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Stephan Zieger: „Die Preise werden in Bewegung bleiben“

14.10.2022 09:29 Uhr | Lesezeit: 5 min
Stephan_Zieger_bft
Stephan Zieger, Geschäftsführer des bft, weiß: Zum Teil wird Benzin unter Einstand verkauft.
© Foto: bft

Selten stand die Tankstellenbranche so im Fokus wie in diesem Sommer aufgrund des Tankrabatts. Im Interview erklärt Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbands freier Tankstellen (bft), wie sinnvoll diese Maßnahme aus seiner Sicht war und wie der Verband zum Thema Elektromobilität steht.

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Herr Zieger, der Tankrabatt ist Ende August ausgelaufen. Wie haben sich die Spritpreise seitdem entwickelt?
Die Preise sind zwar am 1. September kurzfristig wieder um die Differenz angestiegen, die durch die Absenkung der Energiesteuer über die dreimonatige Laufzeit des Tankrabatts entstanden ist. Seitdem entwickeln sich die Preise aber durch die Wettbewerbssituation auf dem Markt wieder nach unten – wie wir es vorhergesagt haben. Beim Diesel geht das allerdings aufgrund der aktuell angespannten Beschaffungssituation als Folge des Ukraine-Krieges nicht ganz so schnell wie beim Benzin, weil wir im Moment mehr Nachfrage als Produkt haben.
In einigen Fällen wird wiederum Benzin unter Einstand, also mit Verlusten, verkauft. Das ist natürlich schwierig für unsere mittelständischen Mitgliedsunternehmen, weil sie nur an einer Stelle der Wertschöpfungskette, nämlich beim Vertrieb an den Tankstellen, beteiligt sind und die Verluste nicht an anderer Stelle, etwa in der Raffinerie, ausgleichen können.

Wie bewerten Sie den Tankrabatt im Nachgang?
Das Instrument war politisch so gewollt und hat den Verbrauchern beim Benzin rund 35 Cent je Liter und beim Diesel rund 17 Cent je Liter Ersparnis gebracht. Wenn es diesen Rabatt nicht gegeben hätte, hätte das die finanzielle Situation vieler Autofahrer doch erheblich belastet. Geändert worden ist allerdings nur ein Preisbestandteil, der staatlich ist, sprich die Energiesteuer. Der Preisbestandteil, der variabel ist, ist an keiner Stelle angepackt worden. Da sind die Effekte munter weitergegangen und keiner konnte die Produktpreise bändigen. Prinzipiell haben wir als Verband aber von Anfang an eine Anpassung der Energiesteuer befürwortet. Allerdings hätte man aus unserer Sicht den Übergang am 1. Juni beziehungsweise 31. August bei den Themen Nachversteuerung beziehungsweise Erstattung besser machen können.

Welche Prognose haben Sie bezüglich der Spritpreise für die kommenden Wochen?
Sie werden in Bewegung bleiben. Ich habe ja selbst keine Glaskugel. Wir werden sehen, wie es im Ukraine-Krieg weitergeht. Aber ich glaube nicht, dass die Politik noch einmal ein vergleichbares produktbezogenes Instrument wie den Tankrabatt einführt. Sie wird wahrscheinlich gezieltere Maßnahmen zur Entlastung der Verbraucher beschließen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, will aufgrund der Entwicklung der Mineralölpreise die Marktteilnehmer deutlich stärker beobachten. Das könnte Auswirkungen auf die Meldepflicht Ihrer Mitglieder haben. Was halten Sie davon?
Herr Mundt soll das machen. Er hat damals die Untersuchung mit denKraftstoffpreisen an den Tankstellen durchgeführt und er kann jetzt gerne die anderen Teile der Wertschöpfungskette durchleuchten. Vielleicht hilft das, das Vertrauen in den Markt wiederherzustellen. Eine entsprechende Untersuchung würde zeigen, dass der Mineralölmittelstand nicht der Teil ist, der von hohen Kraftstoffpreisen profitiert. Die Meldepflicht bezüglich der Kraftstoffmengen, das ist ja schon in der Pipeline, lehnen wir ab. Irgendeinen praktischen Nutzen erkennen wir darin nicht.
Das ergibt sich auch nicht aus der geplanten Änderung des § 47 k GWB.

