Nicht öffentlicher Teil
Morgens, um kurz nach halb zehn, als Geschäftsführer Thomas Drott anhob, den Geschäftsbericht für das Jahr 2016 zu verlesen, waren die Sitzreihen im Konferenzraum des Parkhotels Gütersloh gut gefüllt. Das ist deshalb eine Bemerkung wert, weil der Bundesverband Tankstellen und gewerbliche Autowäsche (BTG) seine Jahrestagung am Vorabend mit einer Besichtigung der Brauerei Potts in Oelde begonnen hatte, an die sich eine süffige Bierverkostung mit Abendessen angeschlossen hatte.
Im geschlossenen Teil der Mitgliederversammlung trug Drott sodann die Bemühungen seines Verbands im vergangenen Geschäftsjahr 2016 vor. Als Erfolg verbuchte der BTG für sich und die anderen Betreiberverbände die Einrichtung der Schiedsstelle für Mitglieder als weiteren Baustein des Verhaltenskodex. Ebenso stand der Verband den Unternehmen rund um Themen wie den Mindestlohn, Zollkontrollen, GoBD-konforme Kassen beratend zur Seite. Derzeit arbeitet der BTG an einem Merkblatt zur Winterwäsche, das noch 2017 erscheinen und in das die Expertise des ADAC einfließen soll. Mit Deutschlands größtem Automobilclub sei der Kontakt verstärkt worden, er hoffe, „künftig konstruktiv mit dem ADAC zusammenzuarbeiten“, erklärte Drott.
Konstruktiv habe man auch mit der Mineralölgesellschaft Eni Deutschland (Agip) in diesem Jahr gesprochen. „Leider“, bedauerte Drott, „hat Eni keine Veränderungen am Vertrag vorgenommen“ (Sprit+ berichtete in Ausgabe 9.2017). Auch das Engagement des BTG, sich mit einem Gesetzesänderungsvorschlag an die Bundesregierung zu wenden, um Kraftstoffdiebstähle härter zu bestrafen, blieb wirkungslos. Das lag auch an der mangelhaften Beteiligung der Mitgliedsunternehmen, von denen lediglich drei der Bitte der Verbandsführung nachgekommen waren, möglichst viele Einstellungsbescheide der verschiedenen Staatsanwaltschaften zu übersenden. „Damit kann bei dem Justizministerium nicht weiter verhandelt werden“, hielt der Verband fest. Kooperativer zeigten sich die Mitglieder dafür in der Versammlung: Haushalt, Etat, Entlastung des Vorstands und der Geschäftsführung sowie eine Beitragserhöhung wurden ebenso einstimmig abgesegnet wie die zur Wahl stehenden Vorstandsmitglieder.
Öffentlicher Teil
Den anschließenden öffentlichen Teil, der traditionell für Impulsvorträge reserviert ist, eröffnete Stefan Busse, Geschäftsführer des Planungsbüros Ebeling. Mit rührseligen Bildern skizzierte er die Geschichte der Tankstelle, die „dem einen oder anderen eine nostalgische Träne entlockt“ hätten, bemerkte der Vorstandsvorsitzende Joachim Jäckel. Aus seiner beruflichen Praxis berichtete Busse, dass beim Bau von Waschstraßenprojekten die Überdachung des kompletten Areals als Trend zu beobachten sei, „um dem Kunden eine komfortable Reinigung zu ermöglichen“. Auch würden seine Kunden mit Glas und einfallendem Licht besondere Erlebnisse schaffen wollen.
Seine Anmoderation auf den nächsten Redner wollte Jäckel ausdrücklich nicht als Schleichwerbung verstanden wissen, jedoch könne er seinen Mitgliedern Stefan Hartleff aus eigener Erfahrung guten Gewissens empfehlen. Hartleff, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Plan Energie, zeigte den Zuhörern auf, an welchen Stellen Tankstellen und Waschstraßen Energie einsparen können. Das fange bereits vor dem Bau der Anlagen an: Betreiber sollten die Gelegenheit nutzen und die Modalitäten des Baukostenzuschusses mit dem örtlichen Netzbetreiber verhandeln. Auch müsste die Frage geklärt werden, in welcher Spannungsebene man an das Netz angeschlossen werden möchte und ob es zusätzlich einen Trafo brauche.
