Derzeit herrscht in der Branche eine große Unsicherheit, wenn es um den Bau einer neuen Tankstelle geht. "Leider weiß niemand, wie die Zukunft im deutschen Tankstellenbau aussieht", beschreibt Armin Aengenheyster, Geschäftsführer IBAA (Ingenieurbüro Armin Aengenheyster), die aktuelle Situation. So seien die aktuellen Tankstellenplanungen bis auf ein Minimum zurückgeschraubt worden. Gleichzeitig stünden Planungen rund um regenerative Energien im Fokus. "Jedes Energieunternehmen versucht, die Nase vorne zu haben, wenn es um die Realisierung von Projekten aus den Bereichen Elektroenergie, LNG oder Wasserstoff geht. Ich spreche da von großen Elektroladeparks auf der grünen Wiese, kleineren Ladestationen beim Einzelhandel, an Rastplätzen oder an vorhandenen Tankstellen im innerstädtischen Bereich und auf dem Land", sagt Aengenheyster.
Stationen werden zurückgebaut
Während LNG-Stationen vor allem an Verkehrsknotenpunkten auf von Lkw befahrenen Haupttrassen geplant werden, verlaufe die Planung beim Wasserstoff zurzeit eher weg vom Pkw, hin zu Lkw, Nutzfahrzeugen oder Bussen. "Einige Stationen werden sogar schon wieder zurückgebaut", stellt Aengenheyster fest.
Bei den Planungen neuer Standorte seien zum einen die Autohöfe in Nähe zu den Autobahnen mit einer Anlage für beide Richtungen sowie Verkehrsknotenpunkte mit hohem Verkehrsaufkommen gefragt. Zum anderen aber auch Standorte mit sogenannten Ankerkunden, bei denen sich der Bedarf für die Wasserstoff-Anlage an den Bedarf dieser Kunden wie beispielsweise Busbetriebshöfe oder Speditionen anpasst.
In der Branche herrscht großes Interesse an grünem Wasserstoff, der vor Ort über einen Elektrolyseur produziert werden kann, um fossile Treibstoffe langfristig zu ersetzen. "Es ist daher in den regenerativen Energien ein großes Handlungsspektrum mit großem Gewinnpotenzial zu erwarten", vermutet Aengenheyster. "So wie wir die traditionelle Tankstelle kennen, wird es sie zukünftig nicht mehr geben. Die Tankstelle der Zukunft wird aus einem Energiemix bestehen."
In den Top Ten
Das 1995 von Aengenheyster gegründete Unternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Erkrath hat sich auf die Bau- und Objektplanung für Gewerbe- und Industriebau spezialisiert. Seit fast drei Jahrzehnten plant und realisiert das Ingenieurbüro Tankstellen, Waschanlagen und Autohöfe sowie andere gewerbliche und industrielle Objekte im Hoch- und Tiefbau. Mittlerweile gehört das Unternehmen des Diplom-Ingenieurs zu den Top Ten der Branche und setzt Bauprojekte in ganz Deutschland um.
Eine besondere Herausforderung war aufgrund der Komplexität die Planung und Errichtung einer seit 2019 im Niehler Hafen in Köln in Betrieb befindliche Shore-to-Ship-LNG-Bunkerstation für die Binnenschifffahrt. Auch die Umsetzung der ersten LNG-Tankstelle des niederländischen Unternehmens Rolande in Deutschland auf dem Werksgelände der Iveco Magirus in Ulm und die Planungen rund um das Thema Wasserstoff waren wichtige Meilensteine in der Unternehmensgeschichte.
Aus den beschriebenen Gründen hält sich die Frage nach der Planung von konventionellen Tankstellen in sehr engen Grenzen. Bei Autohöfen geht der Trend in Richtung "grüner Energie-Hub". Dies macht Aengenheyster an einem Beispiel konkret: "Regenerative Energien aus den Bereichen Elektromobilität, LNG und Wasserstoff werden zusammen an einem Standort, neben der konventionellen Tankstelle, eingeplant. Oftmals werden noch Fotovoltaik und Windräder gewünscht, um dann den Strom oder den Wasserstoff über einen eigenen Elektrolyseur selbst herzustellen."
Neubau ist einfacher als Umbau
Bei der Planung ist ein Neubau meistens einfacher als ein Umbau. Zum einen wird bei der Umbauplanung ein großes Augenmerk auf den Bestand gelegt. Bei der Neuplanung kann von Anfang an mit den erneuerbaren Energien gearbeitet werden. "Darüber hinaus sind bei den Genehmigungsbehörden und Kommunen solche Energie-Hubs eher gewünscht und werden politisch gefördert", ist sich Aengenheyster sicher.
