicht zuständig ist. Die Überführung der Einnahmen daraus in den allgemeinen Haushalt der EU sei vertragswidrig. Für Strafzahlungen der Fahrzeughersteller bei Überschreiten der vorgegebenen Flottenziele fehlt also die rechtliche Grundlage.

Bereits in einem im Jahr 2008 gefassten Beschluss zur ersten Verordnung der Pkw-Flottenregulierung hatte der Deutsche Bundesrat erhebliche Zweifel an der EU-Kompetenz zur Einführung einer solchen umweltschutzbezogenen und steuerähnlichen Abgabe zugunsten des Haushalts der EU geäußert. Die Ministerpräsidenten der Länder Bayern, Markus Söder, und Niedersachsen, Christian Wulff, hatten damals in ihren Plenarreden erhebliche Bedenken angemeldet. Auch im rechtswissenschaftlichen Diskurs wurden wiederholt entsprechende Standpunkte vorgetragen.

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