Eines wurde in den Gesprächen mit den Akteuren der Waschbranche im Rahmen der letzten Ausgabe der Tankstelle & Mittelstand in Münster deutlich: Das Tankstellengeschäft steht vor Veränderungen. Mit zunehmender E-Mobilität rückt das Tanken in den Hintergrund und das Laden der Elektroautos findet eher zuhause, während der Arbeit oder des Einkaufens, kaum aber an Tankstellen statt. Die Bedeutung von Zusatzangeboten gewinnt folglich für die Betreiber zunehmend an Bedeutung, um die Kunden auf die Station zu locken. Das Waschgeschäft als Ertragsbringer rückt somit weiter in den Vordergrund.
Die Digitalisierung trägt dazu bei, dass die Autowäsche für Kunde und Betreiber immer bequemer wird, gleichzeitig soll sie den Kunden „emotional abholen“. Bargeldloses Bezahlen in allen Varianten war ein großes Thema, aber auch zusätzliche Angebote zur Steigerung der Attraktivität des Waschplatzes. Außerdem feierten zwei neue Portale Premiere. Begleiten Sie uns auf unserem Messerundgang.
Der Waschbär schäumt
Im SB-Bereich erfreuen sich Schaumkanonen bei Kunden und Betreibern gleichermaßen einer wachsenden Beliebtheit. Peter und Sascha Elosge („Der Waschbär“) sind bekannt für ihre stationären SB-Vorwascheinrichtungen zum Einsatz vor der Waschanlage. Dem Trend folgend präsentierten sie eine neue Schaumkanone für diesen Bereich. Herzstück ist die kompakte Schaumeinheit mit elektronischer Steuerung und Hochleistungspumpe, die im Technikraum installiert werden kann.
Die Schaumlanze kann wahlweise über eine Wandkonsole oder die bekannten Standsäulen jeweils in Verbindung mit einem Schwenkarm montiert werden. Die Entfernung zwischen Pumpe und Lanze ist unerheblich, da die Schaumerzeugung erst an der Lanze mittels Luftinjektor erfolgt. Eine Fächerdüse an der Lanze sorgt für einen breiten Schaumauftrag, die Schaummenge lässt sich an der Steuereinheit variabel einstellen. Bereits bestehende Vorsprüheinrichtungen vom Waschbär sind mit einem Nachrüstpaket für unter 1.000 Euro umrüstbar. Die Montage ist gewohnt einfach (Plug & Play), der Reparaturservice erfolgt auf dem Postweg ohne hohe Anfahrtskosten.
Die Bürste wackelt
Mosmatic widmet sich einem bekannten Problem an SB-Plätzen: Viele Kunden benutzen die Waschbürste zum Beispiel nach dem Aufsprühen des Powerschaums, ohne das eigentliche Waschprogramm zu starten beziehungsweise zu bezahlen. Eine neue Flexbürste soll das verhindern. Sie hängt durch ein Gelenk „labberig“ an der Lanze und ist so unbenutzbar. Erst nach dem Bezahlen und Aufbau von Wasserdruck verriegelt ein Stift das Gelenk, sodass sie wie eine herkömmliche Bürste benutzt werden kann. Laut Mosmatic melden die bisherigen Anwender eine Umsatzsteigerung von bis zu 20 Prozent. Für mehr Aufmerksamkeit am SB-Platz sorgt außerdem ein neuer 360-Grad-Deckenkreisel mit integrierter, variabler LED-Beleuchtung. So können etwa freie Boxen in Grün, besetzte Boxen in Rot illuminiert werden. Der Kunde erkennt von weitem freie und besetzte Boxen.
Muffe hält dicht
Die Saugtechnik der Zentralsauganlagen von Aircontrol ist bekannt und bleibt unverändert. Neu hingegen ist eine Betreiber-App zur Anlagenfernüberwachung, über die unter anderem Zählerstände abrufbar sind, die als Excel-Datei per Mail an das jeweilige mobile Endgerät gesendet werden. Auch Fehlermeldungen gelangen direkt auf das Smartphone des Betreibers, so dass er schnellstmöglich reagieren kann.
