"Die Zeiten werden schlechter." So lautete die Prognose im vergangenen Jahr, als die Waschzahlen deutliche Rückgänge verzeichneten und auch der Tankstellenshop von seiner Auslastung her viel zu kurz gekommen ist. Leider sollten die Vorhersagen Recht behalten: Die Lage wird an mancher Stelle verdammt ernst. Nie waren so viele Neuunternehmer so zurückhaltend, Generationen wollten nicht mehr übergreifend die Firmen weiterführen und an Neugründungen ist kaum zu denken. "Kann doch in der Mobilität gar nicht so ankommen", denkt man. Das ist auch richtig, denn es wird ja weiter getankt, um die Mobilität aufrecht zu erhalten – aber das Folgemarktgeschäft hängt ziemlich hinterher. Und ob man mag oder nicht: Immer häufiger treten Existenzängste zu Tage, so in dem hier geschilderten Fall, den Tankstellenberater Holger Hetzel jedoch zu einem für alle zufriedenstellenden Ende bringen konnte.
Aber von Anfang an: Tankstellenunternehmer Kai hat nach acht erfolgreichen Jahren das Angebot bekommen, die neben seinem Tankstellengelände befindliche Waschstraße zu übernehmen, da der Sohn des Besitzers den Betrieb nicht weiterführen wollte. Gesagt, getan! Die doch recht in die Jahre gekommene Waschtechnik wurde nach einem Jahr Betriebsübernahme nach reiflicher Überlegung komplett erneuert, lief das erste Jahr doch recht erfolgreich. Die Investitionen für den Mieter lagen bei knapp 420.000 Euro, die teils durch Leasing und teils durch eine Bankenfinanzierung gestützt wurden. Das war im Jahr 2016.
Danach ging das Geschäft stetig voran, Neukunden wurden gewonnen und der Mieter baute im Jahr 2018 eine zusätzliche Pflegehalle auf dem gemieteten Grund- und Boden des Vorbetreibers. Finanziert wurde der Bau ebenfalls von der Bank und gestützt durch KfW-Mittel.
Dann kam Corona
Dann kam Corona und der Umsatz sank immer weiter. Das Drama war perfekt, als im September 2023 plötzlich zwei fremde Männer das Firmengelände betraten und sich als Insolvenzverwalter des Vorbetreibers und heutigen Vermieters vorstellten. Sie informierten den Pächter über die Tatsache, dass die Miete ab sofort an die Insolvenzverwaltung zu zahlen sei.
Kai fragte den Insolvenzverwalter, was denn jetzt geschehe beziehungsweise womit er künftig zu rechnen hat. Darauf bekam er die Antwort, dass er sich wohl auf einen neuen Verpächter einstellen soll, da das Gelände verkauft oder im Notfall sogar zwangsversteigert würde, sofern sich kein Interessent finden lasse. Schlimm dabei die Tatsache, dass alle Investitionen, die auf einem gepachteten Gelände stattfinden, immer in den Besitz des Grundstückseigentümers übergehen. Unternehmer Kai war in Gefahr, all seine Investitionen zu verlieren und nicht erstattet zu bekommen, denn auf die Nachfrage, ob er im Falle eines Verkaufes für den Neubau der Pflegehalle entschädigt würde, kam ein ganz klares "Nein". Darauf wollte Kai das Gelände selbst kaufen, worauf der Insolvenzverwalter sich auch einlassen wollte. Allerdings fingen die Probleme von vorne an: Die sonst so finanzierungswillige Hausbank zeigte sich über die gesunkenen Umsätze derart demotiviert, dass eine Neufinanzierung nicht in Frage käme, schon gar nicht für die großen Hallen und den Freiflächenbesitz des insolventen Vorbetreibers und heutigen Verpächters.
Kurz vor Weihnachten vertraute sich Kai einem Kunden an. Er schilderte seine miserable Lage und dass seine Existenz vor dem Aus stehe. Der Kunde gab ihm schließlich die Kontaktdaten der TML2020 Tankstellenberatung. Schöne Grüße inklusive und dem Zusatz "es brennt".
An Heiligabend vor Ort
Hetzel, Sachverständiger und Berater für Tankstellen und Waschstraßen, verschaffte sich schon am Folgetag – Heiligabend 2022 – vor Ort einen ersten Überblick. Einem vertraulichen Gespräch mit Unternehmer Kai folgte die Aufbereitungsarbeit der gesamten Finanzen sowie die Begutachtung der aktuellen Vermögensgegenstände und Vermögensverhältnisse. Hetzel hatte von Anfang an den Insolvenzverwalter in alle Überlegungen und Ideen einbezogen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. "In einer solchen Situation sind das offene Gespräch sowie die Gemeinsamkeit eine unabdingliche Voraussetzung, um überhaupt eine Lösung herbeiführen zu können", so Hetzel.
Die Lösung
Das Ergebnis stellt sich wie folgt dar: Die Restsumme bei der Leasinggesellschaft wurde aus dem Cashflow des Unternehmens genommen und die Waschstraße abgelöst. So konnte die Waschstraße als Sicherheit einem Investor angeboten werden. In diesem Fall war Hetzel sogar so mutig, dem Insolvenzverwalter vorzuschlagen, sich die Waschstraße als Sicherheit übereignen zu lassen, so dass durch das gesteigerte Insolvenzvermögen der Bank gegenüber eine Bürgschaft gestellt werden konnte, mit der so eine Finanzierung vereinbart werden konnte. "Dass so eine Möglichkeit überhaupt umgesetzt werden kann, damit hatte Kai nie gerechnet", sagt Hetzel und lacht: "Da kannte er meine Ideen noch nicht!"
Hetzel hat direkt den Kontakt zu einer Bank aus seinem Portfolio hergestellt, die dafür bekannt ist, an Finanzierungen von Waschanlagen- und Waschstraßen interessiert zu sein. Diese wiederum kennt inzwischen die recht ausgefallenen, aber selbstverständlich vollständig rechtmäßig legitim umgesetzten Finanzierungen, die Hetzel seinen Kunden vermittelt.
Kurzum: Die Finanzierung wurde beschlossen und am 7. Februar wurde der Vertrag beim Notar unterzeichnet. Kai wird neuer Besitzer des gesamten Firmengeländes und kann so unbedenklich weiterarbeiten und gar neue Wege gehen: Für Mai ist der Bau neuer zusätzlicher Waschboxen geplant, die ebenfalls von der Hetzel bekannten Bank finanziert werden.
Ende gut – obwohl alles auch anders hätte laufen können. Zum Glück hatte Unternehmer Kai den richtigen Berater.