Sprit+: Herr Krüger, Sie haben einige Jahre das Tankstellengeschäft der Baywa geleitet, seit 2021 treiben Sie als Geschäftsführer der BMS das Thema Elektromobilität voran. Wie blicken Sie heute auf das Tankstellengeschäft?
Christian Krüger: Die klassische Tankstelle befindet sich in einem Transformationsprozess. Auch wenn in den kommenden zehn bis 15 Jahren die Verbrenner sicherlich den größeren Anteil am Fahrzeugbestand ausmachen, wird die Anzahl an E-Autos kontinuierlich steigen. Aus diesem Grund bietet sich die Integration von Ladepunkten als logische Geschäftserweiterung der Tankstelle an und markiert einen wichtigen Schritt in die Zukunft der klimafreundlichen Mobilität. Das bedeutet für Tankstellenbetreiber: Sie können ihre Station sukzessive um einen kompletten Ladehub erweitern und haben dabei einige Wettbewerbsvorteile.
Welche?
Die Tankkunden kennen die meist verkehrsgünstig gelegenen Tankstellen als Anlaufpunkt für Mobilität und müssen sich nicht umgewöhnen. Ein weiterer Vorteil der Tankstelleninfrastruktur ist, dass dort in der Regel bereits sanitäre Anlagen, ein Shop und oftmals auch ein Bistro vorhanden sind, die die Aufenthaltsqualität während des Ladens erhöhen. Außerdem werden wir künftig an dem einen oder anderen Standort – insbesondere im ländlichen Raum – neue Konzepte wie Smart Stores erleben.
Viele Betreiber schrecken die hohen Anfangsinvestitionen für den Aufbau der Ladeinfrastruktur ab. Zu Recht?
Es stimmt, dass die Anfangsinvestitionen je nach Standort relativ hoch sein können. Wenn wir von einer annehmbaren Ladeleistung ausgehen – also vier Ladepunkte mit je mindestens 150 Kilowatt - sind meistens eine Trafostation und ein Netzanschluss notwendig. Wir rechnen dann mit einer Investition in Höhe von circa 400.000 Euro. Darin enthalten sind dann auch die Hardware- und die Installationskosten. Bei einer Absatzmenge von 30 Kilowattstunden pro Tag und Ladepunkt amortisiert sich das Projekt mit einer annehmbaren Marge und Kosten innerhalb von etwa sieben Jahren und hat eine Rendite von zehn Prozent auf das eingesetzte Kapital. Warum sollte ich dann diese Investition nicht tätigen?
Mit welchen Hürden sind aus Ihrer Sicht Tankstellenbetreiber konfrontiert?
Viele Transformationsversuche scheitern nicht am Willen, sondern an der Umsetzung. Da sind die teils extrem langwierigen und komplizierten Genehmigungsverfahren. Die Beantragung eines Netzanschlusses und die unterschiedlichen Wege je nach Netzbetreiber machen es nicht leichter. Außerdem ist nicht an jeder Tankstelle ausreichend Platz für Ladeinfrastruktur. Deshalb halte ich auch nichts von der "Zwangssäule". Unsere Empfehlung ist, der Ladeinfrastruktur ausreichend Raum auf einer klassischen Tankstelle zu geben mit der Möglichkeit zu wachsen – eben eine Transformation der Tankstelle. Hier unterstützen wir von der Baywa mit unserer Expertise natürlich gerne.
andi