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Bundestag: Regeln zu Diesel-Fahrverboten beschlossen

15.03.2019 09:11 Uhr
Bundestag: Regeln zu Diesel-Fahrverboten beschlossen
Fahrverbote sollen "in der Regel" unverhältnismäßig sein, wenn die Belastung mit NO2 im Jahresmittel 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreitet.
© Foto: picture alliance/Christian Ohde/chromorange

Einheitliche Regeln sollen ein Chaos hinsichtlich der Diesel-Fahrverbote vermeiden - und Ausnahmen für bestimmte Unternehmen und Privatleute festschreiben. Das hat der Bundestag am Donnerstag beschlossen.

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Ausnahmen für neue Diesel-Autos, Kontrollen nur als Stichproben: Die große Koalition will die Folgen von Fahrverboten in Städten möglichst gering halten. Eine der wichtigsten Regelungen, die der Bundestag am Donnerstag in Berlin beschloss: Sperrungen für ältere Diesel sollen in der Regel nur in Städten mit relativ deutlicher Überschreitung der Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid (NO2) als verhältnismäßig gelten. Der Bundesrat ließ am Freitag das vom Bundestag beschlossene Gesetzespaket passieren. 

Umweltstaatssekretär Florian Pronold (SPD) betonte, der Grenzwert werde nicht verändert. "Fahrverbote sind ein hartes Mittel, und sie sind erst dann verhältnismäßig, wenn nicht mit anderen Mitteln abzusehen ist, dass sehr bald die Grenzwerte eingehalten werden können." Von der Opposition kam scharfe Kritik.

Im Bundestag war für die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes ein sogenannter Hammelsprung nötig, da bei der normalen Abstimmung keine eindeutige Mehrheit der großen Koalition erkennbar war, wie Vizepräsident Wolfgang Kubicki feststellte. Bei dem Verfahren müssen die Abgeordneten durch drei Türen - für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung - in den Plenarsaal gehen. Dazu kam auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die an einer Sitzung des Koalitionsausschusses von Union und SPD teilnahm, zurück ins Plenum. Die Auszählung ergab eine Mehrheit von 51 Stimmen, die Kubicki mit "Noch mal gut gegangen" kommentierte.

Die wichtigsten Punkte der beschlossenen Diesel-Gesetze:

- Fahrverbote sollen "in der Regel" unverhältnismäßig sein, wenn die Belastung mit NO2 im Jahresmittel 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreitet. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm und ändert sich damit nicht - bei relativ geringer Überschreitung soll er aber mit anderen Mitteln erreicht werden, nicht über das Aussperren älterer Diesel.

- Wo es Fahrverbote gibt, sollen die noch ziemlich neuen Euro-6-Diesel ebenso ausgenommen sein wie nachgerüstete Busse, schwere Kommunalfahrzeugen etwa von Müllabfuhr und Feuerwehr und von privaten Entsorgungsfirmen, sowie nachgerüstete Handwerker- und Lieferfahrzeuge.

- Auch ältere Diesel, die nach einer Verbesserung der Abgasreinigung weniger als 270 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen, sollen nicht von Fahrverboten betroffen sein.

- Überwacht werden sollen Fahrverbote anhand der Nummernschilder nur stichprobenartig und mit mobilen Kontrollgeräten. Heimliche Aufnahmen und Videos sind nicht erlaubt, die Daten müssen spätestens nach zwei Wochen wieder gelöscht werden.

- Zudem wird nochmals ausdrücklich bekräftigt, dass Kommunen weitere Ausnahmen zulassen können - besonders nach der bestehenden Regelung, wenn "unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern".

Die Zeit drängt, denn in Hamburg und Stuttgart gibt es bereits Fahrverbote für ältere Diesel. Weitere könnten bald folgen. Neuere Daten der Landesumweltbehörden zeigen, dass in vielen Städten der Grenzwert noch immer deutlich überschritten ist, es laufen noch mehrere Gerichtsverfahren nach Klagen der Deutschen Umwelthilfe.

Mit der längerfristigen Zukunft des Verkehrs in Deutschland beschäftigten sich Merkel, die Koalitionsspitzen und mehrere Fachminister am Donnerstag ebenfalls: Im Kanzleramt trafen sie die Köpfe einer von der Regierung dazu eingesetzten Kommission, der "Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität". Dort arbeiten unter anderem Vertreter der Autobranche, der Arbeitnehmer, der Umweltschutzverbände, der Bahn und des ADAC an einem Konzept für moderne Mobilität.

Regelmäßige Spitzengespräche mit der Autoindustrie

Die Koalition will künftig in regelmäßigen Spitzengesprächen mit der Autoindustrie die für Deutschland sehr wichtige Branche fit für die Zukunft machen. "Angesichts der schnellen und tiefgreifenden Veränderungen in der Automobilwirtschaft" planen Union und SPD eine "Konzertierte Aktion Mobilität", wie es in einem Ergebnispapier des Koalitionsausschusses heißt, das der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlag. Man wolle regelmäßige Gespräche, "um zügig die politischen Handlungsnotwendigkeiten zu identifizieren und in einer nachhaltigen Strategie umzusetzen".

Mit besonderer Spannung wird erwartet, was in einem am 29. März erwarteten Zwischenbericht zum Thema Klimaschutz steht. Denn in den vergangenen 20 Jahren hat der Treibhausgas-Ausstoß im Verkehr nicht abgenommen - aber in den kommenden zehn Jahren soll er um 40 bis 42 Prozent sinken. Auf dieses Ziel hatte die schwarz-rote Koalition sich 2016 verständigt, die jetzige große Koalition bekennt sich im Koalitionsvertrag dazu.

Vor dem Kanzleramt demonstrierten Greenpeace-Aktivisten für ein Umdenken in der Verkehrspolitik: Sie stellten direkt vor der Zufahrt einen Pkw mit der Aufschrift "Bitte wenden!" so auf, dass es aussah, als stecke er mit der Motorhaube im Boden - und zwangen unter anderem Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), zu Fuß zu Merkels Amtssitz zu gehen. (dpa)

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