Seitdem der Volkswagen-Abgasskandal im September 2015 aufgedeckt worden ist, gab es eigentlich nur Verlierer: den Konzern selbst, die Kunden und natürlich die Umwelt. Aber allmählich schält sich ein Gewinner doch heraus: Adblue.
Der Verbrauch der Harnstofflösung werde bei hunderttausenden 2,0-Liter-Dieseln nach dem Software-Update in der Werkstatt steigen, kündigte ein VW-Sprecher Anfang Januar an. Der Betriebsstoff Adblue wird im SCR-Filter (selektive katalytische Reduktion) benötigt, um den Ausstoß der Stickoxide zu verringern und so die Abgasnorm Euro 6 einzuhalten.
Doch nicht nur bei VW werden die Verbräuche steigen, auch die PKW anderer Hersteller werden durch strengere Umweltauflagen und veränderte Motorensoftware in Zukunft mehr Adblue benötigen. Sind es aktuell noch 1,5 bis 2 Liter auf 1.000 Kilometer, werden es künftig wohl drei Liter werden, glaubt David Temborius, Projektingenieur bei Flaco Geräte. Und dies bei geschätzten 30 Millionen Autos deutscher Konzernmarken in Europa bis 2022. Das sind rund dreimal so viel Autos, die Adblue benötigen, wie im Moment.
Und noch ein zweiter Umstand zwingt Fahrer eines Diesels inzwischen häufiger zum Tanken: Die Hersteller bauen kleinere Adblue-Tanks ein. Reichte der Inhalt früher bis zum nächsten Service-Intervall, müssen Fahrer inzwischen bei jedem fünften regulären Tankvorgang auch mal den Adblue-Füllstand prüfen. Anfangs hantierten die Autofahrer mit Adblue in Flaschen oder Kanistern herum, doch „die Vetankung per Hand verursacht schnell intensive Flecken“, berichtet Josef Schneider, Firmengründer von KSW Industrie- und Anlagenbau.
Probleme der Handbetankung
Außerdem seien Flaschen und Kanister unwirtschaftlich, kompliziert und es entstehe ein großer Entsorgungsaufwand für die leeren Behälter, ergänzt Temborius. Nicht zuletzt würden aktuelle Fahrzeuge eine Nachfüllung von ein bis zwei Litern nicht als Tankvorgang im System erkennen, spricht Christian Leu, Produkt- und Marketingchef von Tokheim, aus Erfahrung.
Für einen sauberen und komfortablen Betankungsvorgang bieten die genannten Firmen Adblue-Zapfanlagen an, die, so bestätigen alle gegenüber Sprit+, sowohl bei Gesellschaften als auch bei Eigentümerstationen in der Nachfrage steigen. Als Einstiegslösung empfiehlt KSW ein kleines Kabinett mit einem Tankvolumen von 650 Litern, von dem an größeren Tankstellen auch mehrere platziert werden können. Dank der modularen Bauweise können die Kabinette zu einem späteren Zeitpunkt durch größere ersetzt werden mit Volumina von 950 oder 2.000 Litern. „Somit kann eine Ausrüstung von strategischen Standorten bis zur Vollausstattung aller Tankstellen schrittweise erfolgen“, sagt Schneider. Als größtes Plus im Wettbewerb betrachtet er die Zapfpistole, die durch eine Zirkulationsleitung beheizt wird und somit nicht hinter einer Klappe vor Kälte geschützt werden muss.
Auch Flaco kommt ohne Schiebetür aus, weil in Zapfpistole und Schlauch ein thermostatgesteuertes Heizsystem integriert ist. Flacos Kunden können aus drei Zapfventilen wählen: einer mechanisch betätigten Variante der Marke Elaflex sowie zwei elektronischen Zapfventilen aus eigener Entwicklung, die unter anderem bei Feldversuchen großer MÖG getestet werden. Das selbst konstruierte Zapfventil ZV10.2 verfügt über eine elektronische Tankfreigabe gegen Fehlbetankung und eine Sensorabschaltung. Es wird nicht per Hebel-, sondern per Tasterbetätigung aktiviert.
Die Vielfalt der möglichen Ausführungen macht eine Vergleichbarkeit schwierig. Um sich aber einen ersten Überblick zu verschaffen, ist die nachfolgende Tabelle geeignet. Im Gespräch mit den Herstellern gilt es dann für interessierte Betreiber herauszufinden, wie die Anlage am besten auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden ist. Zu diesen Entscheidungen gehört auch, ob ein Tank oberirdisch aufgestellt oder unterirdisch verlegt wird. Die zweite Variante bietet derzeit ausschließlich Tokheim aus einer Hand an.
(Autor: Michael Simon; der Artikel ist erschienen in Sprit+ 1./2.2017)