Das Thema Preise beschäftigt natürlich die Verbraucher. Das zweite große Thema ist die Versorgungssicherheit. Hat sich die Lage etwas beruhigt?
Es gab Tankstellen im Westen und Südwesten, also am Rhein entlang, die leergelaufen sind. Aber mit den steigenden Wasserpegeln hat sich die Lage soweit wieder entspannt.

Die Mineralölbranche steht bei einem weiteren Thema unter Druck: dem Ausbau der Elektromobilität. Wie steht der Mittelstand dazu?
Punkt eins: E-Mobilität ist nicht die Lösung für die Zukunft. Nicht aus Strommangel im Allgemeinen, sondern aus Mangel an grünem Strom in Deutschland, der ja für sehr viel mehr als nur für die Mobilität gebraucht wird.
Zweitens: Unabhängig davon wissen wir als Mittelstand genau, wie die Bedürfnisse unserer Kunden aussehen. Deswegen wollen wir zu fairen Bedingungen bei der E-Mobilität mitspielen. Das bedeutet, dass nicht Märkte von anderen Anbietern, also den Stromkonzernen, vorher unter sich aufgeteilt werden dürfen. Das Gefühl haben wir manchmal. Es sollten alle die gleichen Zugangsbedingungen haben. Natürlich gibt es auch einige große Konzerne aus unserer Branche, die massiv in Ladeinfrastruktur investieren, aber diese Unternehmen haben andere Budgets als unsere Mitglieder zur Verfügung.

Elektromobilität ist die Antriebsform, die den Verbrenner ersetzen soll. Der bft und sein Dachverband Mittelständische Energiewirtschaft Deutschland (MEW) setzen sich vor allem für einen technologieoffenen Ansatz ein, in dem E-Fuels eine deutlich wichtigere Rolle zukommen. Wo liegen hier die Vorteile von synthetischen Kraftstoffen?
Im Gegensatz zur Elektromobilität muss für E-Fuels keine neue Infrastruktur aufgebaut werden. Sie können in Tankschiffen aus den Ländern nach Europa transportiert werden, in denen ausreichend regenerative Energie aus Wind und Sonne für die Produktion zur Verfügung steht. Und auch hier können sie wie fossile flüssige Energieträger in Tanklagern aufbewahrt, in Tankkesselwagen transportiert und wie Diesel und Benzin an der Tankstelle vertrieben werden. In den Fahrzeugen sind ebenfalls keine Anpassungen an der Technik notwendig. Wir könnten E-Fuels also ganz normal im Kfz-Bestand tanken und damit nicht nur neu zugelassene Fahrzeuge CO2-neutral stellen, sondern auch die Bestandsflotte. Selbst als Beimischung hätten E-Fuels schon eine massive Auswirkung auf die Reduktion der CO2-Emissionen. Übrigens, weil das Thema immer wieder aufkommt: Die Effizienz spielt bei E-Fuels keine Rolle, weil sie da produziert werden, wo regenerative Energie im Überfluss zur Verfügung steht. Mehr dazu finden Interessierte auf der Website unserer Kampagne E-Fuel-Today (www.efueltoday.com).

Trotzdem steht die Politik dem Thema gerade in Brüssel kritisch gegenüber ...
Ja, leider und völlig unverständlich. Aktuell wird im Trilog beispielsweise über die Flottengrenzwerte verhandelt. Ein bisschen mache ich mir da schon Sorgen. Hier müssen wir noch massiv Aufklärungsarbeit über E-Fuels betreiben, um die Abgeordneten in Brüssel besser zu erreichen. Wir haben es zwar in Deutschland geschafft, dass es den Erwägungsgrund und die Review-Klausel gibt. Damit haben wir in Brüssel erreicht, dass die Türen für die Berücksichtigung von synthetischen Kraftstoffen bei den Flottengrenzwerten zumindest noch offenstehen. Jetzt müssen wir den Erfolg aber sichern. Da steht uns und unseren europäischen Vertretern UPEI und FETSA noch viel Arbeit bevor. Letztendlich geht es uns ja nur um eines: um Technologieoffenheit mit Augenmaß statt Ideologie.

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