Über die bedeutendsten Ereignisse in den vergangenen 25 Jahren könnte ich ein ganzes Buch schreiben – schließlich betreibe ich seit nunmehr 30 Jahren meine freie Tankstelle. Die mit Abstand wichtigste Entwicklung aber ist der Wandel vom Benzin- zum Shop- und Bistrogeschäft. Früher hatten wir Keilriemen, ein paar Büchsen Öl und bestenfalls Kaugummis. Heute interessiert der Keilriemen niemanden mehr. Stattdessen wollen die Kunden Käsesemmeln und einen guten Kaffee. Wir entwickeln uns also immer mehr zum Systemgastronomen.
Am liebsten zweistöckigen Shop
Im Jahr 2006 haben wir deshalb erstmalig ein Bistro in den Shop integriert. Heute, gerade einmal zehn Jahre später, bauen wir in Zusammenarbeit mit einem namhaften Innenarchitekten wieder um. So eine schöne Lounge wie bei uns sieht man in ganz wenigen Tankstellen. Viele Mitbewerber hingegen machen ihr Geschäft wie eh und je. Sie tun sich mit den veränderten Gegebenheiten schwer und verschlafen die Zukunft an der Tankstelle, die ganz klar im Shopgeschäft liegt. Wissen Sie, mein Shop ist 120 Quadratmeter groß und damit eigentlich viel zu klein – ich bräuchte 200 Quadratmeter. Am liebsten würde ich ein Stockwerk draufsetzen und hätte damit wohl die erste zweistöckige Tankstelle (lacht).
Das Leid mit der MTS-K
Abseits des Shopgeschäfts hat mir und anderen freien Tankstellenunternehmern die Einführung der Markttransparenzstelle (MTS-K) extrem geschadet. Die hat sich die FDP einfallen lassen. Die Konzerne reagieren heutzutage mit ihren Computerprogrammen sofort auf den billigsten Wettbewerber und treiben die Preise rauf und runter. Wir hingegen stellen so gut wie nie die Preise um, haben manchmal bis zu vier Wochen denselben Preis. Mit dieser Praxis fahren wir sehr positiv, denn die Leute wissen, dass sie bei uns zu jeder Tageszeit günstig tanken. Aber insgesamt haben sich nicht nur, aber auch durch die Markttransparenzstelle die Margen verschlechtert.
Eine Umstellung, die unsere Kunden lieben, möchte ich nicht verschweigen. Seit zwei Jahren beleben wir unser Wasser mit der Grander-Methode. Das soll das Wasser geschmacklich aufwerten. Seither verzeichnen wir wachsende Absätze beim Kaffeeverkauf. (Gesprächsprotokoll: Michael Simon)