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EID-Kraftstoff-Forum: Diesel plus x gleich Zukunft?

07.06.2016 11:23 Uhr
EID-Kraftstoff-Forum: Diesel plus x gleich Zukunft?
EID-Chefredakteur Rainer Wiek (l.) und Eva Bednarik (3. v. r.) diskutierten mit Tagungsleiter Karl-Heinz Schult-Bornemann (r.) und weiteren Referenten über Kraftstoffkonzepte für die Zukunft.
© Foto: Michael Simon

Kraftstoffe gibt es viele auf dem Markt. Doch noch können die alternativen den fossilen nicht gefährlich werden. Wann oder ob sich das jemals ändert, diskutierten die Teilnehmer beim EID-Kraftstoff-Forum.

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Die Diskussion um die Kaufprämie für Elektroautos und Hybride stellte in den vergangenen Monaten Autogas, Erdgas und Wasserstoff in den Schatten. Dermaßen, man hätte meinen können, es gäbe neben Benzin und Diesel nur einen alternativen Kraftstoff: Strom. Doch den Teilnehmern am 9. Kraftstoff-Forum des Energie Informationsdienstes (EID) in Hamburg war ein Fingerzeig der Politik natürlich nicht entgangen: Das Bundesfinanzministerium möchte den alternativen Kraftstoff Gas über das Jahr 2018 hinaus steuerlich fördern.

Der Gesetzesvorschlag, der steuerliche Privilegien für Flüssiggas bis 2021 und Erdgas bis 2024 vorsieht, befindet sich zwar noch in der Ressort- und Verbändeabstimmung, doch gilt das Zustandekommen als sehr wahrscheinlich. Dieses Signal aus der Politik nahmen die Führungskräfte aus Mineralöl- und Kraftstoffwirtschaft, Automobilindustrie und von Energieversorgern wohlwollend zur Kenntnis. Sie waren in Hamburg zusammengekommen, um über Zukunftsstrategien für Kraftstoffe in Europa zu debattieren.

Rainer Wiek, EID-Chefredakteur, gab in seiner Analyse des Kraftstoffmarkts zu verstehen, dass bei aller Diskussion um alternative Kraftstoffe nicht vergessen werden dürfe, dass die fossilen Energieträger ein optimales Paket abgeben, wenn man einmal die Emissionen außen vorlässt. An der Reichweite und dem Preis-Leistungs-Verhältnis müssen sich die Alternativen messen lassen. Der niedrige Ölpreis sei gegenwärtig natürlich kontraproduktiv und bedürfe einer Regulierung, forderte Wiek.

Eine der saubersten Alternativen will gerade deshalb nicht in Fahrt kommen. Obwohl ein mit Erdgas (CNG) betriebenes Auto gegenüber Benzin- und Diesel-Fahrzeugen 99 Prozent weniger Feinstaub-Emissionen und rund 90 Prozent weniger Stickoxide verursacht, nimmt die Zahl der Tankstellen (910) und die der zugelassenen Autos nicht nennenswert zu. Rund 80.000 sind derzeit auf deutschen Straßen unterwegs. Damit sei man weit vom Ziel entfernt, Erdgas am Kraftstoff-Mix bis 2020 mit vier Prozent zu beteiligen. Das entspräche rund 1,4 Millionen Fahrzeugen.

Nachfrage nach Autogas stockt

Deutlich höher ist die Zahl der zugelassenen LPG-Fahrzeuge mit rund 500.000. Jedoch ist auch hier ein leichter Rückgang zu verzeichnen, obwohl sich die Zahl der öffentlich zugänglichen Autogas-Tankstellen 2015 noch einmal um etwa 100 auf über 7.000 erhöht hat.

Umfragen zeigen aber, dass Verbraucher nach den Verunsicherungen durch Dieselgate in Zukunft verstärkt auf die Elektromobilität setzen wollen, bemerkte Wiek. Sie blüht bisher – allerdings aus verschiedenen Gründen – nicht auf: zum einen wegen des Preises, der in keinem Verhältnis zur Reichweite (130 bis 190 Kilometer) ­stehe, da sei aber auch die Ladeinfrastruktur, sagte Wiek. Gerade einmal 5.600 öffentliche Ladestellen an 2.500 Standorten gebe es aktuell. Das schrecke Autokäufer ab. Außerdem erwarten potenzielle Kunden ein größeres Fahrzeugsortiment.

Also dann doch Wasserstoff? Ja, aber erst langfristig werde sich dieser alternative Kraftstoff durchsetzen, war der Konsens der Teilnehmer. Hoffnung macht zwar die Allianz H2 Mobility, zu der auch Shell und Total gehören. Sie will den Ausbau der Infrastruktur in Deutschland bis 2023 auf 400 Tankstellen vorantreiben. Doch wurden schon häufiger derlei Ziele postuliert und anschließend nicht eingehalten.