Sparen beim Energieanbieter
Bei der Energiebeschaffung gehe es für den Betreiber anschließend darum, nach einer Ausschreibung aus 20 bis 30 Anbietern das beste Angebot ausfindig zu machen. Im Normalfall betragen die Preisdifferenzen ein bis zwei Cent pro kWh, was gering klinge, aber bis zu 15 Prozent höhere Energiekosten verursachen könne, betonte Hartleff. Und nicht nur die Preiskonditionen gelte es aufmerksam per umfangreicher Excel-Auswertung zu prüfen, auch die Verträge beinhalten Stolperfallen wie beispielsweise die Mengenklausel, die wieder mehr Stromanbieter in die Verträge schreiben: Nimmt der Betreiber zu gewissen Zeiten nicht die vereinbarte Mindestmenge an Strom ab, zahlt er trotzdem dafür.
Sparen können Betreiber auch bei der Wahl ihres Messstellenbetriebs. Im Zuge des sukzessiven Einbaus moderner Messeinrichtungen werden analoge Stromzähler gegen digitale Zähler ausgetauscht, die die Daten in ein Portal senden. Ab 6.000 kWh Jahresverbrauch sind diese Geräte schon jetzt Pflicht, legte Hartleff dar. Den Aufwand lassen sich die diversen Messstellenbetreiber unterschiedlich bezahlen: Eine Leistungsmessung kostet je nach Region und Anbieter zwischen 150 und 1.500 Euro, warnte der Energieexperte. Es besteht jedoch auch hier die Möglichkeit den Messstellenbetreiber zu wechseln und einen günstigeren Anbieter zu beauftragen.
Ob sich die eigene Produktion von Strom rentiert, sei auch aufmerksam zu prüfen, sagte Hartleff. „Der Betrieb eines Blockheizkraftwerks oder einer Photovoltaikanlage sind nur sinnvoll, wenn Strom und Wärme vor Ort auch tatsächlich verbraucht werden.“ Oft erlebe er überdimensionierte, zu leistungsstarke Anlagen. Auch wies er daraufhin, die Eigenverbrauchsmeldung bis zum 28. Februar des Folgejahres zu beachten. Verstößt der Betreiber gegen diese Meldepflicht, muss der Anlagenbetreiber für nach dem 01.08.2014 errichtete anlagen den selbstverbrauchten die EEG-Umlage zu 100 % statt 40 % bezahlen. Weitere Effizienzmaßnahmen können Spezialisten bei einer Vor-Ort-Beratung ausfindig machen. Diese Analyse werde mit 80 Prozent für bis zu zehn Beratertage gefördert, wobei für ein kleines Unternehmen drei bis vier Tage ausreichend seien, meinte Hartleff. Ein Beratertag koste rund 1.000 Euro.
Digitale Werbetafel
Ein greifbareres Thema porträtierte Henrich Oevermann aus dem Vorstand des BTG. An seiner Waschstraße in Lübbecke nutzt er die Frequenz der vorbeiführenden Hauptstraße, um mit einer digitalen Werbetafel auf die eigene Waschanlage hinzuweisen oder diese für Werbung anderer Firmen zu vermieten. Bei rund 7.500 Kraftfahrzeugen, die täglich in Fahrtrichtung an der digitalen Werbetafel vorbeifahren, errechnete Oevermann ein Potenzial von 9.500 Kontakten, wenn 1,3 Personen im Auto sitzen. Gegenüber einer Annonce in den beiden Haupttageszeitungen, die – so die Kalkulation von Oevermann – einmalig 2.500 bis 4.000 Kunden erreiche, sei die Werbewand klar im Vorteil. Zumal man die Kunden mit einer Standardschaltung von einem Monat immer wieder konfrontiere. Webepartner seien meist regional zu finden.
Schwierigkeiten wollte Oevermann nicht unter den Tisch fallen lassen: Die 5.000 Euro teure Genehmigung der Start war nicht leicht zu beschaffen, schon die Bezeichnung und die Taktung können über Gedeih und Verderb entscheiden. Auch sei die Vermarktung nichts, was ein Betreiber nebenher miterledigen könnte. „Eine intensive Vermarktung ist erforderlich. Ich empfehle, mit Profis zusammenzuarbeiten, die sich mit der Technik auskennen.“ Trotz aller Zufriedenheit mit seiner Anlage, die seit sechs Monaten im Betrieb ist, hat Oevermann den geplanten Return of Invest von zwölf auf 24 Monate verschoben. Dann erwartet er, die investierten 85.000 Euro netto wieder eingenommen zu haben.
