Wundermittel CBD. Diese Abkürzung taucht mittlerweile auf vielen Produkten auf und wird lobend beworben. Auch an vielen Tankstellen werden verschiedenste Produkte mit CBD (Cannabidiol) verkauft. Bei CBD als einem Bestandteil der Cannabispflanze stellt sich aber besonders die Frage, ob es sich um ein Betäubungsmittel handelt.
Ende 2020 setzte sich der Europäische Gerichtshof damit auseinander und stellte fest, dass CBD aus der Cannabispflanze grundsätzlich kein Suchtstoff im Sinne des Übereinkommens sei, da es zum Zeitpunkt des Urteils nach wissenschaftlichem Stand nicht psychoaktiv wirke oder schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit habe (EuGH, Urteil v. 19.11.2020, Az. C-663/18). Damit könne ein Vermarktungsverbot von CBD grundsätzlich gegen die EU-Warenverkehrsfreiheit verstoßen.
Kein Freifahrtschein
Anders als viele Händler von CBD-Produkten dies behaupten, ist das jedoch kein Freifahrtschein, da es unter dem Ziel des Gesundheitsschutzes durch nationale Regelungen grundsätzlich dennoch gerechtfertigt sein kann, den Vertrieb zu verbieten. In Deutschland hängt die Rechtslage vom Betäubungsmittelgesetz ab. Ob ein Stoff als Betäubungsmittel gilt, dafür ist nicht dessen konkrete Berauschungsqualität entscheidend, sondern die Tatsache, ob der Stoff in den entsprechenden Anlagen des Gesetzes verzeichnet ist. CBD selbst taucht dort nicht auf, sodass synthetisch hergestelltes CBD nicht dem Betäubungsmittelrecht unterfallen dürfte.
Cannabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen) hingegen wird in Anlage I gelistet und stellt damit ein nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel dar. Zumindest grundsätzlich, da es einige Ausnahmen gibt – etwa für Medizinalcannabis, Samen (solange der Zweck nicht das unerlaubte Anbauen ist) und Nutzhanf. Ein Produkt aus Hanfsamen ist demnach betäubungsmittelrechtlich weniger problematisch – Hanfsamenöl oder Hanfsamenschokolade kann deshalb auch bereits in vielen Supermärkten erworben werden.
Handelt es sich beim Produkt aber um Pflanzenteile und geht es nicht um einen medizinischen Zweck, müssen nach aktueller Rechtslage die Voraussetzungen an eine Ausnahme für Nutzhanf erfüllt sein. Hierbei muss es sich entweder um eine EU-zertifizierte Sorte handeln, oder aber der Gehalt darf einen THC-Wert von 0,2 Prozent nicht übersteigen und der Verkehr darf ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dienen, die Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. In der Regel lässt sich noch zuverlässig feststellen, ob es sich um eine zertifizierte Sorte handelt oder wie hoch der THC-Wert ist, die weiteren Voraussetzungen bereiten jedoch die größeren Probleme – nämlich ob der Verkehr mit dem jeweiligen Stoff einem gewerblichen (oder wissenschaftlichen) Zweck dient, der einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließt. Hier liegen die Knackpunkte nun wiederum beim "gewerblichen Zweck" und dem Ausschluss des Missbrauchs.
Konsum ist kein gewerblicher Zweck
Die zuweilen widersprüchliche Rechtsprechung ging hier davon aus, dass der gewerbliche Zweck bei jedem Teilnehmer des "Verkehrsvorgangs" vorliegen müsse, also auch beim Endnutzer. Der Konsum aber ist kein gewerblicher Zweck. Verkauf an und Erwerb durch Konsumenten entsprechender Produkte wäre demnach nicht zu rechtfertigen und strafbar, da der Endkunde mit dem Konsum einen nicht gewerblichen Zweck verfolgt. Im Raum Essen hat die Polizei mit dieser Begründung Verfahren gegen mehrere Händler von CBD-Blüten eingeleitet. 2021 entschied allerdings der BGH (Bundesgerichtshof) im Fall "Hanfbar" (Urteil v. 24.03.2021, Az. 6 StR 240/20) anders als viele Gerichte zuvor und vertrat eine weniger enge Auslegung, nach welcher der "gewerbliche Zweck" beim Endabnehmer nicht vorliegen müsse. Nur, weil also am Ende ein Verbraucher steht, ist die Verkehrsfähigkeit nach Ansicht des BGH aus betäubungsmittelrechtlicher Sicht nicht gleich gescheitert.
Allerdings – und das ist aktuell das große Problem beim Verkauf von CBD-Blüten – muss laut BGH stets der Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen sein! Handelt es sich nun um ein unverarbeitetes Produkt aus der Cannabispflanze, zum Beispiel "Tabakersatz", Duftkissen oder Tee, kann der Missbrauch zu Rauschzwecken nach Ansicht des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) nicht ausgeschlossen werden und eine Abgabe an Endverbraucher wäre rechtswidrig, der Besitz strafbar. Auch der BGH entschied im Fall der Hanfbar ähnlich – ein Rausch könne zwar nicht durch den Konsum als Tee entstehen, sei aber möglich, wenn man aus dem Tee zum Beispiel Brownies backen würde. Bei Produkten, die stark verarbeitet sind, dürfte ein Rausch hingegen einfacher ausgeschlossen werden können, da die Zusammensetzung kontrollierbarer ist.
Razzia in der Tankstelle
Aktuell kam es im Raum Gera auf einer Tankstelle zu einer Durchsuchung und Beschlagnahme der CBD-Blütenprodukte. Die Beamten konnten gerade noch davon abgehalten werden, die Kassen-Computer mitzunehmen.
Im Moment ist politisch geplant, diese Unsicherheit durch Änderungen der Gesetze zu beseitigen. Auch wenn dies dringend notwendig ist, scheint sich auch dies noch geraume Zeit hinzuziehen.
Fazit: Der Handel mit CBD-Blüten oder anderen Artikeln mit unverarbeiteten Cannabispflanzenteilen ist derzeit (noch) mit erheblichem Risiko verbunden. Auch wenn die Rechtslage nicht eindeutig ist, besteht stets das Risiko, sich strafrechtlichen Maßnahmen auszusetzen, denn der Nachweis, dass ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann, ist vom Tankstellenbetreiber kaum zu führen.