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Verband: Kritik an neuen Agip-Verträgen

31.08.2017 17:41 Uhr
Verband: Kritik an neuen Agip-Verträgen
Verbandsjurist Dirk Weinzierl warnte Agip-Pächter vor Tretminen in den neuen Verträgen.
© Foto: Michael Simon

Das Tankstellengewerbe Bayern geißelt die neuen Agip-Servicestationsverträge der Eni als „Ferkeleien“. 50 Pächter kennen nun die Risiken einer Unterzeichnung – und müssen sich jetzt entscheiden.

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Am Ende bemühte Günter Friedl eine Allegorie. Um auf Nummer sicher zu gehen, dass selbst die oder der letzte der rund 50 Agip-Pächterinnen und -Pächter nach dreistündiger Warnung den Ernst der Lage verstanden hatte, sagte der Vorsitzende des Tankstellengewerbes Bayern: „Mit diesem Vertrag setzen Sie sich auf einen Schleudersitz, für den die Eni den Auslöser in der Hand hält.“ Zu dieser unheilvollen Überzeugung sind Friedl und Verbandsjurist Dirk Weinzierl durch die Auswertung der neuen Agip-Servicestationsverträge gekommen, die Eni Deutschland aktuell ihren Pächtern zur Unterschrift vorlegt.

Bei einem Treffen hätten Vertreter der MÖG gegenüber Friedl eingestanden, dass der Vertrag seine Tücken habe, aber man lebe den Vertrag ja nicht so. Angeblich habe man den 20 Jahre alten Grundvertrag lediglich runderneuern wollen. An dieser Begründung hegt Verbandsjurist Weinzierl Zweifel. Seine Einschätzung ist, dass Eni mit vielen Freizeichnungsklauseln, dem Ausschluss von gesetzlichen Schutzrechten, einseitigen Bestimmungsrechten und der Beweislastumkehr die Pächter in ein Abhängigkeitsverhältnis führt und sämtliche Risiken auf sie abzuwälzen versucht. Dabei müssten die Vertragsklauseln noch nicht einmal angewendet werden; deren alleinige Existenz wirkt wie eine Drohgebärde, die den Pächter bei unliebsamem Verhalten gefügig machen soll.

Ohne Abmahnung kündigen
Allen voran die Regelungen zur fristlosen Kündigung: Die ordentliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende muss Eni nicht einhalten, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, beispielsweise wenn der Partner einer vertragswesentlichen Verpflichtung trotz Abmahnung nicht nachkommt.

Noch nicht einmal einer Abmahnung bedarf es, wenn Eni aufgrund besonderer Umstände eine vorherige Abmahnung unzumutbar ist. „Damit wird die Kündigungsfrist auf null gesetzt!“, empörte sich Weinzierl, „vertragswesentlich, besondere Umstände, unzumutbar – das ist alles! Solche unbestimmten Rechtsbegriffe verwende ich doch nur, wenn ich gewillt bin, sie auch einzusetzen.“

Einen weiteren Punkt von insgesamt 35, die er in seiner Vorlage mit Rot („geht gar nicht“) markiert hatte und der Betreibern Bauchschmerzen bereiten könnte, sieht der Jurist in der Klärung des Agenturgegenstands. Nach „billigem Ermessen“ kann Eni das Sortiment an Agenturwaren erweitern oder einschränken. „Mit diesem einseitigen Bestimmungsrecht kann Ihnen Eni ein paar Waren als Agenturwaren aufs Auge drücken, die Sie bislang erfolgreich im Eigengeschäft verkauft haben. Eine kritische Geschichte“, kommentierte er.

Die Eintrittsgebühr, mit der Eni künftig neue Pächter „begrüßt“ und die den gesetzlichen Zweck des Handelsvertreterausgleichs ad absurdum führt, tangierte die anwesenden Agip-Pächter nicht so sehr. Ihnen missfiel besonders, dass Eni in einer Anlage fordert, den Steuerberater des Pächters von der Schweigepflicht zu entbinden und Einblick in sämtliche, mit dem Betrieb der Servicestation im Zusammenhang stehende Unterlagen zu erhalten, unter anderem in das Geschäftskonto. „Das Agenturkonto lasse ich mir ja noch eingehen, aber mein Geschäftskonto geht die einen Scheißdreck an“, zürnte ein Betreiber.

„Was aber, wenn ich nicht unterschreibe?“, fragte eine Pächterin. „Ich sehe das als eine Friss-oder-Stirb-Geschichte“, antwortete Weinzierl. „Es kann sein, dass Agip den alten Vertrag weiterhin akzeptiert. Es kann aber auch sein, dass sie keine Quertreiber will.“ Ein neuer Trend sei die Bestrebung vieler MÖG, im gesamten Netz einheitliche Verträge durchzudrücken. Friedl machte abschließend klar, dass sein Verband nur über die Konsequenzen einer Unterschrift aufklären könne. Man habe kein Streikrecht. Aber er bemühe sich um ein weiteres Gespräch. „Ich muss mich jetzt fragen“, sagte ein Pächter, „ob ich mit jemandem zusammenarbeiten möchte, der mir nach Jahrzehnten guter Arbeit mit so einem Vertrag den Mittelfinger zeigt.“

(Autor: Michael Simon; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 9.)

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