Diesen Satz, "ich kann nicht mehr", höre ich in letzter Zeit immer wieder am Telefon. Die Arbeit an den Tankstellen wird für die Pächter immer schwieriger. Kein Personal und wenn man eines hat, dann die Ausfälle wegen Krankheiten. Da wird einem manchmal alles zu viel.
Und dann hört man um einen herum ständig, dass Leute wegen Burn-out Auszeiten nehmen. Warum quält man sich da eigentlich die ganze Zeit? Deshalb die Frage an mich: "Kann ich denn nicht aus gesundheitlichen Gründen kündigen? Dann bekomme ich doch trotzdem einen Ausgleichsanspruch?"
Ausgleichsanspruch trotz Eigenkündigung
Faul und gierig? Nein! Man kann schon verstehen, dass der Pächter dann nicht einfach so gehen will. Schließlich hat man mit der Mineralölgesellschaft ja jahrelang zusammengearbeitet und die bekommt ja die geworbene Kundschaft überlassen. Man selbst muss dann auch die Zeit danach finanziell überbrücken. Den Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB bekommt der Pächter aber bei einer Eigenkündigung nicht. Es sei denn, die Tätigkeit ist ihm wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht mehr zuzumuten.
In diesen Beratungen erzähle ich den Leuten dann immer eine wahre Geschichte. Ich war in den 1990er Jahren beim Kfz- und Tankstellenverband beschäftigt. Bei Fahrten von Nürnberg nach Bonn tankte ich oft bei unserem Mitglied und Delegierten Müller in Kitzingen. Dazu gab es einen Kaffee.
Bei einem dieser Gespräche meinte Müller, er wäre jetzt Mitte 50 und habe keine Lust mehr, die Tankstelle zu betreiben. Ob da nicht was mit einer gesundheitsbedingten Kündigung ginge. Ich erklärte ihm die rechtlichen Voraussetzungen. Danach müsste er mal zu seinem Arzt und den fragen, ob da was bei ihm vorliegt. Müller war bester Laune. "Der ist ein guter Freund von mir. Klar schreibt der mir was! Nächste Woche hörst du von mir und dann machen wir den Sack zu!"
Etwa zwei Wochen später rief mich Müller an. Er weinte fast am Telefon: "Helmling, das war eine saublöde Idee!" Entgegen seinen Erwartungen hatte der Arzt eine ernst zu nehmende Herzerkrankung festgestellt. Müller sah seine Uhr ablaufen und wir mussten tatsächlich schauen, dass er bald zu Hause bleiben konnte. So brutal hatte er sich das nicht vorgestellt!
Genau so brutal ist das aber. Bei den bei mir bearbeiteten Fällen, bei denen eine Kündigung aus gesundheitlichen Gründen ausgesprochen wurde, musste auch eine nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung nachgewiesen werden.
Kündigen wegen Burn-out? Keine gute Idee
Burn-out oder andere Erkrankungen, die mit Heilungen verbunden sein können, reichen oft nicht aus. Es muss nachweisbar sein, dass die Krankheit entweder nur durch die Tätigkeit an der Tankstelle entsteht und deshalb bleiben wird (etwa Allergien) oder sie trotz medizinischer Behandlungen danach nicht weg sein wird. Alles andere könnte zum Beispiel durch das Einsetzen eines Geschäftsführers als Interimslösung bewältigt werden, was die Rechtsprechung für den Pächter als zumutbar betrachtet.
Die Krankheit muss also ernsthaft sein. Vorübergehende Erkrankungen reichen für eine Kündigung aus gesundheitlichen Gründen nicht aus. Ich muss hier bei jedem Fall genau prüfen, was der behandelnde Arzt bestätigen kann.
Deshalb ist auch dringend davor zu warnen, eine gesundheitlich begründete Kündigung auszusprechen, wenn man nicht weiß, ob diese tatsächlich durchgreift. Sonst wird diese als Eigenkündigung ohne Grund gewertet und man ist die Tankstelle und den Ausgleichsanspruch auf einmal los!
Hohes finanzielles Risiko
In Fällen, wo so eine Sache dann vor Gericht geht, besteht die Möglichkeit, dass der Pächter dann bei einem vom Gericht bestimmten unabhängigen Arzt seine Erkrankung beweisen muss. Man hört schon heraus, dass das mit viel Geld verbunden sein wird. Wenn man da keine Rechtsschutzversicherung für solche Fälle hat, kann einen die Vorleistungspflicht für den sachverständigen Arzt schon erdrücken.
Deshalb muss ein solcher Schritt sehr gut überlegt sein. Und die Gründe müssen auch wirklich stichhaltig belegbar sein.
Andererseits zeigt das auch, dass bei einer begründeten dauerhaften Erkrankung durch die Tätigkeiten an der Tankstelle einer Kündigung mit der Folge einer Ausgleichsanspruchszahlung nichts im Wege steht. Wenn das sauber vorbereitet ist, stellt sich da auch keine Mineralölgesellschaft quer. Da wird auch dieser das finanzielle Risiko sonst zu hoch.
Aber man kann auch Glück haben: Bei einem Fall saß ich mit dem Mandanten im Gerichtssaal beim ersten Verhandlungstermin. Der hatte vor Aufregung einen leicht roten Kopf. Die Gegenseite brachte vor, dass sie die vorgetragene Erkrankung für erfunden hielt. Da ging die Richterin auf den Vertreter der Mineralölgesellschaft los und meinte: "Das sieht man doch, dass der Mann krank ist. Für das Gericht ist das eindeutig. Da brauchen wir kein Gutachten!"
Wir konnten uns dann ohne kostspieliges Gutachten vernünftig vergleichen. So kann es auch gehen.
Abschließend wünsche ich dem Leser aber lieber eine gute Gesundheit! Das ist mit keinem Geld der Welt auszugleichen!