Offiziell ist noch nichts bestätigt, aber glaubt man einer Meldung der Lebensmittelzeitung von Anfang Oktober, wird Rewe künftig die Hälfte der rund 2.500 Aral-Tankstellen mit dem Konzept Rewe to go ausstatten. Lekkerland, deren Vertrag mit dem Bochumer Mineralölkonzern bis 2017 läuft, würde damit seinen größten Kunden verlieren.
Bei Aral hält man sich indes noch bedeckt: „Der Test des Rewe-to-go-Shopkonzepts an zehn Aral-Tankstellen ist Ende September ausgelaufen. Ob und wie es danach weitergeht, wird Aral gemeinsam mit Rewe nach sorgfältiger Auswertung der Testergebnisse entscheiden. Damit ist frühestens zum Jahresende zu rechnen“, heißt es auf Anfrage von tankstellen markt aus der Presseabteilung des Mineralölkonzerns. Es wird wohl noch einige Wochen dauern, bis die Beteiligten mehr verraten.
Fest steht jedoch laut Lebensmittelzeitung, dass Arals Pläne „das deutlichste Zeichen eines insgesamt verschärften Wettbewerbs“ sind. Neben dem Kölner Handelskonzern will beispielsweise Edeka die Anteile im Segment Tankstelle erhöhen. So versorgt der Hamburger Lebensmitteleinzelhändler bereits jetzt unter dem Namen „Spar Express“ mit Jet einen der größten Mineralölkonzerne in Deutschland. Beim Platzhirsch Lekkerland und bei MCS – Marketing und Convenience-Shop-System wächst damit der Druck in einem Markt, in dem die Zahl der Tankstellen eher ab als zunimmt.
Lieferant für Ware und Konzepte
Wie versuchen nun die drei großen Shopbelieferer, sich in diesem harten Wettbewerb durchzusetzen? „Einfach nur Hebebühne auf und Ware raus wie in den 90er Jahren funktioniert nicht mehr“, ist MCS-Geschäftsführer Torsten Eichinger überzeugt. Ein Shoplieferant müsse heute vielmehr „spezialisierter Konzept- und Warenlieferant“ sein.
Das sieht auch Lekkerland-Geschäftsführer Frank Fleck so: „Unsere Kunden erwarten eine ganzheitliche Unterstützung bei der Verbesserung von Umsatz und Gewinn.“ Und auch bei Edeka ist man der Auffassung: „Tankstellenbetreiber benötigen nicht nur Ware, sondern auch Konzepte, um Potenziale auszuschöpfen.“
Lekkerland bietet beispielsweise mit seinem 90-köpfigen Vertriebsteam Hilfestellung unter anderem im Rahmen von sogenannten Store Checks. „Dabei analysiert unser Expertenteam den Shop und prüft unter anderem Ausstattung, Beleuchtung, Warenpräsentation und Sortiment. Wir schauen uns auch die Kundenstruktur an und vergleichen die Finanzkennzahlen mit Geschäften in ähnlichen Lagen“, erzählt Fleck. Dabei ergeben sich fast immer Verbesserungsmöglichkeiten, die dem Kunden aufgezeigt werden und bei deren Umsetzung das Frechener Unternehmen unterstützend zur Seite steht.
Bei MCS betreuen rund 80 Vertriebsmitarbeiter die Kunden in regelmäßigen, abgestimmten Besuchsrhythmen. „Dabei werden neue Produkte und Konzepte vorgestellt und Maßnahmen zur Sortiments- und Shopoptimierung abgestimmt“, sagt Eichinger. Dieser Beratung liegen objektive Marktforschungsdaten, eigene Abverkaufszahlen sowie die Abverkaufsdaten des Kunden zugrunde.
Das größte Beratungsteam kann Edeka mit über 200 Fachberatern im Innen- und Außendienst vorweisen. Auch hier werden im definierten Besuchsrhythmus Neuigkeiten vorgestellt, Standortanalysen errstellt und Unterstützung bei der Regal- und Sortimentsoptimierung geleistet. Alle drei Shoplieferanten verlassen sich im Übrigen nicht nur auf die eigenen Experten. Bei den Themen Ladenbau und Shopeinrichtung holen sie sich Fachleute von anderen Unternehmen ins Boot.
Zur Beratung gehört natürlich auch der Bereich Marketing. Alle drei Shoplieferanten stellen ihren Kunden in diesem Zusammenhang unter anderem Poster, Aufsteller, Regalstreifen und Möglichkeiten für die Zweitplatzierung zur Verfügung. Edeka erarbeitet darüber hinaus bei Konzeptkunden gemeinsam mit dem Betreiber das gesamte Marketingkonzept für den Standort.
Lekkerland unterstützt die Kunden zudem durch standardisierte Aktionen wie dem „TOP-Tipp“. „Das Verkaufsförderungskonzept besteht aus elf Einzelmodulen für verschiedene Warengruppen“, erklärt Geschäftsführer Fleck. Es versetze die Kunden in die Lage, Innovationen und Schnelldreher mit hoher Sichtbarkeit so zu platzieren, dass echte Zusatzumsätze entstehen. Die Kunden erhalten die Ware automatisch und rechtzeitig vor Aktionsbeginn.
