Mitte Mai 2019 hat das Start-up Lilium den erfolgreichen Jungfernflug seines Elektroflugtaxis auf dem Sonderflughafen in Oberpfaffenhofen bei München vermeldet. Wo diese Flugtaxis starten und landen können, darauf gab Aral eine Antwort: nämlich auf dem Dach der Tankstelle der Zukunft. Schon im November 2018 stellte die Mineralölgesellschaft einen Teil der gleichnamigen Studie vor, die das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) durchgeführt hat.
In diesem ersten Teil ging es um die Tankstelle im Jahr 2040 in der Stadt. Darüber hinaus entwickelte das Forscherteam des DLR Szenarien für Stationen im städtischen Umfeld, auf dem Land und für Autobahntankstellen und stellte diese nun bei einer Pressekonferenz in Berlin vor.
Ausgehend von Daten aus dem Jahr 2010 entwickelte das DLR ein Basisszenario für das Jahr 2040, das das gegenwärtige Mobilitätsverhalten auf die zukünftige Bevölkerungsstruktur überträgt. Dabei kam das Verkehrsmodell Demo zum Einsatz, welches die demografischen Entwicklungen und mobilitätsbezogene Rahmenbedingungen wie den Ausbau laut Bundesverkehrswegeplan 2030 berücksichtigt.
Wichtig waren Barbara Lenz, die die Studie geleitet hat, zwei Punkte. Zum einen, dass es sich bei den Ergebnissen nicht um eine Prognose, sondern um Szenarien handelt. Und zum anderen, daran anknüpfend, dass sie und ihr Team diese Szenarien basierend auf heutigen politischen Voraussetzungen und Entwicklungen erstellten. Das bedeutet, mögliche zukünftige Entscheidungen der Politik, die die Grundbedingungen verändern, fließen in die Studie nicht ein.
Was ändert sich bis 2040?
Grundsätzlich geht die Studie von folgenden Bedingungen im Jahr 2040 aus: Die Bevölkerung sinkt auf 77 Millionen Menschen, die weiter zunehmend in Großstädten und Großstadtregionen leben. 43,1 Millionen Pkw legen knapp 700 Milliarden Kilometer im Jahr zurück, eine Steigerung um elf Prozent. 3,4 Millionen Nutzfahrzeuge verdoppeln ihre Fahrleistung auf 200 Milliarden Kilometer pro Jahr. Hybridfahrzeuge (Diesel-, Benzin- sowie Plug-in-Hybride) stellen die größte Gruppe im Antriebsmix, sowohl bei Pkw als auch bei Nutzfahrzeugen. 25 Prozent des Pkw-Bestandes sind autonome Fahrzeuge, dazu zählen auch teilweise Car-Sharing- und Car-Pooling-Angebote, die vor allem in Städten und dem städtischen Raum zunehmen. Diese Entwicklungen führen dazu, dass das Tankstellengeschäft um ganz neue Services erweitert wird. Welche das sind, unterscheidet sich je nach Lage der Station.
+ Tankstelle im städtischen Kreis
Tankstellen im Speckgürtel von Großstädten werden im Jahr 2040 vor allem Umsteigeplätze für Pendler sein. Sie fahren mit dem Privatfahrzeug dorthin und wechseln auf kollektive Verkehrsmittel. Denkbar sind Sharing- oder Poolingfahrzeuge ebenso wie ein Premium-ÖPNV, der auf separaten Spuren fährt und so den Berufsverkehr umgeht. Auch den Umstieg in ein Flugtaxi, das auf dem Dach der Tankstelle landet, nennt die Studie als Möglichkeit. Auf dem Heimweg können die Pendler einkaufen oder ihre Pakete aus der Packstation mitnehmen. Diese Tankstellen sind daneben für Flottenbetreiber ein guter Ausgangspunkt für Autowäsche, kleinere Reparaturen sowie einen Ladestopp.
+ Tankstelle auf dem Land
Während in der Stadt kollektive Verkehrsmittel an Bedeutung gewinnen, bleibt auf dem Land das eigene Auto zentral für die Mobilität. Durch die Landflucht der Menschen dünnen die Infrastruktur und örtliche Nahversorgung außerhalb der Städte und städtisch geprägten Kreise zunehmend aus. Die Tankstelle der Zukunft auf dem Land soll deshalb ein erweitertes Shopangebot mit Lebensmitteln und Haushaltsartikeln bieten. Zudem kann man einen Synergieeffekt zwischen Tankstellen und Logistik in Form eines kombinierten Personen- und Güterverkehrs nutzen. Dienstleister wie Handwerker oder Pflegedienste nehmen an der Station Lieferungen für ihre Kunden mit, die die Paketdienste dort abgeben.
+ Tankstelle an der Autobahn
Die DLR-Forscher gehen davon aus, dass sich der Güterverkehr bis zum Jahr 2040 verdoppelt. Damit erwartet Aral auch einen wachsenden Bedarf an Services für Nutzfahrzeuge und ihre Fahrer. Dazu zählen zum Beispiel Truckerlounges und Waschstraßen für Lkw. Daneben will man Alternativen wie Ladesäulen für Lkw sowie LNG und CNG anbieten. Ein weiterer Trend für den Güterverkehr könnte das autonome Fahren werden.
In diesem Szenario wird die Autobahntankstelle ebenfalls zum Umsteigeplatz: Autonome Lkw bringen auf festgelegten Routen die Waren dorthin, ein Berufsfahrer übernimmt sie und bringt sie zum Ziel. Dafür sind in der Autobahntankstelle der Zukunft Parkflächen für nicht benötigte Zugmaschinen sowie funktionelle Schlafräume für die Fahrer vorgesehen.
Auch Fernbusse halten an der Autobahntankstelle und lassen ihre Passagiere dort in kleinere Shuttle-Busse umsteigen. Damit die Gäste Wartezeiten gemütlich überbrücken können, haben die Stationen ein Bistro, eine Wartelounge und einen Shop.
(Autorin: Julia Richthammer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 6/2019.)