Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte, der Krieg in der Ukraine zeige die Verletzlichkeit bei der Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen. "Agrokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln können in einer Zeit, in der uns eine der schlimmsten globalen Hungerkrisen droht, kein Lösungsweg mehr sein." Die Äcker würden weltweit benötigt, um Nahrung zu produzieren, sagte Lemke. "Deshalb müssen wir den Einsatz von Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen herunterfahren."
Dafür sprachen sich auch die Umweltminister der Länder in einem Beschluss aus. "Wir wollen Teller statt Tank", sagte der Vorsitzende der Umweltministerkonferenz, Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD). Allein in Deutschland würden 2,4 Millionen Tonnen Futter- und Lebensmittel eingesetzt, um Bioethanol als Kraftstoffbeimischung zu produzieren. "Ich glaube, dass es klüger wäre, wenn wir die Flächen nutzen, um Lebensmittel anzubauen", sagte Lies. Niedersachsen hat in diesem Jahr den Vorsitz der Umweltministerkonferenz.
Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) lehnt den Beschluss ab. "Der Einsatz von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse ist schon jetzt auf 4,4 Prozent der im Verkehr genutzten Energie beschränkt. Wenn die Umweltminister Biokraftstoffe weiter deckeln wollen, müssen sie auch sagen, wie sie die Klimaziele erreichen wollen", sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim VDB. Bei den derzeit hohen Agrarpreisen sei die Herstellung von Biodiesel längst von den Produzenten zurückgefahren worden. Für Ethanol werde zumeist Getreide verwendet, das nicht nahrungsmitteltauglich ist. "Mit den jetzt angedachten Maßnahmen betreiben die Umweltpolitiker nutzlose Symbolpolitik. Aufgrund der Marktentwicklungen, die sowieso stattfinden, würden sie den Nahrungsmittelmarkt in keiner Weise entlasten", sagte Baumann.
Der VDB-Geschäftsführer verwies zudem darauf, dass bei der Biokraftstoffproduktion gleichzeitig eiweißreiches Tierfuttermittel entsteht. "Aus 60 Prozent der Rapsernte wird Rapsschrot zur Tierfütterung, lediglich 40 Prozent werden zu Pflanzenöl, aus dem Biodiesel gewonnen werden kann. Das Proteinfuttermittel kommt der Lebensmittelherstellung zugute, indem es an Hühner, Kühe und Schweine verfüttert wird und Futter aus Soja ersetzt, das aus Übersee importiert werden müsste", sagte Baumann. "Die Umweltminister wollen offenbar ohne Nutzen für die Lebensmittelversorgung mehr fossile Kraftstoffe verbrennen und mehr Soja importieren. Damit würden sie nicht nur den Biokraftstoffproduzenten, sondern auch der deutschen Landschaft schaden." (red)
"Nutzlose Symbolpolitik"?: Biokraftstoffe nur noch aus Reststoffen
Die Umweltminister von Bund und Ländern haben sich darauf geeinigt, den Einsatz von Biosprit aus angebauten Pflanzen per Gesetzesänderung zu begrenzen. Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) hält dies für "nutzlose Symbolpolitik". Für Ethanol werde eh zumeist Getreide verwendet, das nicht nahrungsmitteltauglich ist.