Es ist doch heutzutage ganz einfach: Hat man ein Problem zu lösen, gibt man es in Google ein und hat schon die ersten Lösungen parat. Dann telefoniert man noch mit dem einen oder anderen selbst ernannten Fachmann und geht mit dieser "Expertise" in den Kampf über die Verträge bezüglich des Ausgleichsanspruchs oder einer Aufhebungsvereinbarung mit der Mineralölgesellschaft. Wäre doch gelacht! Anwaltsgebühren kann man sich da sparen!
In meiner Praxis hatte ich im vergangenen Jahr zwei solcher Fälle, wo dann tatsächlich gelacht wurde – aber leider auf der falschen Seite.
Hinweise gibt Google durchaus, aber das reicht nicht
Natürlich gibt es Informationen über den HGB-Ausgleichsanspruch im Internet. Auch ich habe in der Sprit+ hier schon dazu Ausführungen publiziert. Was die Größenordnungen der Forderungen betrifft, findet man da schon den einen oder anderen Hinweis. Das ist aber noch nicht alles, was man dazu wissen muss, wenn man über den eigenen Anspruch mit der Mineralölgesellschaft verhandelt.
Oft sind da zum Beispiel noch andere Forderungen im Hintergrund, vielleicht auch von Seiten des Pächters an die Mineralölgesellschaft. Dann wird gerne mal übersehen, dass in den Vorlagen der Gesellschaft irgendwo festgehalten ist, dass mit dem Unterzeichnen der Vereinbarungen alle bekannten oder unbekannten Forderungen erlöschen; steht meist irgendwo am Ende, wo man gar nicht mehr darauf achtet.
Unklarheiten und Auslegungssache
Aber selbst wer daran denkt, verstrickt sich manchmal in den Unklarheiten von E-Mails vor Vertragsunterzeichnung. Man liest da gerne die eigene Vorstellung heraus, obwohl die sich für einen Richter, der das beurteilen soll, so gar nicht erschließt.
Obendrein sind Formulierungen auch noch auslegungsfähig. Auch dazu steht nichts in Google. Im Gegenteil, meist wird dort etwas schwarz/weiß gemalt, was in Wirklichkeit gar nicht so eindeutig ist, wenn es vor den Kadi geht.
Es stellt sich außerdem die Frage, in welcher verbindlichen Funktion mein Verhandlungspartner bei der Mineralölgesellschaft mit mir verhandelt. Ist der überhaupt berechtigt, bestimmte Vereinbarungen so zu bestätigen? Tauchen diese dann tatsächlich in dem Text auf, der dann unterschrieben wird, oder sind diese dann nochmals geändert? Ich hatte tatsächlich jüngst den Fall, dass eine Gesellschaft deshalb eine für den Pächter günstige Regelung mit dem Hinweis angefochten hat, der Verhandlungspartner sei zu solchen Zusagen gar nicht autorisiert gewesen!
Oder gab es zuvor Hinweise, die mich hätten zweifeln lassen müssen, ob dessen Zusagen wirklich verbindlich sind? Es gibt ein paar Begriffe in der Juristerei, an die Automatismen gebunden sind, zum Beispiel die "Fälligkeit". Auch da muss man aufpassen, was vereinbart wird – oder eben auch nicht.
Man sollte hier das Geflecht eines großen Unternehmens nicht unterschätzen. Meist verhandelt die untere Ebene. Wenn die Eckdaten stehen, wird das dann an die nächste Ebene weitergegeben, die gar keinen persönlichen Bezug zu dem Vertragspartner hat. Möglicherweise wird dann dort nicht alles vorher Besprochene abgesegnet. Dann fällt eventuell ein Punkt raus, ohne dass das bemerkt wird, oder wird abgeändert, ohne dass der Vertragspartner die Tragweite übersieht. Hört sich vielleicht ähnlich an, ist es aber nicht.
Manchmal kommt das erst ein paar Monate später zum Tragen. Dann sind die früheren Verhandlungspartner gar nicht mehr da und die Nachfolger müssen dann nach dem Wortlaut gehen. Das ist oft sehr ärgerlich, wenn die Regelungen nicht klar formuliert sind.
All das weiß Google nicht. Denn Google verhandelt selbst nicht mit größeren Konzernen und hat auch keine Erfahrung mit Unklarheiten. Diejenigen, die dort Artikel schreiben, haben meist eigene wirtschaftliche Interessen. Das sollte man auch nicht vergessen.
"Bisher habe ich noch nie einen Vertrag einer Mineralölgesellschaft gesehen, der nicht zuerst die Interessen derer im Vordergrund hatte."
Rechtsanwalt Jörg Helmling.
Ins eigene Knie geschossen
Da fragt man sich als Anwalt dann schon, warum der Mandant nicht gleich zu Beginn der Verhandlungen gekommen ist? Meist kostet die Prüfung der Rechtsaussichten dann auch wieder was und es kann sein, dass man sich ins eigene Knie geschossen und keine Chancen mehr nach Unterzeichnung der Verträge hat. Lehrgeld nennt man diese schmerzliche Erfahrung dann. Ein seriöser Anwalt wird schon berücksichtigen, dass sein Ruf sich daraus ergibt, ob sich sein Einschalten für den Mandanten auch wirtschaftlich rentiert hat. So kommt dann Mund-zu-Mund-Propaganda zustande.
Ich erlebe immer wieder, dass bei "Eigenbehandlungen" wichtige Details übersehen werden, die sich auch später nicht mehr richten lassen. Die Pächter unterschätzen oft auch die Genauigkeit, mit der Vereinbarungen gelesen werden müssen beziehungsweise, wo sich die Probleme verstecken.
Bisher habe ich noch nie einen Vertrag einer Mineralölgesellschaft gesehen, der nicht zuerst die Interessen derer im Vordergrund hatte. Schließlich werden dort Leute dafür bezahlt, alles möglichst im Rahmen des Zulässigen auszunutzen, und da gibt es bei Kaufleuten viel mehr Spielraum als bei Verbrauchern. Deshalb kann ich nur davor warnen an der falschen Stelle zu sparen. Man mag ja nicht dumm sein und eine gewisse Erfahrung haben. Aber im Bereich des Tankstellenwesens war es schon immer töricht, seinen Gegner/Partner zu unterschätzen!