Elmar Kühn, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti), äußert sich zum Mindestlohn.
tm: Halten Sie die Einführung des Mindestlohns prinzipiell für sinnvoll?
Elmar Kühn: Von einer Vollzeittätigkeit muss ein Arbeitnehmer leben können, Tarifverträge oder ein Mindestlohn können hierbei behilflich sein. Deutschland ist aber ein Land mit vielen unterschiedlichen Regionen, in denen verschiedene Lebenshaltungskosten bestehen. Ein regional angepasster und nach Branchen differenzierter Mindestlohn hätte helfen können, Arbeitsplätze zu erhalten und Unternehmen von einem großen, kaum bezahlbaren Lohnkostensprung zu verschonen. Diese Chance wurde leider verpasst. Durch den einheitlichen Mindestlohn verlieren viele einen Job, die darauf angewiesen waren, nämlich alle, die eine einfache und flexible Arbeit benötigt haben. Auf vielen Tankstellen gibt es diese Arbeitsmöglichkeiten und gerade in ländlichen Gebieten kann so etwas attraktiv sein. So gesehen sind die Menschen, die der Mindestlohn schützen sollte doppelt betroffen: Die Kosten für Waren und Dienstleistungen steigen durch den Mindestlohn und durch einen Jobverlust sinkt das Haushaltseinkommen.
tm: Welche Rückmeldungen haben Sie von Ihren Verbandsmitgliedern in den letzten Wochen zu diesem Thema erhalten?
Kühn: Bei den Uniti-Mitgliedern ist das Mindestlohngesetz und seine Auswirkungen ein großes Thema. Bei uns gehen viele Fragen ein, die die Verunsicherung der Mitglieder aufgrund der gravierenden Änderungen des Mindestlohngesetzes und der noch sehr unklaren Rechtslage beziehungsweise Auslegung der Paragraphen zeigen. Insbesonders die aufwändigen Dokumentationspflichten und die Haftung für Subunternehmer stellen alle vor große Herausforderungen – das waren auch die meisten Fragen.
tm: Ist das Thema für Tankstellen in ganz Deutschland ein Problem?
Kühn: Die Lohnsituation und vor allem die Kaufkraft ist im Osten eher gering. Aber auch in ländlichen Gebieten oder strukturschwachen Regionen im Westen sieht es nicht besser aus. Natürlich wirkt sich der Mindestlohn da gravierend aus.
tm: Wie gut haben sich Ihre Verbandsmitglieder auf den Mindestlohn vorbereitet?
Kühn: Unsere Mitglieder haben sich, wie ich glaube, ganz gut informiert. Sie konnten auf umfangreiche Informationen unseres Verbandes wie zum Beispiel den Uniti-Leitfaden, aktuelle Sachstandsmeldungen und etliche Artikel zugreifen, viele nutzen zusätzlich natürlich die Infos von IHK und den Steuerberatern. Leider muss man sagen, hat die Politik etwas unsauber gearbeitet und so waren etliche Fragen noch nicht geklärt. Vor allem die Dokumentationspflichten in diesem Umfang hat niemand erwartet.
tm: Welche Tipps/Empfehlungen geben Sie Ihren Verbandsmitgliedern, um die gestiegenen Kosten auszugleichen?
Kühn: Wir können als Verband keine Pricing-Empfehlung geben. Schließlich handelt es sich dabei um freie unternehmerische Entscheidung unserer Mitglieder! Grundsätzlich glauben wir aber, dass unsere Branche sich seit Jahrzehnten optimiert hat, dass aber diese Aufgaben durch Optimierung nicht alleine zu lösen sind. Wie die Spargelbauer, Taxifahrer und Frieseure sagen auch wir, dass der Mindestlohn zu steigenden Preisen führen wird. Auch in unserer Branche wird also der Kunde die steigenden Preise zahlen – und diese Konsequenz hat die Politik gesehen und scheinbar akzeptiert.
tm: Gibt es bereits Rückmeldung von Betreibern, die Ihre Tankstelle schließen oder zumindest die Öffnungszeiten verändern?
Kühn: Da ist es noch zu früh. Schließungen werden das letzte Mittel der Wahl sein. Sicherlich werden aber Öffnungszeiten angepasst. Hier muss der Gesetzgeber erkennen, dass der Mindestlohn in die vom Kunden gewohnten Versorgungsstrukturen der Tankstellen eingreift. Ich bin gespannt, wann diese sich beschweren werden.
tm: Gab es schon Kontrollen vom Zoll?
Kühn: Dazu ist uns nichts bekannt.