Herr Metzger, wie geht es Ihnen persönlich mit der unsicheren Lage?
Robert Metzger: Ich muss zugeben, dass ich in der ersten Woche, nachdem hier in Bayern die verschärften Maßnahmen griffen, schlecht geschlafen habe. Dann habe ich aber gemerkt, dass das virtuelle Arbeiten auch eine gewisse Entspannung mit sich bringt. Mittlerweile bin ich zuversichtlich, dass wir aus der jetzigen Lage recht bald wieder herauskommen.
Die Elektromobilitätsmesse eMove 360° soll am 20. Oktober in München starten. Gilt dieser Fahrplan immer noch?
Metzger: Im Moment gehen wir davon aus, dass die eMove360° im Oktober, wie geplant stattfinden wird. Bis Ende Februar hatten wir bereits einen sehr hohen Bestand an Ausstellerbuchungen. Der lag weit über dem des Vorjahres. Im März lief es natürlich, ob der aktuellen Lage, deutlich verhaltener. Wir haben uns natürlich auch Gedanken darübergemacht, was würde passieren, wenn der aktuelle Veranstaltungs-Stopp bis in den Herbst anhalten würde. In dem Fall wäre es klassischerweise so, dass die Aussteller zahlen müssten, da der Ausfall mit einer höheren Gewalt begründet wäre. Das wäre der worst case, aber wir haben uns bereits eine Lösung überlegt, die diesen worst case verhindert.
Wäre eine Verschiebung der Messe möglich?
Wir haben natürlich mit dem Messegelände-Betreiber gesprochen. Es stünden Ausweichtermine im Frühjahr 2021 und natürlich der geplante Termin vom 26. bis 28. Oktober 2021 zur Verfügung.
Wenn nun dieses Jahr keine Messen mehr stattfinden dürften, was passiert dann?
Das wollen wir nicht hoffen, denn das würde einiges über den Stand der Wirtschaft aussagen, der einen besorgt stimmen sollte. Der schlimmste Fall wäre es, wenn wir die Messe dann auf den geplanten Termin im kommenden Jahr verschieben müssten. Es sollen dann den Ausstellern aber keine Nachteile entstehen. Wenn wir die Messe verschieben müssten, könnten alle Aussteller zu den jetzigen Konditionen mitkommen. Jeder Aussteller würde seinen gebuchten Stand behalten und der bezahlte Beteiligungspreis würde für den Ausweichtermin gelten, auch wenn es der reguläre 2021 Termin werden würde.
Was würde das für Sie als Messeveranstalter finanziell bedeuten?
Wir würden in dem Fall auf den Kosten für Personal und den Mietkosten sitzen bleiben. Das wäre in Summe etwa ein Viertel der Veranstaltungskosten.
Gibt es gegen diese Ausfälle eine Versicherung?
Leider nicht. Das ist unser Risiko als Messeveranstalter. Aber das könnten wir stemmen.
Die Flugbranche steht gerade fast komplett still. Wenn jetzt bis Herbst zwar eine Messe erlaubt wäre, aber aufgrund der Flugproblematik die Gäste aus Asien nicht nach Europa kommen könnten, wie sähe dann ihre Planung aus?
Wenn es solche Einschränkungen geben würde, wäre es sicherlich sinnvoll, die Messe doch zu verschieben. Unser Auslandsanteil liegt bei den Ausstellern bei 45 Prozent, bei den Besuchern sind es fast ein Drittel. Das zeigt, dass die Messe stark von der internationalen Beteiligung lebt.
Viele Firmen entdecken gerade das Homeoffice. Kann man auch als Messe-Veranstalter neue, digitale Wege gehen als bisher?
Definitiv. Wir wollen künftig alle Veranstaltungen und Konferenzen auch als virtuellen Event anbieten. Sei es unsere regelmäßigen E-Monday-Treffen, unser E-Monday-Kongress im Juni oder eben die Formate auf der Messe. Statt die E-Monday-Events zu verschieben, würde ich sie im Zweifel stattfinden lassen – dann eben virtuell. Die Events parallel zur Messe machen natürlich nur in Zusammenhang mit der Messe Sinn und würden mit verschoben.
Welche Vorteile bringen virtuelle E-Monday’s mit sich?
