Er ist kein Kaliber wie die Automechanika, die Messe Tankstelle und Mittelstand oder die Uniti Expo. Und trotzdem lockte der Autowaschkongress des Bundesverbands Tankstellen und gewerbliche Autowäsche (BTG) alles was Rang und Namen in der Waschbranche hat nach Dresden. Neben den rund 30 Ausstellern, darunter die Anlagenhersteller, Waschmaterialanbieter und Chemieunternehmen, kamen Anfang November zahlreiche Betreiber aus ganz Deutschland in die Landeshauptstadt von Sachsen. Dort informierten sie sich an den Ständen und in den Vorträgen über Trends im Waschgeschäft sowie neue Produkte und Dienstleistungen.
Weniger Wäschen, mehr Umsatz
Zum Auftakt des Kongresses präsentierten und kommentierten Wolfgang Alfs, Geschäftsführer von ABH Market Research, und Thomas Gerhold, Geschäftsführer von Clean Line Consulting, den Zustand der Waschbranche. Basis des Vortrages war eine aktuelle Marktstudie vom Januar 2016, bei der 2.000 Pkw-Fahrer zu ihrem Waschverhalten befragt wurden. (Interessierte können die Studie bei den Referenten käuflich erwerben.)
Laut Studie wuschen Autobesitzer 2015 ihr Fahrzeug durchschnittlich 9,1 Mal im Jahr, 2005 waren es noch zwölf Wäschen. 43 Prozent der Befragten outeten sich als Waschmuffel, das heißt, sie reinigten ihr Auto maximal fünf Mal im Jahr. 17 Prozent gaben an, ihren PKW mehr als 13 Mal im Jahr zu säubern. Insgesamt wurden deutsche Autos 2015 rund 55 Millionen Mal per Handwäsche und 70 Millionen Mal in einer SB-Anlage gereinigt. Die Maschinenwäsche ist mit 279 Millionen Mal die am meisten genutzte Form: Ein PKW besucht im Schnitt 6,2 Mal im Jahr eine Waschanlage.
Interessant waren auch die Zahlen zur Preisentwicklung, bei der ein positiver Trend zu verzeichnen war: Kostete eine Maschinenwäsche 2013 noch durchschnittlich 9,70 Euro, waren es 2015 rund 10,20 Euro. Die Prognose für 2020 liegt bei 11,30 Euro. Insgesamt lag das Marktvolumen für Autowäsche 2015 bei 3,2 Milliarden Euro und das Ausgabenvolumen pro PKW bei 71,60 Euro.
Als Anlass für die Wäsche gaben 81 Prozent an, dass ihr Auto dreckig war und sie Zeit hatten. Für 65 Prozent der befragten PKW-Fahrer ist dabei die äußere und innere Sauberkeit gleich wichtig, 15 Prozent ist sie allgemein nicht wichtig. Bemerkenswert waren auch die Ergebnisse zu der Frage, was die Umfrageteilnehmer mit dem Besuch in der Waschstraße beziehungsweise Portalwaschanlage verbinden: Für 81 Prozent gilt die Autowäsche als perfekter Pflegezustand, 53 Prozent empfinden sie als notwendiges Übel, 15 Prozent finden sie sogar langweilig und bei zwölf Prozent löst das Thema Stress aus.
Doch was bedeuten diese Zahlen für den Waschanlagenbetreiber? Wie kann er aus Waschmuffeln, Hand- und Seltenwäschern zufriedene Stammkunden machen? Sinnvoll ist beispielsweise eine durchdachte Zielgruppenansprache, bei der auch Kundengruppen wie Frauen und ältere Autofahrer deutlich mehr in den Fokus gerückt werden.
Zusätzlich lasse sich das Waschgeschäft mit Marketingmaßnahmen, Bonus- und Staffelungssystemen sowie Aktionen ankurbeln. Zudem rieten die Referenten, sich immer bewusst zu machen, dass der Kunde im Mittelpunkt steht und dass der Betreiber in erster Linie mit Menschen und nicht mit Autos zu tun hat.
Stressabbau ermöglichen
Wie dieser Mensch in einer Waschanlage denkt und agiert, veranschaulichte Anna-Maria Guth. Die Kommunikationsexpertin und Geschäftsführerin der Agentur CGW testete in einem Zeitraum von einem halben Jahr zwei Mal im Monat unterschiedliche Waschanlagen. Das Ergebnis: Das Auto war sauber, die Leistung ordentlich. Was jedoch häufiger fehlte, war das gute Gefühl. Fehlende Informationstafeln, unübersichtliche Anlagen und unhöfliches Personal haben bei Guth mehrmals zu Stress und Unsicherheit gefühlt.