IBAA übernimmt die komplette Entwicklung und Begleitung. Das umfasst vorbereitende Untersuchungen, Planungen, Abwicklung und Projektsteuerung. Das Team aus 30 Mitarbeitern (Architekten, Bauingenieure, Techniker und Bauzeichner) agiert in Erkrath und Berlin. In den vergangenen 30 Jahren wurden auf diese Weise mehr als 900 Projekte umgesetzt. Neben internationalen Mineralölgesellschaften, Verkehrsunternehmen und Flughafengesellschaften zählen Unternehmen aus der Energiewirtschaft und andere Investoren aus dem Hoch- und Tiefbau zu den Auftraggebern. Seit zehn Jahren ist IBAA in der Planung regenerativer Energien inklusive Erstellung von Förderanträgen und europaweiten Ausschreibungen von förderfähigen Projekten der Länder und des Bundes aktiv.
Als Generalplaner begleitet das in der Nähe von Düsseldorf ansässige Unternehmen alle neun Phasen eines Bauprojekts nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Von der Grundlagenermittlung über die Vorplanung bis hin zur Ausführungsplanung und Objektbetreuung bietet IBAA alle Leistungen aus einer Hand. Sicherheit auf der Baustelle, Explosions- und Blitzschutz, Gefährdungsbeurteilung und Arbeitssicherheit gehören ebenfalls zu den unternehmerischen Schwerpunkten.
"Bei der Zusammenarbeit mit Kunden und unseren Nachunternehmen gehören Transparenz, Ehrlichkeit und Offenheit zu unserer Unternehmens-DNA", so Aengenheyster. "Verlässlichkeit und Qualitätssicherheit ergeben sich oft aus den zuvor genannten Punkten. Die daraus resultierenden langfristigen Partnerschaften bilden eine gewisse Sicherheit an Qualität und Verlässlichkeit, die für uns bei allen Projekten von elementarer Bedeutung sind."
Unter Bezug des Einsatzes von re-generativen Energien hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert erlangt. Dies spiegelt sich beispielsweise in der Verwendung von Holzdächern wider, die bestens für Fotovoltaikanlagen geeignet sind. Auch die Umsetzung von alternativen Energien beim eigenen Heizungsbetrieb und der Stromversorgung in der Tankstelle hat deutlich an Wichtigkeit gewonnen. Entsprechend fängt nachhaltiges Bauen bereits bei der Planung an. Priorität hat hier der Einsatz von möglichst nachhaltigen Baustoffen.
Der Markt hat sich komplett gewandelt
In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Markt komplett gewandelt. Tankstellen werden nicht nur Energie-Hubs. Immer mehr seien Generalplanungs-Leistungen gefragt, sodass verschiedene Energieanbieter als Partner kooperieren, um Kunden alle Möglichkeiten zu bieten. Energie-Hubs entwickeln sich zu Plätzen der Energie und des Aufenthalts.
Überall dort, wo ein gültiger Bebauungsplan vorliegt und der Bau einer Tankstelle auch zulässig ist, darf sie im Rahmen des jeweiligen Baurechts gebaut werden. Des Weiteren kann ein Bebauungsplan erstellt werden. Allerdings dauert die Umsetzung in der Regel zwischen 18 und 24 Monaten. Hier ist es egal, ob es sich um einen "allgemeinen" oder "objektbezogenen" Bebauungsplan handelt. "Probleme gibt es jedoch, wenn zum Beispiel Immissionsgrenzen überschritten werden", stellt Aengenheyster fest. "So kann der Schall ein Problem darstellen, da die Anwohnerinnen und Anwohner immer vor Lärm geschützt werden müssen. Die jeweiligen Werte ergeben sich nach der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, Anm. d. Red.)."
Genehmigungs-Management
Zn den größten Herausforderungen bei einem Bauvorhaben zählt Aengenheyster zufolge das Mitwirken bei einer zeitnahen Genehmigung und das damit verbundene Genehmigungs-Management. "Die Anforderungen, die vom Gesetzgeber aktuell in diesem Bereich an uns und unsere Auftraggeber gestellt werden, sind ebenso individuell wie vielfältig." Dazu zählen Gesetze, Vorgaben, Regularien und Formalitäten in den Bereichen Explosionsschutz, Umgang mit gefährlichen Gütern, Abwasserentsorgung sowie Wasser- und Umweltschutz. "Wir erfüllen mit unserem technischen Know-how und unserer umfassenden Expertise in diesen Disziplinen auch die höchsten Anforderungen. Und diese gehen vielfach weit über den regulären Maßstab hinaus, der an bauplanerische und architektonische Leistungen angelegt wird."
Aktuell ist IBAA in Düsseldorf tätig. Gemeinsam mit dem amtierenden Oberbürgermeister Stephan Keller führte Aengenheyster am 18. März den symbolischen Spatenstich auf der Baustelle am Höher Weg aus (wir berichteten). Im Auftrag von H2 Mobility setzt IBAA hier die Planungen zum Bau einer modernen Wasserstoff Tankstelle auf dem Betriebsgelände der Müllverbrennungsanlage um. Bereits zur Jahresmitte möchten die Stadtwerke Düsseldorf Wasserstoff für die neuen Brennstoffzellen-Busse der Rheinbahn sowie für Lkw und Pkw anbieten. In zwei Jahren soll hier ein Elektrolyseur eigenen Wasserstoff produzieren.