Es gibt rund 14.000 Tankstellen in Deutschland und jede ist auf ihre Art einmalig. Aber diejenige von Markus Herpich ist auch einzigartig – sie besteht aus Containern. Und auch ihr Standort ist ein besonderer, denn sie befindet sich auf der Insel Föhr.
Herpich ist 48 Jahre alt und gebürtiger Föhrer. Er kennt den Tankstellenbetrieb von klein auf, denn sein Großvater Andreas Lorenzen hatte in den 1960er Jahren mit einer Esso Tankstelle inklusive Werkstatt begonnen. „Wir haben damals gegenüber gewohnt, ich habe also jeden Tag die Tankstelle gesehen“, erzählt Herpich.
2023 hat Herpich dann seine eigene Tankstelle eröffnet. Sie besteht allerdings nicht aus dem üblichen Baumaterial. Statt Holz, Beton oder Ziegeln besteht die Tankstelle aus Containern. Genauer: aus alten Hochseecontainern.
Containertankstelle Föhr

„Weil es mir gefällt“
Wie kommt man auf so eine außergewöhnliche Idee, warum baut jemand eine Tankstelle aus Containern? „Weil mir die modulare Bauweise und generell der Recycling-Gedanke gefallen beziehungsweise das ‚industrielle Design‘. Und weil es etwas anderes ist“, antwortet Herpich. „Die Container sind alle gebraucht und wurden in Hamburg gekauft. Von dort wurden sie nach Berlin transportiert, wo der Umbau stattfand, also die Schweißarbeiten.“ Die Arbeiten hatte die Conro Container Manufaktur in Berlin übernommen, welche Herpich dann auch einen geeigneten Architekten für sein Vorhaben empfohlen hat.
Selbstverständlich hat die Containertankstelle alle Genehmigungsverfahren durchlaufen inklusive Statik, Brandschutz, Lärmschutzgutachten und so weiter. Die Energieeinsparverordnung zum Beispiel wird eingehalten durch eine Innendämmung.
Apropos Innen: Auch dort ist alles so weit wie möglich upgecyclet und absolut einzigartig. Herpich ist ein Profi, wenn es darum geht, alten Dingen neues Leben einzuhauchen und diese dann für eine ganz andere Aufgabe einzusetzen. So entstand etwa ein Tisch aus einem Schiffsmotor. Die Sitzecke war einmal ein Landrover. „Den Großteil habe ich selbst gebaut, gerade was Möbel angeht. Gelernt habe ich das nicht, aber ich bin halt ein bisschen handwerklich begabt“, lacht Herpich. Er nennt noch mehr Beispiele: „Die Balken stammen aus alten Gartenhütten. Wandverkleidungen sind aus alten Kabeltrommeln gebaut, die sich mühsam auseinandergeschnitten habe. Regale sind 40 Jahre alte Drahtkörbe aus einem VW-Lager. Lampen etc. sind alle gebraucht und meist mehrere Jahrzehnte alt. Das mit dem Landrover-Heck als Sitzecke hat sich einfach so ergeben. Sämtliche Deko ist aus den 1950ern oder teilweise noch älter, etwa der Pick Up im Laden aus dem Jahr 1936.“
Fotos und Videos von der Tankstelle zeigen Herpich und seine Frau Benthe in den sozialen Medien. Seit einem Jahr sind sie auf Facebook (Containertankstelle Föhr) und Instagram (containertankstelle_foehr) aktiv. Neben Geschichten aus der Tankstelle und der dortigen Poststelle wird zum Beispiel auch das Insel-Leben mit seinen Vor- und Nachteilen thematisiert. Etwa die Fähre.
Von der Fähre abhängig
Zu den Herausforderungen des Insel-Lebens gehört es, zu einem gewissen Grad von der Fähre abhängig zu sein. Die Mitarbeiter der Containertankstelle leben alle auf Föhr, pendeln wäre wegen den Fährzeiten zu schwierig. Aber die Belieferung der Tankstelle geht nicht anders, die muss über die Fähre erfolgen. Und sollte diese, aus welchen Gründen auch immer, nicht fahren, kann es vorkommen, dass die Föhrer auf die nächste Kraftstoff- oder Shoplieferung (dafür zeichnet Lekkerland verantwortlich) warten müssen. „Es ist tatsächlich schon mal passiert, dass wir leergelaufen sind. Das ist eben Insel-Leben“, sagt der Tankstelleninhaber.
Mittels Fähre kommen Diesel und Super zur Containertankstelle. Das sind die Sorten, welche die Föhrer tanken. „Wir haben auch mal Super plus angeboten, aber das lohnt sich nicht“, so Herpich. Letztendlich hat die Containertankstelle auch nur zwei Tanks, sodass der Inhaber nicht nach Lust und Laune wechseln kann.
Dafür gibt es eine Ladesäule. Je nach Jahreszeit und Saison – Föhr hat rund 8.000 Einwohner und pro Jahr mehr als 800.000 touristische Übernachtungen – laden bis zu 40 E-Mobilisten im Monat ihr Fahrzeug an der Containertankstelle.
Peter Petersen und seine PIN
Viele von Herpichs Kunden tanken auf Monatsrechnung. Und hier kam es einmal zu einer kuriosen Situation: Ein Kunde tankte, sagte an der Kasse „auf Peter Petersen“ und gab seine PIN ein. Der Bezahlvorgang lief völlig problemlos ab. Nach Erhalt der Monatsrechnung beschwerte sich Peter Petersen aber, dass er gar nicht getankt habe. Herpich erinnert sich: „Ich habe mich natürlich gewundert, da durch die PIN-Eingabe alles sicher sein sollte. Des Rätsels Lösung: Es stellte sich heraus, dass wir zwei Kunden mit gleichem Namen haben – und beide hatten auch noch die gleich PIN ausgesucht!“
Pünktlich so saisonalen Höhepunkten wird die Containertankstelle umfangreich dekoriert. So finden sich dort an Halloween Spinnennetze, Monster und ähnliches. Im Dezember wird dann „extrem weihnachtlich dekoriert“. Im Oktober nimmt die Containertankstelle zum ersten Mal an der Lichterwoche auf Föhr teil und wird dann von Außen mit farbigen Lichtern angestrahlt.
Wer mit dem freundlichen Tankstellenunternehmer spricht, merkt schnell: Der Mann weiß genau, was er tut. Und er macht seinen Job und alles, was damit zu tun hat, gern. Bis auf eine Ausnahme: „Die Bürokratie nervt extrem, gerade die ständig steigenden Anforderungen. Vor allem, wenn man als Selbstständiger weiß, dass alles viel einfacher gehen könnte“, sagt Herpich.
Doch nicht einmal die Bürokratie kann den Föhrer davon abhalten, weiter an seiner seine Containertankstelle zu werkeln. Sie ist und bleibt eine außergewöhnlichsten Tankstellen Deutschlands und ganz sicher die außergewöhnlichste auf der Insel Föhr.