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Kundenbindungssysteme: Richtig punkten

02.04.2015 13:54 Uhr
Fast jede große Kette versucht mit Bonuskarten, Kunden an sich zu binden
Fast jede große Kette versucht mit Bonuskarten, Kunden an sich zu binden.
© Foto: picture alliance/dpa Themendienst/Jens Schierenbeck

Inzwischen gibt es zahlreiche Systeme zum Sammeln von Punkten auf dem deutschen Markt. Doch kann eine Tankstelle damit tatsächlich Kunden binden?

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Aral hat Payback, Esso setzt auf die Deutschlandcard und bei Total sammelt der Kunde als Clubmitglied Punkte – die meisten Gesellschaften versuchen, sich mit Bonusprogrammen und Prämien von den Wettbewerbern abzusetzen. Doch manchmal gehen diese auch richtig schief: Im ­vergangenen Jahr lockte Shell im Rahmen seines Clubsmart-Programms die Kunden mit dem kostenlosen E-Book-Reader Kindle Paperwhite. Dafür hätten die Auto­fahrer eigentlich 999 Liter Kraftstoff tanken müssen, doch aufgrund eines parallel laufenden Sonderangebots konnten die Kunden die Punktezahl auch mit Schokoriegeln im Wert von 15 Euro erreichen.

Das Ergebnis: Innerhalb kürzester Zeit waren an vielen Shell-Stationen die Schokoriegel ausverkauft und als die erfreuten Kunden ihre Prämie abrufen wollten, brach der Server unter dem Ansturm der Anfragen zusammen. Viele Kunden gingen leer aus. Die gutgemeinte Aktion endete in einem Shitstorm in den sozialen Medien und wurde für Shell zum PR-Desaster.

Punkte sammeln reicht nicht
Für Thomas Lenz, Geschäftsführer von Convercus, der sich mit der Entwicklung und Beratung zum Thema Kundenbindungsprogramme beschäftigt, greifen ­viele Angebote auf dem deutschen Markt zu kurz. „Eigentlich kann sich heutzutage niemand erlauben, dass ein Kunde den Laden verlässt, ohne dass das Unternehmen eine Möglichkeit geschaffen hat, diesen Kunden auch später nochmal anzusprechen“, ist sich Lenz sicher.

Allein mit einer Karte, auf der man Punkte sammeln kann, erreiche man jedoch keine Kundenbindung. „Das gelingt heutzutage nur, wenn man mit Kunden über alle Kanäle, also zum Beispiel über Apps und die sozialen Medien, kommuniziert und auch die Möglichkeit schafft, die Kunden persönlich anzusprechen“, ergänzt der Experte für Customer-Relationship-Management, kurz CRM. Natürlich könne Aral über Payback Mails an die erfassten Kunden verschicken, doch der Pächter vor Ort habe keine Möglichkeit, mit seinen Kunden gezielt und individuell zu kommunizieren und mit ihnen eine Beziehung aufzubauen.

Dabei sind diese Möglichkeiten längst vorhanden, zum Beispiel über das Kunden­bindungssystem Point4More, das Convercus entwickelt hat. Das System läuft über ein handelsübliches Tablet, das an nahezu jede Kasse angeschlossen werden kann. ­Jeder Kunde erhält zunächst eine Karte mit einem QR-Code. Bei jedem Einkauf hält er diese vor das Tablet, identifiziert sich damit und wird für den Kauf von Kraftstoff, Snacks oder Getränken mit Punkten belohnt. Sobald eine gewisse Anzahl von Punkten erreicht ist, erhält der Kunde zum Beispiel einen kostenlosen Kaffee oder eine Wäsche. Das wird auf dem Tablet automatisch angezeigt.

Noch interessanter wird das System, wenn mehrere Geschäfte eines Ortes mit Point4More arbeiten, denn dann muss der Kunde nicht mehrere Karten mit sich herumtragen, sondern kann überall mit der gleichen Karte Punkte sammeln. Das Grundprinzip ändert sich dadurch allerdings nicht: Die Punkte können immer nur in dem Geschäft eingelöst werden, in dem sie auch gesammelt wurden.

Werbung über Apps
Dabei dient die Karte vor allem als einfacher Einstieg: In einem zweiten Schritt soll der Kunde motiviert werden, die Point4More-App auf sein Handy zu laden und sich im Internet zu registrieren. Dann erfolgt die Identifizierung nicht mehr per Karte, sondern über das Handy. Über die App kann das Unternehmen den Kunden gezielt mit Werbeaktionen ansprechen. „So kann der Tankstellenunternehmer seine Kunden auf besonders niedrige Preise an seiner Station hinweisen oder Kunden mit einer Vorliebe für bestimmte Kaffeespe­zialitäten mit einer Sonderaktion an die Station locken“, erläutert Lenz.

Das System hat Lenz bereits bei den ersten Mineralölgesellschaften vorgestellt. Tankstellenketten sind für Point4More nach Modehäusern und der Systemgastronomie der nächste Zielmarkt. Einige Pilotkunden arbeiten mit dem System, das auch auf die Besonderheiten des Marktes wie keine Bepunktung auf Tabakwaren oder geringe Punkte auf Kraftstoff berücksichtigt.

„Ich bin überzeugt, dass Kundenbindungsprogramme für Tankstellen in Zukunft die einzige Möglichkeit sind, sich vom Wettbewerber zu differenzieren. Doch professionelles Kundenbeziehungsmanagement ist für die großen Gesellschaften nach wie vor kein Thema“, resümiert Lenz. Letztendlich liege hier eine große Chance für mittelständische Gesellschaften. „Wer Kundenbindung als Erster richtig gut macht, kann viel Umsatz abschöpfen“, ist Lenz überzeugt.

(Veröffentlicht in tankstellen markt 4.2015, Dagmar Ziegner.)

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