Dem Kunden Orientierung zu bieten und damit die Unsicherheit zu nehmen, statt ihn zu belächeln, war daher ein zentraler Rat der Referentin. Zudem gab Guth den Tipp, die Wartezeiten zu verkürzen, etwa durch WLAN oder Aktionen, oder die Kundenbindung mit kleinen Geschenken wie Poliertüchern oder Duftbäumen zu erhöhen. Aktionstage oder spezielle Services für ältere Fahrer oder Klaustrophobiker seien ebenfalls sinnvoll, um diese Zielgruppe öfter in die Waschanlage zu locken. Auch beim Reklamationsmanagement ist sicher an der ein oder anderen Stelle noch Verbesserungsbedarf, betonte Guth.
Orientierung auf der technischen Seite können LED-Masten und -Pylone bieten, waren Achim Kremser, Prokurist bei Rehse-Reklame, und Unternehmensberater Manfred Aiglstorfer überzeugt. Die Technik ermöglicht eine aktuelle, situationsgebundene und vor allem auffällige Kundenkommunikation in Form von Texten und Bildern. Dadurch kann der Betreiber auf die Waschprogramme hinweisen, Aktionen präsentieren oder Kundeninformationen liefern. Neben der entsprechenden Hard- und Software ist dabei vor allem die Kreativität der Waschanlagenbetreiber bei der Ausgestaltung gefragt.
Ebenfalls technisch ging es in der Präsentation von Sebastian Herkenhoff weiter. Der IT-Leiter bei der Mineralölgesellschaft Q1 zeigte die selbstentwickelte App Zahlz, mit der Waschkunden an der Pilotanlage von Kärcher an der Q1-Flaggschiff-Tankstelle in Osnabrück den Waschvorgang vom Auto aus starten, den Fortschritt verfolgen und auch bezahlen können. Die App beinhaltet außerdem eine Feedbackfunktion, in der Autofahrer den Besuch der Waschanlage bewerten können. Diese sei besonders wichtig, um mit den Kunden in Kontakt zu treten und Verbesserungsprozesse zu ermöglichen, meinte Herkenhoff.
Von Mitglied zu Mitglied
Neu im Programm des BTG-Waschkongresses und sofort ein voller Erfolg war der Teil „Tipps von Unternehmer für Unternehmer“. Hier zeigte ein Mitglied, wie es die Scheibenreparatur zum erfolgreichen Nebengeschäft aufgebaut hat. Notwendig dafür ist geschultes Personal, eine Halle für die Lagerung der Scheiben und die Durchführung der Reparaturen, Arbeitsmaterialien und ein Eintrag in die Handwerksrolle. Wer dann die Kontaktchancen zu den Autofahrern nutzt, die durch die Waschanlage entstehen, und entsprechend in Werbung investiert, kann mit diesem Angebot zusätzlich Umsatz für seinen Betrieb generieren. Weitere Erfahrungsberichte von Mitgliedern drehten sich um eine neue Variante der Hallenverkleidung, die Darstellung und Erklärung von Waschprogrammen, Kundenkommunikation mittels regelmäßiger Newsletter und weitere Werbemöglichkeiten.
Georg Huber, Inhaber der Waschhalle Tuttlingen, zeigte, mit welchen Werbeformen man welche Zielgruppen erreichen kann. Während Facebook eher jüngere Autofahrer anspricht, ist Plakatwerbung oder Reklame an Bussen weniger zielgruppengerichtet, wird aber von mehr potenziellen Kunden gesehen. „Wichtig ist, dass ich mir überlege, was ich kommuniziere, und dass ich dabei stringent bin“, riet Huber. Zudem muss die Werbung für den Kunden nachvollziehbar begründen, warum die eigene Waschanlage die beste ist.
Ebenfalls praxisbezogen vermittelte Felix Schäffer vom Waschpark Tübingen den Zuhörern einen Eindruck davon, wie Betreiber Facebook als Marketinginstrument einsetzen können. So nutzte Schäffer die Plattform, um an seine Kunden im vergangenen Jahr eine Weihnachtsaktion zu kommunizieren, bei der jeder Autofahrer eine Wurst und Glühwein beim Besuch des Waschparks bekam. Weitere Posts bestanden aus Bildern von der Waschanlage, Gewinnspielen und Informationen zu den Waschprogrammen und der -chemie. Auf diesem Weg können Fans gezielt angesprochen und regelmäßig über die Waschanlage informiert werden.
Fallstricke im Internet
Einem ganz anderen Thema widmete sich Matthias Kiunka, Fachanwalt für Verkehrsrecht und IT-Recht. In seinem Vortrag über das Internetrecht zeigte er, auf welche Fallstricke Waschanlagenbetreiber achten sollten. Das beginnt beispielsweise beim Impressum, das leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar sein muss. Zudem muss es unter anderem Namen und Anschrift, elektronische Kontaktdaten sowie die Umsatzsteueridentifikationsnummer enthalten.
Die Mischung aus praxisnahen Vorträgen mit Tipps für den erfolgreichen Unternehmeralltag, der Möglichkeit zu interessanten Gesprächen an den Ständen sowie Networking unter den Mitgliedern machte aus dem Waschkongress eine gelungene Branchenveranstaltung. Deren Besuch lohnt sich in zwei Jahren sicher genauso wie der von den großen Messen.
(Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 12/2016.)