In München fährt fast jeder sechste Kraftfahrer deutlich zu schnell. Die bayerische Landeshauptstadt schneidet damit klar schlechter ab als Köln und Berlin. Das hat die Unfallforschung der Versicherer (UDV) bei Geschwindigkeitsmessungen in München herausgefunden und mit den Ergebnissen aus Köln und Berlin verglichen, wo in den vergangenen zwei Jahren ähnliche Messungen stattfanden.
Fast niemand fährt Schrittgeschwindigkeit
Außerdem: Je geringer das Tempolimit, desto mehr Überschreitungen gibt es. Dabei wurden an 49 Straßenabschnitten mit verschiedenen Tempolimits rund 669.000 Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt.
Auf den Straßen, auf denen 50 km/h erlaubt war, fuhren in München 16 Prozent der Fahrer, also jeder sechste, schneller als 55 km/h, in Köln waren es rund 12 Prozent, in Berlin rund vier Prozent. Gleichzeitig gab es mehr als 23.100 Fahrzeuge mit über 60 km/h (Köln: 15.800, Berlin: 6.700). Bei den groben Geschwindigkeitsmissachtungen schnitt München etwas besser ab als Köln: So waren 446 Raser mit mehr als 80 km/h unterwegs – im Schnitt allein an den Messstellen alle drei Minuten einer (Köln 670, alle 2 Minuten einer; Berlin 126, alle 12 Minuten einer).
Noch häufiger sind in München die Überschreitungen auf Tempo-30-Strecken: Fast jeder Zweite (44 Prozent) fährt dort schneller als 35 km/h. In Köln waren es 27, in Berlin 17 Prozent. In den Tempo-30-Zonen sieht es nicht viel besser aus. Hier fuhren in München 37 Prozent schneller als 35 km/h (Köln 22 Prozent, Berlin 25 Prozent).
Am wenigsten eingehalten wurde Tempo 10 oder die Schrittgeschwindigkeit in verkehrsberuhigten Bereichen. Hier liegt die Überschreitungsquote in München bei 88 beziehungsweise 96 Prozent (Köln 62 bzw. 65 Prozent; Berlin 80 bzw. 63 Prozent).
Theoretisch Bußgeld in Millionenhöhe
Die Geschwindigkeitsmessungen wurden ausschließlich zu Forschungszwecken durchgeführt - und das völlig anonym. Wäre aber kassiert worden, wären die Münchener ordentlich zur Kasse gebeten worden: Fast 1,9 Millionen Euro Bußgeld, 2.119 Punkte in Flensburg und 365 Monate Fahrverbot wären fällig gewesen. Im kommenden Jahr ist Hamburg an der Reihe.
Schlussfolgerungen der UDV
- Die Mehrheit der Autofahrer hält die Stadtgeschwindigkeit von 50 km/h (plus Toleranz) ein. Sie müssen in diesem Verhalten bestärkt werden.
- Die Bußgeldstruktur sollte so überarbeitet werden, dass hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen stärker sanktioniert werden.
- Der Grad der Überschreitungen zeigt die Notwendigkeit regelmäßiger und flächendeckender stationärer und mobiler Kontrollen.
- Der Blitzermarathon hat dagegen nur am Aktionstag Auswirkungen auf das Geschwindigkeitsniveau. (tc)