Der Markt für Tabakprodukte hat sich im ersten Halbjahr 2017 weitgehend stabil entwickelt. Die deutschen Konsumenten zeigen sich bislang von den neu eingeführten Schockbildern auf den Packungen von Zigaretten und Feinschnitttabak beziehungsweise neuen Textwarnhinweisen bei Zigarren, Zigarillos und Pfeifen- sowie Schnupftabak kaum beeindruckt. Zu diesem Ergebnis kommen der Deutsche Zigarettenverband (DZV), der Bundesverband der Zigarrenindustrie (BdZ), der Verband der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) und der Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) im Rahmen der gemeinsamen Pressekonferenz auf der Messe Intertabac in Dortmund. Gleichzeitig kritisieren die Verbände die deutlich gestiegenen bürokratischen Verpflichtungen, die die vielfältige mittelständische Tabakwirtschaft weiterhin vor erhebliche Probleme stellt.
Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl formulierte DZV-Geschäftsführer Jan Mücke die Erwartungen der Tabakwirtschaft an die nächste Bundesregierung: „Die vergangenen beiden Jahre haben für die Branche mit der Einführung von Schockbildern, umfangreichen Zusatzstoffverboten, fehlenden Produktionsumstellungsfristen und rechtswidrigen Vorschriften für die Warenpräsentation gravierende Markteingriffe gebracht, mit deren Auswirkungen die Unternehmen der deutschen Tabakwirtschaft bis heute zu kämpfen haben. Im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der einhunderttausend Beschäftigten in der Wertschöpfungskette Tabakwirtschaft und unserer Kunden ist jetzt ein Innehalten nötig. Wir brauchen dringend ein Regulierungsmoratorium für die kommende Legislaturperiode und keine neuen Verbote und bürokratischen Lasten.“ Die neue Bundesregierung müsse nun die Folgen des neuen Rechtsrahmens über einen längeren Zeitraum beobachten, eine kritische Reflektion der bisherigen Regelungen sei erforderlich.
Weiterhin kritisierten die Verbände Pläne der Europäischen Kommission für ein Tracking & Tracing-System für Tabakprodukte, mit dem ab 2019 beziehungsweise 2024 der Weg jeder einzelnen Packung über die gesamte Lieferkette, vom Hersteller bis zum Handel, erfasst werden soll. „Das geplante Tracking & Tracing-System für Tabakwaren geht vollständig am Ziel der Schmuggelbekämpfung vorbei: Produkte wie Feinschnitt, Pfeifentabak, Zigarren und Schnupftabak werden nicht illegal gehandelt“, kommentierte VdR-Vorsitzender Patrick Engels das Vorhaben. Die legale Wertschöpfungskette werde dadurch in einem Maße überwacht, das gerade mittelständische Betriebe vor existenzielle Herausforderungen stelle, während die Zigarettenschmuggler sogar einen Wettbewerbsvorteil erlangen.
„Die Bundesregierung darf nur Regelungen zustimmen, die einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten - dies ist bei den durch die EU vorgelegten Entwürfen nicht der Fall. Eigentlich müssten Zigarren und Zigarillos von dem System der Rückverfolgbarkeit ausgenommen werden; zumindest müsste ein solches System aber die Besonderheiten der mittelständischen Zigarrenindustrie berücksichtigen und gewisse Ausnahmen enthalten“, ergänzte BdZ-Geschäftsführer Bodo Mehrlein.
Stellvertretend für den Handel mahnte BTWE-Geschäftsführer Rainer von Bötticher ein auf international anerkannten Standards basierendes System an, mit dem kostspielige Sonderlösungen für das Tabaksortiment auf Handelsebene vermieden werden: „Die zu findende Systemlösung muss für alle Unternehmensgrößen kompatibel sein, um Insellösungen und Parallelstrukturen zu vermeiden. Im Idealfall sollte das offene System nicht nur tabakspezifisch, sondern produkt- und sortimentsübergreifend, national und international einsetzbar sein.“ (ab)