Außerdem hat Aircontrol einen Schwachpunkt an den einzelnen Saugstellen beseitigt. Bislang waren die Saugdüsen fest mit dem Schlauch verbunden, durch mechanische Einwirkungen entstand hier oft Schlauchbruch, der die Saugleistung verringerte. Eine neue Drehmuffe macht die Verbindung jetzt flexibel und mindert die Gefahr von Lecks. Das für die Hochvakuumtechnik notwendige geschlossene System bleibt intakt.
Erstmals auf der Messe zeigte der belgische Hersteller Ergox seine Zentralsauganlagen. Laut dem Hersteller zeichnen sich die Anlagen vor allem durch wirtschaftlichen Betrieb und hohe Energieeffizienz aus. Die elektronische Steuerung regelt den Energieverbrauch nach dem tatsächlichen Bedarf der Saugleistung je nach Anzahl der aktiven Saugpunkte und berücksichtigt auch den Zustand des Filters, der automatisch mittels Druckluftimpuls gereinigt wird. Der Wartungsaufwand für den Betreiber ist gering, nur etwa alle 1.500 gesaugte Fahrzeuge muss der Staubbehälter entleert werden.
SB-Wäsche wird smart
Nilfisk folgt an seinen SB-Anlagen dem Trend des bargeldlosen Bezahlens. Nach Angaben des Herstellers verzeichneten die SB-Plätze der Marke WAP-Waschbär im April dieses Jahres erstmals mehr bargeldlose als Münzzahlungen. Mit einem neuen Bediendisplay trägt Nilfisk diesem Trend Rechnung. Es akzeptiert neben Wasch- und Geldmünzen jetzt auch Kreditkarten und sogar Bezahl-Apps wie Applepay vom Smartphone. Über eine Online-Anbindung kann der Betreiber von beliebigen, auch mobilen Endgeräten zum Beispiel Werbung auf das Display einspielen oder Sonderaktionen starten. Außerdem bekommt er per E-Mail einen täglichen sowie monatlichen GOBD-Report (GOBD: Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) für das Finanzamt.
Ebenfalls GOBD-fähig ist der neue Münzautomat, der neben Waschmünzen auch Waschkarten ausgibt oder auflädt, natürlich bezahlbar per Bargeld, Karte oder Handy. Pro Gerät können bis zu 300 Spezialkunden, wie Flotten, definiert werden, die Aufladung der Karten erfolgt nach SMS-Anforderung und Bezahlung am Automaten. Neben einer Alarmfunktion ist eine Fernsteuerung bei Fehlfunktionen integriert. Sollte eine Waschmünze nicht funktionieren, kann der Automat auf Anweisung per SMS eine neue ausgeben.
Portal aufgewertet
Car-Wash-Service Benkens & Sohn stellte die bewährte B&S 100-Portalanlage aus, die in verschiedenen Varianten von Standard für die Servicewäsche im Autohaus bis zur aufmerksamkeitsstarken Premiumversion in vollem LED-Ornament erhältlich ist. Dazu zählt jetzt auch eine LED-Einfahrtschiene mit Farbwechsel je nach Programmpunkt. Ein neues Bezahl- und Bedienpaneel erlaubt auch hier sämtliche Varianten des bargeldlosen Bezahlens per Karte oder Smartphone. Benkens ist derzeit vor allem im norddeutschen Raum zwischen Kiel und Köln vertreten, um eine schnelle Reaktionszeit des hauseigenen Kundendienstes zu ermöglichen, denkt aber über eine weitere Servicestation und Ausdehnung nach Süden nach.
