Der Deutsche Zigarettenverband (DZV) hat eigenen Angaben zufolge das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgefordert, „Fehlinformationen der Öffentlichkeit zu unterlassen und künftig Verunsicherungen des Handels und der Verbraucher zu vermeiden“. Konkret geht es um die Frage, ob die Produktkarten, mit denen viele Händler seit Umsetzung der TPD 2 die Bild- und Textwarnhinweise auf Zigaretten und Feinschnitt abdecken, konform mit bestehendem Recht sind.
Dem DZV zufolge sind die Produktkarten "rechtskonform". DZV‐Geschäftsführer Jan Mücke sagt: "Die EU-Tabakproduktrichtlinie ist keine Warenpräsentations‐, sondern eine Produktrichtlinie. Wie Tabakwaren in den Geschäften ausgestellt werden, ist Sache der Händler." Auch das deutsche Recht, das die Richtlinie eins zu eins umsetzt, mache keine abweichenden Vorgaben zur Präsentation der Tabakprodukte im Handel. Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens, also nach dem Verkauf, seien die Warnhinweise auf den Packungen nicht länger verdeckt, argumentiert der DZV. "Die Kennzeichnungs‐ und Verpackungsvorschriften werden somit eingehalten", sagt Mücke.
Maßgeblich ist also der Begriff des "Inverkehrsbringens". Das BMEL verweist auf Nachfrage von Sprit+ auf § 1 Absatz 1 Satz 2 im Tabakerzeugnisgesetz. "Satz 2 stellt klar, dass die Begriffsbestimmung 'Inverkehrbringen' in Artikel 2 Nummer 40 mit der Maßgabe gilt, dass die Bereitstellung von Produkten jede Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Gemeinschaftsmarkt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit umfasst", sagte eine Sprecherin.
Nun sei es an den Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer, "im Einzelfall" zu beurteilen, ob die Anforderungen nach § 11 Absatz 1 Nummer 4 Tabakerzeugnisverordnung erfüllt werden. Darin heißt es, dass die Warnhinweise zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht teilweise oder vollständig verdeckt oder getrennt werden dürfen.
Die Produktkarten, auch Faceplates genannt, waren eine Reaktion der Industrie und des Handels auf die neuen Schockbilder auf Tabakwaren. Weil die Fotos die Tabakwarenregale in ein Gruselkabinett verwandelten und sowohl bei Rauchern als auch Nicht-Rauchern Unbehagen erzeugten, entwickelten die Hersteller Produktkarten, die sich in POS-Vorschubsysteme einfach installieren lassen und die Sicht auf die unappetitlichen Produkte versperren. Als offiziellen Grund für die Einführung der Produktkarten nennt die Industrie übrigens eine bessere Orientierung am Regal für die Verkäufer. (ms)
Weitere Infos zum Thema lesen Sie im Sonderheft Großer Genuss.