Die Europäische Union und Deutschland verfolgen im Rahmen ihrer energieund klimapolitischen Zielsetzung eine Stärkung der Energieeffizienz bis zum Jahr 2050. Deshalb müssen alle Unternehmen, die unter die Definition eines Nicht-KMU fallen, seit 2015 ein Energieaudit vorweisen.
Betroffen sind Unternehmen, die 250 oder mehr Personen oder weniger als 250 Personen beschäftigen, aber mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz und mehr als 43 Millionen Euro Jahresbilanzsumme vorweisen. Die Mitarbeiterzahl entspricht der Zahl der während eines Jahres beschäftigten Vollzeitarbeitnehmer. Teilzeitbeschäftigte und Saisonarbeiter werden anteilig, Auszubildende nicht berücksichtigt. Wichtig bei der Betrachtung des Schwellenwertes ist außerdem, dass die Daten von Beteiligungen und Partnerunternehmen wie etwa ein Mineralölhandel in die Betrachtung miteinfließen.
Kleine MÖG betroffen
„Kleine mittelständische Mineralölgesellschaften mit 20 oder 30 Tankstellen sollten sich unbedingt mit diesem Thema auseinandersetzen“, rät Frank Schaffhirt, Geschäftsführer der Egus Energieberatung. Zwar liegen diese Unternehmen mit ihrer Mitarbeiterzahl in der Regel unter der Grenze, da Pächter und Eigentümer sowie ihr Personal nicht eingerechnet werden. Die finanziellen Schwellenwerte können hingegen schnell durch das Inkasso der Mineralölsteuer überschritten werden. Diese Unternehmen fallen damit unter die Auditpflicht, außer sie können ein zertifiziertes Energiemanagementsystem nach der DIN EN ISO 50001 oder ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (EMAS) vorweisen.
Ein von der Auditpflicht betroffenes Unternehmen ist die BMV Mineralöl Versorgungsgesellschaft, die aufgrund ihrer Konzernstruktur mit mehreren Tochterunternehmen unter die Definition als Nicht-KMU fällt. „Ich bin über meine Arbeit im Energieausschuss der IHK darauf aufmerksam gemacht worden, dass unsere Größenordnung von dem Gesetz betroffen ist“, erzählt Duraid El Obeid, Vorsitzender der Geschäftsführung und Gesellschafter der BMV. Über seinen ehemaligen Arbeitgeber sei er dann mit Egus in Kontakt gekommen, die Unternehmen beim Thema Energieeffizienz berät und Audits gemeinsam mit externen Experten organisiert.
Ein Audit durchführen darf entweder ein unabhängiger externer Auditor mit entsprechender Qualifikation und Zulassung wie im Falle der BMV. „Auch Energieversorger bieten diese Leistung an. Allerdings ist das nicht unkritisch, weil jemand, der einem Kunden gleichzeitig etwas liefert, eigentlich nicht unabhängig ist“, betont Schaffhirt.
Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, einen Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens mit dieser Aufgabe zu betrauen, wenn er die entsprechende Qualifikation nachweisen kann. „Ich weiß aber aus Erfahrung, dass bei Kontrollen sehr genau hingeschaut wird, wenn das Audit durch eine interne Person durchgeführt wird“, ergänzt der Egus-Geschäftsführer. Zuständig für die Überprüfung der Durchführung des Audits ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), das etwa 20 Prozent aller verpflichteten Unternehmen stichprobenartig innerhalb der vierjährigen Periode überprüft.
Unabhängig davon, wer das Audit durchführt, müssen mindestens 90 Prozent des gesamten Energieverbrauchs erfasst werden, damit das Audit als repräsentativ gilt. Der gesamte Energieverbrauch ist definiert als Menge der eingesetzten und vom Unternehmen selbst verbrauchten Endenergie. Dafür erfasst der Auditor Daten aller Energieträger wie Strom, Brennstoffe, Wärme, erneuerbare Energieträger und Kraftstoffe und berücksichtigt dabei alle Anlagen, Standorte, Prozesse, Einrichtungen und den Transport des Unternehmens. Auch Verkaufsräume, Verwaltungsräume, Lagerräume oder vergleichbare Räumlichkeiten fließen bei der Ermittlung des Gesamtenergieverbrauchs mit ein.
