Größtes Tankstellennetz, höchster Kraftstoffabsatz, höchste Pächtergewinne und größter Anbieter von Coffee-to-go in Deutschland – während Aral seit Jahren aus dem Superlativ nicht mehr rauskommt, interessierte die Journalisten auf der Jahrespressekonferenz Anfang April in Düsseldorf vor allem eines: Wie geht es mit der Kooperation mit Rewe to go weiter?
„Wir sind der Meinung, dass wir mit unserem Petit-Bistro-Konzept, das wir vor 13 Jahren vorgestellt haben, am Ende der Entwicklung angekommen sind“, sagte Rainer Kraus, Leiter strategische Kooperationen bei Aral. Durch die guten Erfahrungen mit Konzepten im Ausland und bestätigt durch aktuelle Marktforschung sei klar: Der Markt ist reif für Convenience. Ziel für Aral ist damit ein weiterer Superlativ: „Wir wollen den qualitätsorientierten mobilen sowie zunehmend auch Nachbarschaftskunden das mit Abstand beste Einkaufserlebnis im deutschen Tankstellen- und Lebensmittel-Convenience-Markt bieten“, betonte Vorstandsvorsitzender Patrick Wendeler.
Zwar stehe Aral für „ein hervorragendes Tankstellengeschäft“. „Aber wenn man tatsächlich diesen Schritt gehen will, muss man akzeptieren, dass das unter einer gelebten Lebensmittelmarke in Deutschland besser zu vermarkten ist“, erklärte Kraus die Entscheidung, auf einen Kooperationspartner zu setzen. Wie Aral vor einigen Wochen verkündete, wird diese „gelebte Lebensmittelmarke“ Rewe to go heißen. Während der zweijährigen Testphase an zehn Tankstellen haben die Bochumer über alle Warengruppen hinweg ein deutliches Umsatzplus im zweistelligen Bereich erzielt. Der Zuwachs resultiert laut der MÖG aus einem veränderten Kaufverhalten und der Verschiebung des Kundensegments, heißt: Kunden besuchten die Tankstellen häufiger und kauften mehr. Auch der Frauenanteil sei um drei Prozent gestiegen.
Mammutaufgabe vor der Brust
Dieses Ergebnis hat so überzeugt, dass Aral das Shopkonzept in den kommenden Jahren an 1.000 Stationen ausrollen will. Konkret sollen noch in diesem Jahr 50, 2017 rund 200 Stationen und bis 2021 die restlichen Standorte umgerüstet werden. Das heißt: Außerhalb der baufreien Zeit wird ab 2017 jeden Tag ein Rewe to go eröffnen – eine „finanzielle, organisatorische und operative Mammutaufgabe“, wie Wendeler betonte. Die Investition für den Umbau trägt übrigens Aral selbst, denn das sei Grundsatz bei allen Partnerschaften des Unternehmens in Europa und man wolle schließlich „Herr im eigenen Haus bleiben“.
Für den bisherigen Shoplieferanten Lekkerland, der bis Ende 2017 bei Aral unter Vertrag steht, wird es damit eng. Es werde eine Übergangsphase und möglicherweise auch einen bestimmten Umfang eines Teilgeschäfts geben, in dem Lekkerland weiterhin eine Rolle spielen werde. Aber: „Unser strategischer Partner und damit der Empfehlungspartner für unsere Tankstellenpartner im Shop heißt ab 2017 Rewe und nicht Lekkerland“, sagte Wendeler. Für welchen Lieferanten sich die nicht unternehmenseigenen Tankstellen entscheiden, sei ihnen aus vertraglichen Gründen selbst vorbehalten. „Wir haben uns vorgenommen, an den gesellschaftseigenen Tankstellen Erfahrungen zu sammeln und dann zu sehen, wie wir es auf die anderen Tankstellen übertragen können“, sagte Kraus.
Netzqualität verbessern
Mit dem neuen Shopkonzept sieht Aral auch die Möglichkeit, sich erfolgreich im Wettbewerb zu positionieren. Nach wie vor hat die MÖG mit 2.354 Straßentankstellen das größte Netz. Vor dem Hintergrund des perspektivisch rückläufigen Gesamtmarktes will die Marke das Tankstellennetz qualitativ verbessern und die Netzeffizienz erhöhen. Im Rahmen dieser Strategie ging die MÖG 2015 elf Kooperationen mit mittelständischen Mineralölhändlern ein und eröffnete fünf neue Stationen. Demgegenüber wurden 39 wirtschaftlich unrentable Standorte geschlossen. 2016 plant Aral das Netz um zehn bis 20 Stationen auszubauen und im gleichen Umfang Stationen mit niedrigem Absatzvolumen und mangelnder Wirtschaftlichkeit zu schließen. Wie schon 2015 will Aral „erheblich“ in bestehende Standorte investieren, um deren Qualität zu steigern.
Auch im Bereich Kraftstoff will Aral die nächste Evolutionsstufe erreichen und hat vor wenigen Wochen neue Diesel- und Otto-Kraftstoffe präsentiert, die Motoren von schädlichen Ablagerungen herkömmlicher Produkte reinigen sollen (Sprit+ berichtete in Ausgabe 5/2016). Beim Ausbau der Angebote für alternative Kraftstoffe verhält sich die MÖG allerdings vergleichsweise zurückhaltend: Obwohl der Steuervorteil für Gaskraftstoffe über 2018 hinaus verlängert werden soll, plant man in Bochum keine Erweiterung des vorhandenen Netzes. Mit 190 Erdgastankstellen ist die Aral allerdings sowieso Marktführer.
Beim Thema Elektromobilität zeigt sich Wendeler ebenfalls sehr zurückhaltend: „Man muss sich anschauen, wie viele Elektrofahrzeuge es im Moment gibt. Jetzt großartig in Infrastruktur zu investieren und Ladesäulen aufzustellen, sehen wir im Moment nicht.“ Wichtig sei, an dem Thema dranzubleiben und abzuwarten, wie die Entwicklung weitergeht. Man sehe aber momentan ebenso wenig ein Geschäft wie beim Wasserstoff. Hier habe man zwar in der Vergangenheit erste Erfahrungen in München und Berlin gesammelt, „insofern ist das Know-how vorhanden“. „Gibt es die Nachfrage vom Kunden und ein entsprechendes Angebot aus der Automobilbranche, sind wir auch in der Lage, eine Wasserstoffinfrastruktur zu installieren“, sagte Wendeler. Momentan sei das aber kein Thema. Vorerst strebt Aral also bei den Alternativen (noch) keinen neuen Superlativ an.
(Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 6/2016.)