Weitgehende Werbeverbote, Steuererhöhungen, Verbot von Aromen – Hersteller, Handel und auch die Konsumenten von Tabakwaren, E-Zigaretten und anderen Nikotinprodukten mussten sich zuletzt in Deutschland auf eine Vielzahl neuer Vorgaben und Beschränkungen einstellen. Mit von der Brüsseler EU-Kommission vorbereiteten Anpassungen der EU-Tabaksteuer- und EU-Tabakproduktrichtlinien drohen bereits weitere empfindliche Verschärfungen. In Berlin fordern Politiker von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zusätzliche Werbeverbote und ein Aus für Aromen in E-Zigaretten.
Vor diesem Hintergrund forderte Hauptgeschäftsführer Michael von Foerster vom Verband der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) eine verstärkte Rückbesinnung auf das Leitbild des mündigen Verbrauchers: "Ein informierter Erwachsener, der sich eine Zigarette dreht, eine Zigarre genießt, Pfeife raucht oder Schnupftabak konsumiert, hat das Recht, dies ohne staatliche Bevormundung durch neue Schikanen und Gängelungen zu tun." Statt des Weiterdrehens der Regulierungsschraube sei nicht nur im Tabakbereich ein größeres Vertrauen in aufgeklärte Konsumentenentscheidungen dringend notwendig.
Die Befürworter neuer Tabakwerbeverbote verweisen auf einen vermeintlichen Anstieg der Raucherzahlen insbesondere unter Minderjährigen in Folge der Corona-Krise. Diesen Ergebnissen der sogenannten Debra-Studie widerspreche der deutliche Rückgang des Zigarettenabsatzes um mehr als acht Prozent im vergangenen Jahr erklärte Jan Mücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE), der eine solide, belastbare Faktenlage als Voraussetzung einer erneuten Regulierungsdebatte anmahnte: "Weitreichende politische Entscheidungen können nicht auf Grundlage einer Umfrage diskutiert werden, die angesichts geringer Stichprobengröße keine Aussagekraft hat und einer Überprüfung nicht standhält."
Willkürliche Verbote bringen keinen Mehrwert
Mücke machte deutlich, dass Tabakwaren, E-Zigaretten und andere Nikotinprodukte nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen gehören. Man unterstütze eine zielgerichtete Stärkung des Jugendschutzes, etwa durch eine intensivere Kontrolle des Abgabeverbots dieser Produkte an Minderjährige. Willkürliche Verbote hingegen brächten keinen Mehrwert für den Jugendschutz und wären letztendlich kontraproduktiv, so BVTE-Hauptgeschäftsführer Mücke: "Wer Aromen in E-Zigaretten verbietet, hält Jugendliche nicht von Nikotin fern, sondern verhindert einzig den Umstieg erwachsener Raucher auf diese schadstoffarmen Alternativprodukte."
Bodo Mehrlein, Geschäftsführer des Bundesverbands der Zigarettenindustrie, forderte – auch angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation, in der sich Deutschland weiterhin befinde –, die Unternehmen der Branche, die in Industrie und Handel direkt, indirekt und induziert die Beschäftigung von rund 350.000 Menschen sichern, nicht durch zusätzliche Maßnahmen weiter zu strangulieren. So stehe die mittelständisch geprägte Zigarrenindustrie bereits vor der Herausforderung, bis 2024 ein kostspieliges Rückverfolgungssystem zur Überwachung der Lieferkette zu installieren, erläuterte Mehrlein: "Die Mittelständler müssen sehr viel Geld für eine Maßnahme in die Hand nehmen, die dem Ziel der Bekämpfung des Tabakschmuggels in keiner Weise gerecht wird, da für Zigarren und Zigarillos kein signifikanter Schmuggel bekannt ist." Er betonte zudem, dass diese Produkte laut offiziellen Statistiken meist nur gelegentlich von Konsumenten gehobenen Alters geraucht werden und auch kein Einstiegsprodukt darstellen.
Der Tabakwaren-Handel steht weiterhin massiv unter dem Druck explodierender Kosten und geringer Erträge, so dass die Wirtschaftlichkeit vieler Standorte gefährdet sei. Torsten Löffler, Präsident des Bundesverbands des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) warnte eindringlich vor weiteren Belastungen der Kleinunternehmer: "Wer ein Tabakwerbeverbot in den Geschäften fordert, will ein Kommunikationsverbot für legale Produkte, verhindert Wettbewerb sowie Vielfalt und gefährdet damit die Existenz der Betriebe und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter." Der Fachhandel gewährleiste eine konsequente Durchsetzung des Jugendschutzes und müsse deswegen gestärkt und zukunftsfest gemacht werden.