Der Leiter einer Tankstelle ist nicht selbständig tätig, wenn er lediglich seine reine Arbeitskraft für eine Gesellschaft zur Verfügung stellt und dafür einen pauschalen Stundensatz erhält. Solange er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Verkaufspreise hat, kein eigenes Personal einstellt, keine laufenden betrieblichen Aufwendungen hat und kein eigenes Vermögen einsetzt, steht er in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Zu diesem Urteil kam das Sozialgericht Stuttgart.
Im entschiedenen Fall führte ein Mehrheitsgesellschafter zwei Tankstellen in der Rechtsform der GmbH. Die Leitung einer der beiden Stationen übertrug der Mehrheitsgesellschafter auf einen Mitarbeiter, der ab 2005 mit einem Gesellschaftsanteil von 20 Prozent und einem Kapitaleinsatz von 20.000 Euro Gesellschafter der Klägerin war.
Das Gericht ging von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis aus, weil solche Vereinbarungen wie im vorliegenden Fall "im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit" sind. Durch sie sollen Arbeitnehmerrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgangen werden.
Als tatsächlicher Arbeitgeber muss der Mehrheitsgesellschafter nun sämtliche Sozialversicherungsbeiträge für den Tankstellenleiter nachentrichten. Daneben erwartet ihn möglicherweise noch ein Strafverfahren wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und ein Steuerstrafverfahren wegen Lohnsteuerhinterziehung. (Dirk Petri/ms)
Sozialgericht Stuttgart
Urteil vom 8. März 2016
Az.: S 8 KR 4005/14