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EU-Einigung: Ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen

31.10.2022 10:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Abgas; CO2; Auspuff; Klimaziel
Künftig sollen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die keine Treibhausgase ausstoßen.
© Foto: webmetix.de / stock.adobe.com

Ein hochemotional diskutiertes Thema könnte sich dem Ende neigen: Eine EU-Einigung sieht vor, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen verkauft werden dürfen. Verbände wie die Uniti kritisieren das Fehlen eines regulatorischen Anreizes für den Hochlauf von E-Fuels als Rückschlag für den Klimaschutz.

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Künftig sollen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Die Regelung soll 2035 in Kraft treten. Darauf haben sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments am Donnerstagabend geeinigt, wie die tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte. Im Jahr 2026 soll die Entscheidung aber erneut überprüft werden können.

Zudem ist im Kompromiss eine Bitte an die EU-Kommission festgehalten, zu überprüfen, ob der Einsatz von sogenannten E-Fuels für Autos künftig in Frage kommen könnte. So könnten Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die mit CO2-neutralen Kraftstoffen angetrieben werden, auch nach dem Jahr 2035 zugelassen werden. Darauf hatte in der Bundesregierung vor allem die FDP gedrängt. FDP-Chef Christian Lindner sprach mit Blick auf den EU-Kompromiss von einer klugen Entscheidung, die Technologieoffenheit sichere.

Verbände kritisieren Entscheidung

Matthias Plötzke, Uniti-Geschäftsführer Europa, sagt zum EU-Beschluss: "Die EU hat eine wichtige Chance vertan, einen regulatorischen Anreiz für einen raschen Hochlauf von CO2-neutralen E-Fuels rechtsverbindlich festzuschreiben." Denn nur wenn E-Fuels als Klimaschutzoption für zukünftige Neufahrzeuge anerkannt werden, können Investoren für den Aufbau einer Massenproduktion gewonnen werden. Davon würden auch andere Anwendungsbereiche wie der Flugverkehr oder die Schifffahrt profitieren, wo E-Fuels technisch alternativlos sind. Plötzke fordert: "Die EU-Kommission muss jetzt zügig die in der Verordnung verankerte Möglichkeit nutzen, zeitnah einen Vorschlag zur Nutzung von E-Fuels in Neufahrzeugen vorzulegen. Ohne ideologische Scheuklappen müssen alle Technologieoptionen für die Einsparung von CO2-Emissionen genutzt werden!"

E-Fuels würden die einzige Möglichkeit darstellen, auch den Fahrzeugbestand in die Bemühungen um Einsparungen von CO2-Emissionen einzubeziehen. In der EU sind aktuell rund 274 Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge zugelassen, die zu rund 99 Prozent über einen Verbrennungsmotor verfügen. Plötzke: "Den Hochlauf der E-Fuels nicht entschieden regulativ voranzutreiben, bremst den Klimaschutz daher bereits heute massiv aus."

Auch der Verband en2x sieht in der Entscheidung der EU, einzig auf Elektromobilität zu setzen, große Gefahren. Die Mineralölgesellschaften in Deutschland würden schon seit längerem auf eigene Initiative den Aufbau eines bundesweiten Ladesäulennetzes für E-Autos auch jenseits von Tankstellen vorantreiben. Aufgrund von Genehmigungshürden und Anschluss-Engpässen reiche das bisherige Tempo jedoch nicht aus. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur müsse mit dem neuen nationalen Masterplan deutlich beschleunigt werden. "Für das begrüßenswerte Ziel von netto null Emissionen im Verkehr ab Mitte des kommenden Jahrzehnts werden neben der batteriebetriebenen Elektromobilität für Pkw alle weiteren technologischen Antriebsoptionen gebraucht: Bio- und synthetische Fuels ebenso wie klimafreundlicher Wasserstoff", sagte en2x-Hauptgeschäftsführer Christian Küchen zum Beschluss.

Planungssicherheit für die Autoindustrie

Der klimapolitische Sprecher der SPD im Europaparlament, Tiemo Wölken, lobte den Kompromiss. Er sei gut für das Klima, aber schaffe auch Planungssicherheit für die Autoindustrie. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte die EU-Entscheidung: "Es ist fahrlässig, Ziele für die Zeit nach 2030 festzulegen, ohne entsprechende Anpassungen aufgrund aktueller Entwicklungen vornehmen zu können", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Als Beispiele nannte sie den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Zudem sprach sie sich dafür aus, E-Fuels für die Bestandsflotte an Verbrennern zu nutzen.

Vom Grünen-Europaabgeordneten Michael Bloss hieß es, jetzt sei klar, dass die Zukunft in der Elektromobilität liege. Es handle sich um eine "Zeitenwende", die den Wohlstand von morgen sichere. "Wer jetzt noch auf den Verbrenner setzt, schadet der Industrie, dem Klima und verstößt gegen europäisches Recht." Kritisch sieht er den Wunsch der FDP, verhältnismäßig teure E-Fuels zuzulassen. "Das mag die FDP als Sieg verkaufen, aber nicht alle können sich diese Porschementalität leisten."

Längerer Streit in der Bundesregierung

Um die Frage, ob der Verkauf neuer Verbrenner ab 2035 verboten werden sollte, hatte es längeren Streit in der Bundesregierung gegeben. Vor allem Liberale und Grüne vertraten unterschiedliche Positionen. So hatte sich etwa das Bundesumweltministerium für ein eindeutiges Verbrenner-Aus ausgesprochen.

Bei der Debatte ging es im Kern um die Frage, wie E-Fuels im Straßenverkehr eingesetzt werden könnten. Das sind synthetisch hergestellte Kraftstoffe, bei deren Produktion Treibhausgase gebunden werden. Nutzt man die Kraftstoffe in einem Motor, läuft dieser quasi klimafreundlich, weil das ausgestoßene CO2 aus der Atmosphäre stammt. Kritiker merken aber unter anderem an, dass synthetische Kraftstoffe in anderen Sektoren wie Schiff- oder Luftfahrt deutlich dringender gebraucht werden als im Straßenverkehr.

"Vollständiges Verbot geht zu weit"

Der Verhandlungsführer für die Christdemokratische EVP-Fraktion sieht das Verhandlungsergebnis kritisch. Es folge dem Prinzip: "Alles auf eine Karte", teilte der CDU-Politiker Jens Gieseke mit. "Ein vollständiges Verbot einer Technologie geht zu weit. Aus unserer Sicht hätte es eine freiwillige Regelung für klimaneutrale Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe geben müssen."

Die von der FDP eingebrachte Prüf-Bitte werde an einem Verbrenner-Verbot nichts ändern. Diese sei rechtlich nicht bindend und könne von der Kommission ignoriert werden. "Die Liberalen haben das Verbrenner-Verbot besiegelt", so Gieseke. Eine letzte Hoffnung hat der Konservative aber noch: Dem Kompromiss zufolge soll eine Analyse eingeführt werden, die die tatsächlichen Emissionen von Fahrzeugen über einen Lebenszyklus untersucht. Dazu müsse die EU-Kommission einen Vorschlag erarbeiten. "Ob das Verbrenner-Verbot ab 2035 nun also tatsächlich Bestand hat, hängt daher auch stark von der Überprüfung im Jahr 2026 ab."

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