Alle Unternehmen, die mit ihrer Tankkarte einen Jahresumsatz erzielen, der einen gewissen Schwellenwert übersteigt, unterliegen seit dem 13. Januar 2018 der
Regulierung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und müssen ein gesetzliches Notifizierungsverfahren durchlaufen. Wie hoch dieser „eigentlich zu gering“ angesetzte Wert ist, und weitere Details darf Jens Stolte vor der offiziellen Bekanntgabe durch die Bafin im Herbst noch nicht verraten. Wie es zu diesem Gesetz gekommen ist und was es für Herausgeber von Tankkarten bedeutet, beantwortet der Sprecher des Uniti-Arbeitskreises Card und Automation, der an der Umsetzung der europäischen Richtlinie im Sinne der Tankstellenbranche zwei Jahre gearbeitet hat.
Seit dem 13. Januar 2018 entfaltet das Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz, das ZDUG, mit dem auch das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) komplett überarbeitet und neu gefasst wurde, seine rechtliche Wirkung. Wofür war das gut?
Mit dem Artikelgesetz wird insbesondere der aufsichtsrechtliche Teil der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/2366, PSD II) in nationales Recht umgesetzt, wozu sich Deutschland und alle europäischen Staaten bereits 2015 verpflichtet haben. Hintergrund hierfür waren die Beobachtungen der Europäische Kommission in den Jahren 2012 bis 2015 mit dem Ergebnis, dass sich die Markt- und Rahmenbedingungen im Zahlungsverkehr, insbesondere aus der Digitalisierung heraus mit dem Entstehen von sogenannten dritten Zahlungsdienstleistern und der Erbringung von Zahlungsauslöse- und Kontoinformationsdiensten, deutlich verändert haben. Vor diesem Hintergrund bestand Handlungsbedarf im Sinne der Zielsetzung der Kommission, gleichartige Wettbewerbsbedingungen für den Zahlungsverkehr in der Europäischen Union, ein sogenanntes „Level-Playing-Field“, zu schaffen, den man nun mit der Neufassung des ZAG umgesetzt hat. Zudem hat die Kommission in Bezug auf den Kartenzahlungsverkehr festgestellt, dass hier unter anderem eine ganze Reihe von Tank- und Servicekartensystemen existiert, über die eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen erworben werden können und dass sich dieser Warenkorb im Zeitablauf stark vergrößert hat sowie dass hierüber erhebliche Zahlungsströme abgewickelt werden.
War das der Kommission ein Dorn im Auge?
Das nicht, aber nach Ansicht der Kommission entsprach dies nicht dem Zweck der für „begrenzte Netze“ geltenden Ausnahme, unter der die Tank- und Servicekarten bislang gesehen wurden, im Sinne der Richtlinie 2007/64/EG. Das bedeutet nach deren aktueller Auffassung, dass für die Nutzer dieser Zahlungsdienste, insbesondere für Verbraucher, größere Risiken bestehen und kein rechtlicher Schutz gewährleistet ist. Zudem entstehen beaufsichtigten Akteuren wie Debit- und Kreditkartenzahlsystemen am Markt eindeutige Nachteile. Mit diesem Paradigmenwechsel in der Betrachtung von Tank- und Servicekarten durch die Kommission war dann auch klar, dass Tank- und Servicekarten fortan als Zahlungsinstrumente angesehen werden und diese auch grundsätzlich damit unter die Regulierung und Aufsicht gehören.
Das war bisher anders. Dem bisherigen rechtlichen Verständnis zufolge galten Tankkarten als Abholausweise ...
Ja, bislang galten Tank- und Servicekarten im Sinne der Aufsichtsbehörden und der Verwaltungspraxis der Bafin als ein Berechtigungsausweis, um an der Tankstelle Leistungen entgegenzunehmen. Die Abrechnung und das Rechtsgeschäftliche wurden hierbei als zwei hintereinandergeschaltete Kaufverträge angesehen, was auch den Begriff des „Streckengeschäftes“ und die Freistellung von der Regulierung über viele Jahre geprägt hat. Das heißt, der Kunde kommt mit seinem Abholausweis an die Tankstelle und bezieht Leistungen. Der Tankstellenunternehmer verkauft die Forderungen rechtsgeschäftlich an den Herausgeber der Tankkarte. Der wiederum berechnet sie seinem Endkunden am Periodenende, beispielsweise am Monatsende, per Abrechnung.
Erachten Sie es als falsch, dass die Tankkarte nicht länger Abholausweis ist, sondern Zahlungsinstrument?
