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Haftpflicht: Politik bremst Anhänger aus

07.09.2016 11:21 Uhr
Haftpflicht: Politik bremst Anhänger aus
Für den abgekoppelten Zustand, in dem der Anhänger ebenfalls einen Schaden verursachen kann, ist eine eigene Haftpflichtversicherung notwendig.
© Foto: Fotolia/Andreas Alexander

Viele Tankstellenbetreiber verdienen mit dem Anhängerverleih dazu. Doch manche Versicherungen verweigern dafür die Haftpflicht. Vermieter Eurotrail 24 kämpft gegen die schleichende Stilllegung des Anhängers.

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Ganz im Nordwesten von Niedersachsen müsste der Esso-Tiger nur einmal kurz zum Raubkatzensprung ansetzen, schon wäre er von der Tankstelle in Westerstede bis zur Nordsee gehüpft. Hier, im hohen Norden, betreiben Horst Lindemann und sein Sohn Mathias eine Station, die ihren Kunden neben vielen anderen Dienstleistungen fünf Mietanhänger in vier verschiedenen Größen anbietet – ein Klassiker unter den Zusatzgeschäften an der Tankstelle.

Das Leihgeschäft mit den Anhängern erfreut sich bei vielen Betreibern großer Beliebtheit. Geringe Anschaffungs- oder Franchisegebühren stehen einem befriedigenden Verleiheinkommen gegenüber, außerdem gelten die Anhänger als wartungsarm und pflegeleicht. „Es ist jetzt nicht das Megageschäft“, führt Mathias Lindemann aus, „aber wenn sich das Ganze nicht rechnen würde, würden wir es ja letztendlich nicht machen. Unsere Anhänger stehen nicht auf dem Hof und gammeln, die bewegen sich schon.“

Die Frage ist nur: Bleibt das auch so? Der Anhänger-Vermieter Eurotrail 24, der auch Partnerschaften mit Tankstellen eingeht, berichtet gegenüber Sprit+ von gro- ßen Problemen, derzeit einen Versicherer zu finden, der die Haftpflicht für die Anhänger übernimmt.

Problem abgekoppelter Zustand

Grundsätzlich sieht das sogenannte Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) nämlich vor, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers verpflichtet ist, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, um Personen-, Sach- und Vermögensschäden abzudecken. Eine separate Haftpflichtversicherung für Anhänger ist erforderlich, weil die Haftungseinheit mit der Zugmaschine nur dann gilt, wenn der Anhänger mit einer Zugmaschine verbunden ist. Ein Anhänger kann aber auch in abgekoppeltem Zustand einen Schaden verursachen. Gemäß Paragraf 5 PflVG müssen die befugten Versicherungsunternehmen Kraftfahrzeughaltern eine Haftpflichtversicherung gewähren.

Allerdings, und das ist die Krux, zählt dieser sogenannte Kontrahierungszwang nur für die Zugmaschine, nicht aber für Selbstfahrer-Vermietfahrzeuge, wie Anhänger in der Rechtssprache bezeichnet werden. Denn in Absatz 4 gewährt der Gesetzgeber den Versicherern die Möglichkeit, einen Antrag auf Haftpflicht abzulehnen, wenn „sachliche Beschränkungen“ im Geschäftsplan dem Abschluss des Vetrags entgegenstehen.

Mit anderen Worten: Wenn ein Versicherer in seinen AGB verfügt, dass er keine Mietanhänger versichern möchte, ist das rechtens. „Derartige Beschränkungen sind zulässig“, teilt die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) auf Anfrage mit.

„Ein Wahnsinn“ sei das, findet Andrew Clausmeier, der für den Anhängervermieter Eurotrail 24 arbeitet. „DieAnhängervermietung ist ein lukrativer Nebenverdienst für Tankstellenunternehmer und Unternehmerinnen und der Mietanhänger ein sehr ökologisches Transportmittel.“ Durch die Gesetzgebung sei es sehr schwierig geworden, Anhänger zu versichern. Sein Unternehmen habe zwar noch eine Rahmenvereinbarung mit einer Versicherung, sodass es weiterhin für die Partner eine Versicherung anbieten könne. Aber darauf verlassen wolle man sich nicht.

Letzte offene Tür

Also hat Eurotrail 24 den Weg über die Politik gesucht und alle Fraktionen im Bundestag auf die Missstände im Versicherungswesen hingewiesen. Bis auf die CDU/CSU habe sich aber keine Bundestagsgruppe gemeldet, der Schriftwechsel mit einem Mitglied des Bundestages eskalierte (nachzulesen auf www.oneway24.net). Eine letzte offene Tür bietet der Weg über den Petitionsausschuss, der in seiner Antwort jedoch darauf hinwies, „dass dieses Verfahren längere Zeit in Anspruch nehmen kann“. Das war im Dezember 2015.

Gemeldet hat sich indes die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Clausmeier hatte die Behörde informiert, dass Versicherer wie die DEVK, HUK Coburg und Ergo ohne Begründung die Haftpflichtversicherung der Anhänger verweigert hatten. Gegenüber Sprit+ bestätigte Pressesprecher Dirk Timmermann, dass „eine Eingabe vorliegt, wonach es immer schwieriger werde, Mietanhänger zu versichern. Der Einsender hat konkret vier Versicherungsgesellschaften benannt, die einen entsprechenden Antrag abgelehnt hätten.“

Die Bafin habe drei Versicherer angeschrieben und diese um Stellungnahme zu den Ablehnungen gebeten. „Das heißt allerdings nicht, dass Verstöße gegen den Annahmezwang bereits festgestellt wurden. Vielmehr dauert die Überprüfung der Angelegenheit noch an.“

Bei dem vierten Versicherer sei keine weitere Untersuchung eingeleitet, weil dieser in seiner Satzung eine Beschränkung des Geschäftsplans hat, wonach in der Kraftfahrtversicherung nur bestimmte Risiken versichert werden. Selbstfahrer-Vermietfahrzeuge gehören nicht dazu. „Aus Protest gegen derartige Gesetze lagern wir parallel eine Fahrzeugflotte zur Zulassung ins benachbarte Ausland aus“, erklärt Clausmeier und fügt hinzu: „Diese Möglichkeit haben natürlich die einzelnen Betreiber hier vor Ort nicht.“

Im niedersächsischen Westerstede etwa haben die Lindemanns ihren Anhängerversicherer verloren. „Da ist es in der Tat sehr schwierig, überhaupt jemanden zu finden“, bestätigt Lindemann. Weil diese Aufgaben Zeit und Nerven fressen, gibt er solche Aufgaben in Maklerhand. „Der Makler hat sich aktiv dahintergehängt und einen neuen Partner gefunden.“ Seine Anhänger dürfen deshalb weiter vom Hof rollen.

(Autor: Michael Simon; der Artikel erschien in Sprit+ 09.2016.)

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