Es böte die Chance, aus einem lokalen ein überregionales Event zu machen. Auch könnten wir leichter internationale Referenten integrieren, die sich die Anreise sparen könnten. Auch könnten sich die Interessierten leichter einfach einklinken, ohne reisen zu müssen. Das ist schon einmal etwas Positives, was wir aus der Corona-Krise mitnehmen. Wir werden in Zukunft alle Konferenzen immer auch virtuell im Live-Stream anbieten, auch wenn man sich nach der Krise wieder normal persönlich treffen kann.
Mit der eMove 360° Asia sind Sie im Herbst in Südkorea aktiv. Kann man vom dortigen Partner etwas lernen, wie man mit der aktuellen Situation umzugehen hat?
Da unsere Partner für die Messe in Seoul hier in Europa sitzen, haben wir leider keinen Wissensvorsprung, was das betrifft. Aber wir haben bereits im vergangenen Jahr mit dem Match-Making Tool „Grip“ eine virtuelle Verabredungs-Plattform für Gesprächspartner eingeführt. Dabei ging es um das Vereinbaren von Terminen auf der Messe. Es wurden am Ende gut 700 Meetings von 40.000 Kontakten. Der App-Anbieter wird nun virtuelle Meeting-Räume integrieren, so dass sich künftig die Aussteller und Besucher in Gruppen von zwei bis vier Personen auch digital treffen können. Diese App soll dann ganzjährig, also unabhängig von der Messe, als Begegnungsplattform dienen.
Definitiv anders wird die Situation für Mobilitätsmessen in München im Herbst 2021. Dann startet die Neuauflage der IAA auf dem Messe- und dem Olympiagelände. Sehen Sie darin eine Konkurrenz?
Ehrlicherweise wäre es mir natürlich lieber gewesen, wenn die IAA räumlich weiter weg stattfinden würde. Aber wir kennen die zeitliche Nähe zur IAA. Diese ist aber künftig wohl noch stärker eine B2C-Messe und unser Konzept ist auf B2B ausgelegt. Deshalb überschneiden sich weder die Zielgruppen noch die Aussteller entscheidend. Die bisherigen IAA-Jahre hatten in den vergangenen zehn Jahren kaum Auswirkungen auf uns.
Blicken wir auf die Messe in diesem Jahr. Welche neuen Themen und Aussteller wird es geben?
Neu und spannend finde ich das Thema E-Aviation, also die elektrische Luftfahrt. Dazu haben wir Aussteller dabei, die etwa eine elektrische Drohne von sieben Metern Spannweite mitbringen werden. Ein weiteres Feld ist E-Boat, wo Elektro-Motorboote gezeigt werden.
Das Leitmotto lautet: elektrisch, vernetzt, autonom. Was verstehen sie darunter?
Nehmen wir das aktuelle Thema der Vernetzung. Das spiegelt sich in zahlreichen Bereichen wider. Sei es die Ladeinfrastruktur, die künftig immer vernetzter sein wird, da Apps den Datenaustausch für die unterschiedlichen Abrechnungssysteme steuern. Auch die Frage der Verfügbarkeit einer Ladesäule setzt eine Vernetzung von Infrastruktur und Software voraus. Automated driving, also die Vorstufen zum autonomen Fahren, finden Sie ebenso in den Messehallen wie Infotainment und Connectivity.
Das Thema Hardware ist aber ebenfalls im Fokus, wenn man ins Messeprogramm schaut ...
Das zeigt sich vor allem in unseren Konferenzen. So gibt es am Messebeginn eine Konferenz mit dem Schwerpunkt Batterietechnik. Und am Ende eine weitere Konferenz zu den Entwicklungen der Brennstoffzellentechnik. Flankiert wird dies von der großen Future Mobility Konferenz, die das ganze Themenspektrum zusammenbringt – von den aktuellen Techniktrends bis hin zur erwähnten Ladeinfrastruktur.
Apropos Ladeinfrastruktur. Wie ist ihre persönliche Meinung zur E-Mobilität?
Als Messeveranstalter ist man ständig unterwegs. Ich habe seit zwei Jahren einen Tesla und bin schon 93.000 Kilometer mit dem gefahren, war aber noch nicht einmal in der Werkstatt. Für Vielfahrer wie mich lohnen sich die E-Modelle mittlerweile, da sie bei den Gesamtkosten sogar die Verbrenner abhängen können. Das gilt gerade auch für Flottenbetreiber. (Das Gespräch führte Rocco Swantusch.)
Hinweis: Die E Move 360° soll vom 20. bis 22. Oktober in München stattfinden. Neben der Messe sind Konferenzen zur Batterietechnik und zur Brennstoffzelle geplant. Sprit+ ist Medienpartner der Messe.