Gefährdungsbeurteilungen für Waschstraßen
Sicherheitsexperte Thorsten Bernshausen hat in der Praxis viele Gefährdungsbeurteilungen im Auftrage von Fahrzeugwaschstraßen angefertigt. Er erläuterte den Mitgliedern, wie sich aus § 3 des Arbeitsschutzgesetzes die Garantenpflicht des Arbeitgebers für seine Angestellten im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ergibt. Proaktives, vorbeugendes Handeln sei wichtig, um sich bei einem Unfall nicht schadensersatzpflichtig zu machen, im schlimmsten Fall hafte der Geschäftsführer auch mit privatem Vermögen.
Damit entsprechende risikoreduzierende Maßnahmen eingeleitet werden können, benötigt es eine Gefährdungsbeurteilung, die gemäß § 6 Arbeitsschutzgesetz dokumentiert werden muss. Bernshausen zeigte anhand einiger Beispiele, wie das Risiko durch die Analyse des Arbeitsmittels (zum Beispiel HD-Reiniger), der Arbeitsumgebung (Waschplatz) und des Arbeitsgegenstands (Auto) deutlich reduziert werden kann. Mit einer angemessenen Analyse und der Schulung des Personals können so die Schwere möglicher Verletzungen und die Häufigkeit des Risikos deutlich verringert werden.
Michael Börstler hat als Geschäftsführer des Unternehmens Top Wash Autopflege mit Bernshausen bereits zusammengearbeitet. Er könne von Glück sagen, dass ihn sein Mitarbeiter vor einiger Zeit nicht verklagt habe, als diesen ein Rentner bei der Vorwäsche über den Haufen fuhr. Eine Gefährdungsbeurteilung hätte er der Berufsgenossenschaft nicht vorweisen können und wäre somit persönlich haftbar gewesen. „Eine Gefährdungsbeurteilung kann man allein mit gesundem Menschenverstand nicht machen“, meint Börstler, „schon die Gesetzesänderungen kann man nicht ständig mitverfolgen“.
Zur Lage der Branche
Danach gewährte Dirk Greife, Geschäftsführer des Mittelständlers Classic-Tankstellen Einblick in seine Einschätzung zur wirtschaftlichen Entwicklung für die Tankstellenbranche. Seiner Meinung nach wird es die klassische Tankstelle zumindest noch 15 Jahre weiter geben. Greife sieht zum jetzigen Zeitpunkt die alternativen Antriebsarten als noch nicht ausgereift. Wären sie serienreif, wären sie bereits weiter verbreitet. Auch die Stromfahrzeuge sind noch keine Ersatzlösung, da weder die Stromversorgung gesichert noch die Reichweitenproblematik gelöst sind.
Das durchschnittliche Fahrzeugalter in Deutschland beträgt 9,3 Jahre. Allein hieraus folgt, dass eine spontane Umstellung von fossilen Kraftstoffen auf Strom nicht erfolgen wird. Sofern E-Fuels auf den Markt kommen, könnte das die Entwicklung der Stromautos noch verlangsamen. Stromautos sieht er eher als Zweitwagenlösung im Innenstadtbereich für Kurzstreckenfahrten.
Unternehmensnachfolge
Das Schlussreferat gehörte Michael Dattner, der erläuterte, wie man die Unternehmensnachfolge im Autowaschgeschäft sinnvoll plant. Dattner, aktuell selbst dabei, den Generationenwechsel durchzuführen, findet es wichtig, die eigenen Kinder nicht in eine Rolle hineinzudrängen. Besonders wichtig sei es, sich für die Nachfolge Zeit zu lassen. Der Übergabeprozess erstreckt sich optimaler Weise über viele Jahre und sollte peu à peu vonstattengehen. Sinnvoll sei es, das eine oder andere Ressort nacheinander zu übergeben, um so eine Kontinuität des Betriebes sicherzustellen.
(Autor: Michael Simon; der Artikel erschien in kürzerer Fassung in Sprit+ 12.2017.)