Das Servicenetz von Benkens nutzt auch der polnische Hersteller von SB-Anlagen BKF. Dessen Stärke ist die „Anpassungsfähigkeit an Kundenwünsche sowie eine selbst entwickelte Software
zur Anlagenverwaltung via Internet“. Störungsmeldungen gehen so gleichzeitig an Betreiber und BKF und erlauben eine schnelle Reaktion auf den Störfall. Auf der Messe zeigte BKF dem Trend folgend neue Bezahl- und Bedienterminals für die bargeldlose Bezahlung.
SB-Automaten im Trend
Während Waschkunden an Tankstellen für den Bedarf an Reinigungs- und Pflegemitteln den Shop nutzen können, steht diese Möglichkeit an reinen Waschplätzen oft nicht zur Verfügung. SB-Automaten sind eine Lösung, die im Trend liegt. GPS Service zeigte verschiedene Varianten für die Ausgabe von einem oder drei Produkten, wahlweise Pflegetücher oder 100-Milliliter-Sprühflaschen. Die robusten Edelstahlautomaten können individuell gestaltet werden und sind zur Wandmontage oder auf Gestell erhältlich.
SB-Anlagenhersteller Deterding stellte weitere Möglichkeiten der Selbstversorgung aus. Die Service-Säulen aus Edelstahl bieten Luft, Duft, Scheibenreiniger, Reifenluft oder Papier- und Mikrofasertücher und damit zusätzliche Erträge ohne Personalaufwand. Auch Bellanet, Hersteller von Mikrofasertüchern, zeigte neben dem Tuchsortiment für den reinlichen Autofahrer oder auch für Aufbereitungsprofis gleich den passenden Verkaufsautomaten. Hochwertige Mikrofasertücher sind ebenfalls das Metier von Polyclean. Die Silikon-freien Tücher aus P-9000-Mikrofaser sind in unterschiedlichen Qualitäten, mit weichem Einfassband oder Ultraschall-geschnitten ohne Einfassung zur Vermeidung von Schlieren während des Polierens erhältlich.
Pflegeleichtes Rohr
TCW Microvel hat für die Aufnahme des Waschbürstenmaterials ein neues Rohrsystem entwickelt, das die Ablagerung von Schmutz in den Kederaufnahmeschlitzen verhindert. An den einzelnen Waschlappen findet sich kein herkömmlicher Keder, sondern eine Kunststoffleiste, die bündig in die Aufnahme passt, zusätzlich mit Silikon vergossen wird und eine durchgehend geschlossene Oberfläche bildet. Zusammen mit der Pulverbeschichtung lassen sich die Rohre einfach sauber halten und verringern deutlich den Verschleiß an Keder, Waschlappen und Rohren. Freie Schlitze werden mit einem Dummy oder einer LED-Leiste ausgefüllt, die ein gekapselter Dynamo mit Strom versorgt. Das neue Rohrsystem liegt preislich auf dem Niveau der bisherigen Rohrsysteme, passt für Christ und Dico-Anlagen, mit Adapter für alle anderen.
Die Besonderheit der neuen Premium-Baureihe Solidclean von Nais ist die spezielle Art der Filterregeneration. Die Filterglasperlen werden quasi in einem speziellen Waschprogramm ein Mal pro Woche automatisch „gewaschen“ und in einen Neuzustand versetzt. Dieses System wird derzeit an einer Waschstraße getestet.
Kundenkreis erweitern
Wachsender Beliebtheit an Waschplätzen erfreuen sich Hundewaschanlagen. Die Firma Prodogwash verzeichnet eine rasante Zunahme der Anfragen. Ihre Edelstahlanlage wurde sowohl art- als auch kundengerecht entwickelt. So bietet sie verschiedene Spezialprogramme zum Waschen und Trocknen der Hunde bis hin zum präventiven Floh- und Zeckenschutz. Die Anlage desinfiziert sich über Nacht selbsttätig und erlaubt Fernzugriff über eine App. Füllstandsmeldungen der besonders hautfreundlichen Shampoos gehen automatisch in die Zentrale und lösen bei Bedarf die Nachlieferung aus. Auch überdachte oder Containerversionen sind verfügbar.
(Autor: Dieter Väthröder; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 6/2019.)