Auch bei MCS macht man sich regelmäßig Gedanken, wie der Umsatz weitergesteigert werden kann. Displays wie die POSitiv-Box für Riegel oder die Cash-Box für den Verkauf von Getränken in der Kassenzone sollen Kunden zu Spontankäufen animieren. Für den Shopbetreiber hält MCS ebenfalls Aktionen bereit. „Unsere Kunden profitieren von 14-tägigen Sonderangeboten, unseren ‚Highlights‘“, ist Eichinger überzeugt. Die Laufzeit ermögliche es MCS schnell auf Markentrends und neue Produkte zu reagieren.
Breites Schulungsangebot
Ebenfalls Teil dieses neuen Selbstverständnisses als Komplettdienstleister ist das Angebot an Schulungen: Die Verbundgruppe MCS setzt dabei auf eine eigene Akademie, die Kunden zu den Schwerpunktthemen „Aktives Verkaufen“ und „Bistro“ weiterbilden. Die Trainings sind sowohl für die Betreiber als auch für die Mitarbeiter offen. „Zusätzlich bieten wir innerhalb der virtuellen MCS-Akademie kostenlose Online-Tutorials mit dem Schwerpunkt auf dem Bistrobereich an“, erzählt Geschäftsführer Eichinger.
Auch Lekkerland und Edeka organisieren individuell zugeschnittene Schulungen, die für die Kunden zum Teil kostenfrei, zum Teil kostenpflichtig sind. Themen sind hier unter anderem Hygiene und das Hazard Analysis and Critical Control Points- Konzept (HACCP), Zubereitung von Bistroprodukten oder Tipps zur Kundenberatung im Shop.
Das beste Konzept, das originellste Marketing und perfekt geschulte Mitarbeiter bringen jedoch nichts, wenn die Tankstelle schlecht beliefert wird und im schlimmsten Fall Lücken im Regal entstehen. „Die Zufriedenheit der Tankstellenbetreiber hängt sehr von der Logistik ab. Das heißt, es muss eine bedarfsgerechte Just-in-time-Lieferung ohne große Lagerhaltung seitens des Tankstellenbetreibers gewährleistet sein“, betont Harald Wilhelm, Vertriebsleiter bei der Einkaufsgesellschaft freier Tankstellen (EFT).
Auf das größte Logistiknetz kann wohl Edeka als der größte Verbund im deutschen Einzelhandel zurückgreifen. 450 Mehrkammerlieferfahrzeuge sorgen für die Warenverteilung zwischen den 20 Convenience-orientierten Lägern und den Tankstellen. Die Kunden können in einem vordefinierten Rhythmus bestellen. Die Ware ist dann in der Regel am Folgetag in der Station. Zusätzlich stehen 120 Cash & Carry (C+C) Abholbetriebe zur Verfügung, in denen eilende Nachbestellungen auch samstags besorgt werden können.
Auch Lekkerland setzt auf die Multi-Temperaturlogistik, sodass Betreiber Tiefkühl-, Frische- und Trockensortiment in einer Lieferung erhalten können. Insgesamt sind gut 320 Transportfahrzeuge für Lekkerland auf Deutschlands Straßen unterwegs, die die Waren aus 15 Logistikzentren verteilen. Um Auftragsspitzen abzufangen, arbeitet das Frechener Unternehmen mit externen Dienstleistern zusammen. Kunden, die kurzfristig kleine Liefermengen bestellen wollen, können zudem den Parcel- Service nutzen. Die individuelle Feindistribution per Paket und ohne Mindestbestellwert übernimmt Paketdienstleister DHL. Ab 50 Euro ist die Anlieferung kostenfrei.
Die Auslieferung erfolgt bei Lekkerland in der Regel innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Bestellung. „Je früher die Bestellung bei uns eingeht, desto besser. Sie sollte nach Möglichkeit bis zwölf Uhr bei uns eingegangen sein, damit wir sie bei der Zustellung am nächsten Werktag berücksichtigen können“, rät Fleck.
Eine Lieferung innerhalb von 24 Stunden verspricht auch MCS. Mit acht eigenenVollsortimentslägern und 160 Lkw ist das Logistiknetz der Verbundgruppe das kleinste unter den drei Shoplieferanten. Bestellt werden kann bei allen drei Anbietern rund um die Uhr online, per Fax oder E-Mail sowie zu bestimmten Zeiten telefonisch.
Persönlicher und vernetzter
Die Antworten der Unternehmen auf die Fragen von tankstellen markt bestätigen: Aktuell ist die Branche im Wandel, der Druck auf die Anbieter wächst. „Das Wort ‚Shoplieferant‘ wird wohl in spätestens zehn Jahren aus dem Wortschatz verschwunden sein“, prognostiziert daher Lekkerland-Geschäftsführer Fleck. Tankstellenbetreiber setzen vielmehr zusehends auf Dienstleister und Partner. Auch Edeka
ist überzeugt, dass Großhändler künftig vor allem starke Partner für die Tankstellen sein und ihre Markterfahrung nutzen sollten, um Betreiber zu unterstützen.
Eichinger rechnet ebenfalls damit, dass die Partnerschaft zwischen Shoplieferant und Kunde – bestärkt durch die fortschreitende Digitalisierung – noch enger werden wird. „Gleichzeitig nimmt aber die Bedeutung der persönlichen, individuellen Betreuung zu“, ist der MCS-Geschäftsführerüberzeugt. (ab)