Es ist hier nicht die Frage, wie ich dies persönlich sehe, sondern vielmehr der Umstand, dass die Kommission zu einer derartigen Sichtweise gelangt ist. Unsere Branche hat es in dem damaligen europäischen Richtlinienverfahrensprozess mit ihrer eigenen europäischen Lobby versäumt, den besonderen Sachverhalt der Tank- und Servicekarten darzulegen. Zumal die Kommission ihren Wechsel in der Betrachtungsweise von Tank- und Servicekarten nur unspezifisch mit den Worten „aus den Rückmeldungen des Marktes
ergibt sich“ begründet hat. Insofern ist der eigentliche Fehler oder das Versäumnis bereits in der Verabschiedung der europäischen Richtlinie 2015 passiert, denn das grundlegende Geschäftsmodell der Tank- und Servicekarten hat sich ja nicht verändert. Auch wenn man zugestehen muss, dass sich die Tank- und Servicekartensysteme im Laufe der Jahre insbesondere im Bereich der sogenannten Value Added Services weiterentwickelt haben. Aber bestimmende Grundlage ist nach wie vor der bestimmte und begrenzte Verwendungszweck zur Sicherung der Mobilität sowie die dem zugrunde liegenden Handelsgeschäfte im gewerblichen Bereich. Nun stellt die PSD II nicht mehr auf die Rechtsgeschäftlichkeit ab, sondern sieht nur noch auf das Faktische, entsprechend dem Grundsatz: „Alles, was wie ein Zahlungsinstrument oder Zahlungsdienst aussieht, soll auch als solches behandelt werden.“ Deren Umsetzung in nationales Recht ist mit dem ZDUG erfolgt, welches im Juli im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und dessen Bestimmungen am 13. Januar 2018 in Kraft getreten sind.
Was heißt das jetzt konkret für Tankstellenunternehmer?
Das heißt, dass ab diesem Zeitpunkt alle Tank- und Servicekarten in Deutschland und der EU der Regulierung unterliegen. Alle Unternehmen, die solche Karten
herausgeben sowie diese gegebenenfalls für Dritte vertreiben und/oder als Unternehmenszweck abrechnen, müssen entweder ein gesetzliches Notifizierungsverfahren zur Inanspruchnahme einer gesetzlichen Bereichsausnahme oder ein Erlaubnisantragsverfahren zur Erlangung einer ZAG-Lizenz gegenüber der Bafin durchlaufen.
Wie war die Uniti eingebunden?
Die Uniti hat die Thematik der Umsetzung der PSD II in nationales Recht schon sehr zeitig federführend für die gesamte Branche in Deutschland in ihrem Arbeitskreis Card und Automation und in verbandsübergreifenden Round-Table-Gesprächen im August 2015 aufgegriffen und die nationale Umsetzung der Richtlinie in das „ZAG neu“ gegenüber dem Bundesfinanzministerium (BMF) und der Bafin begleitet.
Was konnten Sie bewirken?
Im Sinne der Branche konnte erreicht werden, dass Tankkartenherausgeber in Deutschland legal die im Gesetz vorgesehenen beiden Ausnahmen alternativ gesichert in Anspruch nehmen können. Die eine ist die Bereichsausnahme des „begrenzten Netzes“, die andere die des „sehr begrenzten Waren- und Dienstleistungsangebots“.
Gleiches gilt auch für den Grundsatz „alles, was dem Fahrzeug dient“ im Hinblick auf den Umfang von Waren- und Dienstleistungsgruppen, die auch künftig abgestimmt mit dem BMF und der Bafin über Tank- und Servicekarten verkauft werden können. Die entsprechenden Passagen in der Gesetzesbegründung gehen auf die Arbeit aller aus der Branche beteiligten Unternehmen zurück. Andere Branchen beneiden uns mittlerweile um diese Klärungen. Die Uniti war hier federführend und übergreifend für alle Tankstellenverbände im Einsatz und hat meiner Meinung nach eine ganze Menge erreicht.
Wie sehen die nächsten Schritte aus?
Hinsichtlich der gesamten Detailregelungen für das gesetzliche Notifizierungsverfahren und die Abläufe hat sich die Uniti auf Bitte der Bafin dazu bereit erklärt, im Herbst 2017 einen Branchenaufruf zu den gesetzlichen Inhalten und dem Notifizierungsverfahren des ZAG in Bezug auf Tank- und Servicekarten durchzuführen.
(Die Fragen stellte Michael Simon.)