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IG Esso: Irrtümer und Fakten rund um den Mindestlohn

01.11.2014 13:49 Uhr
Die IG Esso beantwortet offene Fragen rund um den Mindestlohn
Faust auf Faust: Die IG Esso beantwortet offene Fragen rund um den Mindestlohn.
© Foto: Robert Kneschke/Fotolia

Am 1. Januar 2015 wird der gesetzliche Mindestlohn Realität. Bei vielen Tankstellenunternehmern stehen dazu noch offene Fragen im Raum. Wir klären auf.

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Am 1. Januar 2015 wird der gesetzliche Mindestlohn Realität. Bei vielen Tankstellenunternehmern stehen dazu noch offene Fragen im Raum. Wir klären auf.

1. „Das Gesetz zum Mindestlohn ist noch gar nicht endgültig beschlossen. Da wird es bis zum Inkrafttreten noch viele Änderungen geben.“

Das Gesetz wurde bereits am 11. Juli 2014 verabschiedet und es wird mit aller Wahrscheinlichkeit auch keine Änderungen bis zum Inkrafttreten am 1. Januar 2015 geben. Alle rechtlichen Diskussionen richten sich nur mehr dahin, wie das Gesetz in speziellen Fällen auszulegen ist. Die Grundsätze sind aber bereits klar.

2. „Es wird schon alles nicht so schlimm werden. Meine Mitarbeiter werden mich schon nicht auf den Mindestlohn verklagen.“

Dass der Arbeitnehmer eine etwaige Vergütungsdifferenz einklagt, ist tatsächlich nur ein Risiko, das bei der Nichtzahlung des Mindestlohnes besteht. Das höhere Risiko betrifft die Gefahr der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Denn die Sozialversicherungsträger orientieren sich dabei am sogenannten Phantomlohn. Also nicht daran, was Sie tatsächlich bezahlt haben, sondern daran, was Sie hätten zahlen müssen! Da kommen schnell existenzgefährdende Höhen zusammen, insbesondere da Sie in diesen Fällen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zu übernehmen haben. Daneben ist die Nichtzahlung des Mindestlohnes auch eine Ordnungswidrigkeit und die Bußgelder orientieren sich hier am zu gering bezahlten Entgelt. In der Regel lautet die Formel: zu geringes Entgelt x 2 + 30 Prozent – und bei Vorsatz Verdoppelung.

3. „Die Einhaltung des Mindestlohnes kontrolliert doch keiner.“

Das Personal des Zolls ist massiv aufgestockt worden, so dass mit Kontrollen jederzeit zu rechnen ist. Gerade in Branchen, die bekanntermaßen bislang niedrige Löhne bezahlt haben. Das Tankstellengewerbe gehört sicherlich dazu.

4. „Ich bezahle zwar keine 8,50 Euro pro Stunde als Grundlohn, aber mit Nacht-, Feiertags- und Sonntagszuschlägen komme ich auch auf mindestens 8,50 Euro. Also alles kein Problem.“

Das Mindestlohngesetz selbst regelt zwar nicht, wie Zuschläge zu behandeln sind. Die bisherige Auslegung der Rechtsprechung in Branchen, die bereits einer Mindestlohn-Vorschrift unterliegen, geht aber dahin, dass Zuschläge für besondere Erschwernisse nicht auf den Grundlohn angerechnet werden dürfen. So wird zum Beispiel bei einer Lohnabrede von 7,50 Euro zuzüglich 25 Prozent Nachtzuschlag der Mindestlohn nicht erreicht! Man geht also ein hohes Risiko ein, rechnet man Zuschläge mit ein.

5. „Die Gesetzgebung zum Mindestlohn betrifft mich überhaupt nicht. Ich zahle an meiner Station bereits jetzt allen Mitarbeitern über 8,50 Euro die Stunde.“

Das würde nur dann zutreffen, wenn an der betreffenden Station keinerlei sogenannte Minijobber beschäftigt werden. Denn das Mindestlohngesetz fordert nicht nur die Bezahlung des Mindestlohns, sondern verschärft auch erheblich die Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers bei der Beschäftigung von Minijobbern. Und dies unabhängig von der Höhe des Stundenlohns. § 17 des Mindestlohngesetzes schreibt dem Arbeitgeber vor, bei Minijobbern den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre, beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt, aufzubewahren. Daneben sind diese Unterlagen für Kontrollmaßnahmen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Behörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

6. „Wenn Zuschläge nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, dann streiche ich sie einfach den Mitarbeitern. Das darf ich doch.“

Auch Zuschläge (sofern vereinbart) gehören zu den vertraglich vom Arbeitgeber geschuldeten Leistungen und können nicht einseitig vom Arbeitgeber gestrichen werden. Das geht nur einvernehmlich, falls der Mitarbeiter einverstanden ist, oder per Änderungskündigung. Bei der Änderungskündigung sind aber deren Voraussetzungen und Rechtsfolgen zu beachten. Hier drohen juristische Auseinandersetzungen. Unbedingt vorher Rechtsrat einholen.

7. „Zuschläge sind doch stets freiwillige Leistungen.“

Für Nachtarbeit, die nach dem Arbeitszeitgesetz für die Zeit von 23 bis 6 Uhr gilt, muss entweder ein Zuschlag bezahlt werden (in der Regel 25 Prozent) oder dem Arbeitnehmer als Ausgleich eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage gewährt werden. Feiertags- und Sonntagszuschläge müssen nicht gewährt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass die Zahlung jederzeit wieder vom Arbeitgeber eingestellt werden kann, wenn diese vertraglich vereinbart wurde. Dabei zählt nicht allein, was im schriftlichen Vertrag steht, sondern insbesondere, ob solche Zuschläge in der Vergangenheit bezahlt wurden.

8. „Wenn ich meinen Aushilfen (Minijobbern) ab dem 1. Januar 2015 8,50 Euro Grundlohn zahle, habe ich alles geregelt.“

Das dürfte in vielen Fällen nicht reichen. Es ist daneben daran zu denken, dass mit dem höheren Grundlohn bei unveränderter Stundenzahl viele Minijobber über die Grenze von 450 Euro im Monat kommen werden. Das Gleiche könnte bei den soge-nannten Midijobbern und der Grenze von 850 Euro im Monat passieren. Das muss bei der Personalplanung unbedingt beachtet werden – und gegebenenfalls mit den Arbeitnehmern rechtzeitig eine Reduzierung der Arbeitszeit vereinbart werden.

9. „Meine Aushilfen (Minijobber) bekommen zwar keine 8,50 Euro Stundenlohn, aber mit den von mir allein zu tragenden pauschalen Lohnnebenkosten beträgt der Bruttolohn doch mehr als 8,50 Euro. Das muss doch reichen.“

Auch ein Minijobber wird wie ein normaler Arbeitnehmer angesehen und hat einen Anspruch auf einen Grundlohn von 8,50 Euro. Die pauschalen Lohnnebenkosten hat der Arbeitgeber daneben zusätzlich zu tragen. Dies gilt auch für die zwei Prozent pauschale Lohnsteuer.

(Veröffentlicht in tankstellen markt 11.2014)

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