Angesichts eines schwachen Marktumfeldes und schwieriger Rahmenbedingungen auf dem deutschen Kernmarkt verstärkt der Industriegase-Produzent und Kraftstoffe- und Energieanbieter Westfalen seine Aktivitäten in den europäischen Nachbarländern. Um den Hochlauf von grünem Wasserstoff im eigenen Portfolio zu beschleunigen, wird die Unternehmensgruppe ihren ersten Elektrolyseur in Frankreich realisieren. Auch im Bereich Industriegase steigt das Engagement außerhalb des deutschen Marktes – so wird Westfalen unter anderem in ein neues Abfüllwerk in Österreich investieren und die Kapazität eines Werks in der Schweiz nahezu verdoppeln. Rückenwind für die Investitionen gibt das abgelaufene Geschäftsjahr 2023, das das Unternehmen trotz aller aktuellen Einflüsse mit dem höchsten Gewinn der Geschichte abschloss.
"Das macht deutlich: Wir verfügen in vielen Bereichen über das richtige Geschäftsmodell – gerade auch im Hinblick auf unsere beschlossene grüne Transformation und den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energien und das Hineinwachsen in neue, nachhaltige Geschäfte", zeigte sich der Vorstandsvorsitzende der Westfalen-Gruppe, Thomas Perkmann, sehr zufrieden mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr. Die Geschäftszahlen wurden heute (1. Juli 2024) am Unternehmenssitz in Münster präsentiert. "Im Vorausblick auf unsere Westfalen-Vision 2030 wird das Geschäft mit nachhaltigen Produkten und Lösungen zunehmend wichtiger – und dies über alle Bereiche hinweg: Von strombasierter Wärme über umweltfreundliche Flaschengase und E-Mobilität bis hin zu Wasserstoff."
Wasserstoff-Hochlauf verzögert – Mittelstand benachteiligt
"Doch die volatilen Rahmenbedingungen – insbesondere in Deutschland – spiegeln sich mittlerweile auch in der Geschäftsentwicklung wider", erklärt der Vorstandsvorsitzende. So verzögern sich beispielsweise im deutschen Kernmarkt viele Pläne für den Wasserstoff-Hochlauf, auf den das Unternehmen gesetzt hatte, oder sie lassen sich überhaupt nicht mehr so umsetzen wie geplant. "Das Urteil des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds KTF hat natürlich Spuren in der gesamten Branche hinterlassen. Zusagen zu Förderbescheiden galten einfach von heute auf morgen nicht mehr. So kann man als Unternehmen schwer planen", betonte Perkmann.
Europäische Nachbarländer beschleunigen dagegen ihre Wasserstoff-Bemühungen. Dem könne sich Westfalen nur schwer entziehen. So verteidigte Perkmann Investitionsentscheidungen und ergänzt, dass auch der nächste Wasserstoff-Elektrolyseur des Unternehmens wahrscheinlich im Ausland entstehe. "Deutschland muss aufpassen, dass es seinen Technologievorsprung und seine Wettbewerbsfähigkeit beim Wasserstoff nicht einbüßt."
Auch die Bedeutung mittelständischer Unternehmen – Hauptkunden der Unternehmensgruppe insbesondere im Industriegase-Geschäft – die ein weiterer wichtiger Treiber des Wasserstoff-Hochlaufs sein könnten, würden von der Politik unterschätzt. Viele Mittelständler seien an Wasserstoff interessiert, entweder als Produkt oder als Prozessenergie. "Doch die hohen Kosten gegenüber den herkömmlichen Energieträgern rechnen sich für viele Anwendungen gerade für kleinere Unternehmen momentan noch nicht", so Perkmann. Er fordert "irgendeine Form von staatlicher Unterstützung", um die grüne Transformation im Mittelstand zu stärken. Der eingeschränkte finanzielle Rahmen der Politik treffe ganz klar auch das wirtschaftliche Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
2023 wurde mit einem Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) in Höhe von 73,5 Millionen Euro das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte erzielt. Das Ergebnis lag damit 3,5 Millionen Euro über dem Vorjahreszeitraum, in dem bereits eine neue Bestmarke erzielt worden war. Im Geschäftsjahr 2023 realisierte die Westfalen-Gruppe insgesamt einen Umsatz von 2,25 Milliarden Euro nach 2,3 Milliarden Euro im Vorjahr. Der Rückgang des Umsatzes wurde vor allem mit den unsicheren konjunkturellen Aussichten begründet.
Im Geschäftsbereich Mobility will Westfalen neben dem Shop-Geschäft vor allem den Bereich alternative Antriebe ausweiten – unter anderem soll die Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität deutlich ausgebaut werden. Um einen Ladeabsatz von mehr als zwei Millionen kWh an Schnellladestationen zu generieren, sollen in diesem Jahr 32 weitere Schnelllader installiert werden. Das Unternehmen verfügt aktuell über mittlerweile rund 420 Ladepunkte, von denen ein Teil schnelles Laden ermöglicht. Zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres 2023 waren es 360 Ladepunkte.