Die alternativen wie auch die herkömmlichen Kraftstoffe sieht Eva Bednarik nicht in einer konkurrierenden, sondern vielmehr einander ergänzenden Situation. „Wir werden alle Energiequellen brauchen“, betonte die Leiterin der Schmierstoff-Entwicklung bei Shell. Auf Grundlage des Energieausblicks ihres Unternehmens werden 2050 zwei Milliarden Menschen mehr auf der Erde leben als im Moment, wodurch auch der Bedarf an Fahrzeugen steigen werde. Anstatt wie heute eine Milliarde könnten dann doppelt so viele Fahrzeuge über den Erdball rollen. Über ein Drittel des Energiebedarfs und damit das größte Stück des Kuchens benötigt dann den Hochrechnungen zufolge der Mobilitätssektor.

Wegen dieses riesigen Bedarfs dachte sich Shell, es sei wert, sich mit der Kraftstoffeffizienz auseinanderzusetzen. Die fossilen Kraftstoffe würden auch in einigen Dekaden noch eine große Rolle spielen; sie müssten nur noch effizienter werden. Wie das gelingen kann, demonstrierte Shell kurz vor Beginn des Kraftstoff-Forums mit der Veröffentlichung des Konzeptautos „Project M“.

Dabei handelt es sich um ein kompaktes Stadtfahrzeug, das es brauchen wird, wenn 75 Prozent der Menschen in Städten leben werden. Experten aus den Bereichen Design, Kraftstoff und Schmierstoff taten sich zusammen und entwickelten ein Auto, das gerade einmal 550 Kilogramm auf die Waage bringt und innerorts 2,64 Liter auf 100 Kilometer bei 70 km/h verbraucht. Dadurch soll der Benziner laut Bednarik rund 34 Prozent weniger Energie verbrauchen als ein vergleichbares Stadtauto.

Diesel mit Altspeisefett und Öl

Während Shell das Potenzial aus bestehenden Kraftstoffen herauskitzelt, demonstrierten Sebastian Dörr von Lubtrading und Prof. Jürgen Krahl, welche Potenziale im Dieselmix stecken. In einem 2013 gestarteten Projekt testeten 19 Partner aus Automobil- und Kraftstoffindustrie sowie Forschungseinrichtungen anhand von 280 Fahrzeugen aller Abgasklassen den neuen Kraftstoff ­Diesel R33. Dieser besteht zu sieben Prozent aus Biodiesel, der aus Altspeisefett gewonnen wird, und zu 26 Prozent aus hydriertem Pflanzenöl (HVO). Die restlichen zwei Drittel sind ein regulärer Dieselkraftstoff.

„Der Diesel R33 übertrifft deutlich die Qualitätsanforderung der gültigen Dieselnorm EN590 und erlaubt die Entwicklung energieeffizienter und noch abgasärmerer Motoren“, bilanziert Dörr. Sein Projektpartner Prof. Krahl, der an der Technologie­transfer Automotive Hochschule Coburg lehrt, errechnete für das Projekt in der norddeutschen Stadt eine Klimagasreduktion von 18 Prozent gegenüber herkömmlichem Diesel. Der Versuch zeige, dass ein hoher Biogenitätsgehalt innerhalb der Kraftstoffnorm möglich sei. Ebenso erfreulich: Diesel R33 sei von der Coburger Bevölkerung gut angenommen worden.

Der Diskussion um die Zukunft der Kraftstoffe begegnet EON Gas Mobil mit einer eigenen Strategie. Geschäftsführer Olaf Rumberg erklärte, wie sein Unternehmen das Henne-Ei-Problem bei den alternativen Kraftstoffen löst. Auf der einen Seite bemängelt die Automobilindustrie, dass es keine Tankstelleninfrastruktur gibt, auf der anderen Seite verlangen die MÖG, dass es mehr Autos auf dem Markt brauche, die den alternativen Kraftstoff abnehmen.

Diese Patt-Situation können Rumberg zufolge nur zwei lösen: Der Endverbraucher und die Unternehmer. Während EON bislang beispielsweise CNG selbst herstellte, transportierte, aufbereitete und an die MÖG verkaufte, sieht das Geschäftsmodell nun anders aus: Das Flüssiggas produziert der Kunde selbst, EON sorgt für den Transport, die Verdichtung und die Bereitstellung an der Zapfsäule. Im Nachgang bestimmt der Kunde den Verkaufspreis am Preismast. „Solche Kundenlösungen sind der Motor der Energiewende im Verkehr“, ist sich Rumberg sicher.

(Autor: Michael Simon. Der Artikel erschien in Ausgabe 6/2016 von Sprit+.)

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