Unternehmen mit mehreren ähnlichen Standorten können sogenannte Cluster bilden, die als verhältnismäßig und repräsentativ gelten. Im Falle der Mineralölbranche könnten es die Cluster Firmenzentrale, Tankstelle und Automatentankstelle sein. Innerhalb dieser drei Kategorien werden dann beispielsweise die Verbräuche für Strom, Wärme und Beleuchtung unter realen Bedingungen gemessen, die Kosten ermittelt, alles dokumentiert und analysiert. Dabei untersucht der Auditor auch, ob und wie stark Arbeitsabläufe und Nutzerverhalten Einfluss auf die Energieeffizienz haben.
Nach der Messung und Analyse dieser Daten erarbeitet der Auditor gemeinsam mit dem Unternehmen Maßnahmen, um die Energieeffizienz zu verbessern. Im Auditbericht sind schließlich alle Informationen zum Hintergrund, die Dokumentation der Energieberatung und eine Liste der Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz zusammengefasst.
Auch im Falle der BMV hat das Unternehmen einige Maßnahmen ergriffen, nachdem das Audit überraschende Ergebnisse zu Tage gefördert hatte: „Wir hatten zum Teil sehr hohe Verbräuche, die wir für unverhältnismäßig erachtet haben“, erinnert sich El Obeid, der seit 2018 auch das Amt des Vorstandsvorsitzenden des Dachverbandes Mittelständische Energiewirtschaft Deutschland (MEW) bekleidet. Das betraf zum Beispiel die Bereiche Beleuchtung, Kompressoren und Wärmegewinnung. Hier hat die Unternehmensführung deshalb Konsequenzen aus dem Audit gezogen. „Wir haben an den Tankstellen auf LED umgerüstet und zum Teil alte Kompressoren und Klimaanlagen ausgetauscht“, berichtet der Geschäftsführer. Dadurch konnten die Energiekosten an vielen Stellen erheblich gesenkt werden. „Und auch die Partner haben sich gefreut, dass wir Technik vor Ort ausgetauscht haben“, ergänzt er. Daher hat sich das Audit aus seiner Sicht auf jeden Fall gelohnt.
50.000 Euro Bußgeld
Und selbst wenn die Energiekosten nicht erheblich durch die Maßnahmen sinken, kann eine Nichterfüllung der Auditpflicht teuer werden. Denn die Unternehmen müssen auf Nachfrage des Bafa nachweisen können, dass ein Energieaudit durchgeführt wurde oder dass sie von der Verpflichtung freigestellt sind. Wer entgegen seiner Verpflichtung ein Energieaudit nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig durchführt, dem droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 50.000 Euro. Ein Bußgeld kann außerdem fällig werden, wenn ein Unternehmen wahrheitswidrig behauptet, ein KMU zu sein.
Um ein Bußgeld zu vermeiden, sollten betroffene Unternehmen alle energietechnischen Zahlen zu 2017 zusammentragen und die Dokumentation darauf basierend in diesem Jahr fortführen, rät Schaffhirt. Bis Dezember 2019 muss der fertige Auditbericht vorliegen. „Da es nur eine begrenzte Zahl von Auditoren gibt, sollten Unternehmen möglichst am Anfang des kommenden Jahres das Audit machen“, empfiehlt der Experte.
Je nach Unternehmensgröße und bereits vorhandener Dokumentation kann das Audit wenige Wochen bis einige Monate dauern und zwischen 3.000 und 30.000 Euro kosten. Das Audit muss alle vier Jahre wiederholt werden.
(Autor: Annika Beyer; der Artikel erschien im Sonderheft "Bauen 2018" in Sprit+ 3.2018.)
Auf www.sprit-plus.de/energieaudit haben wir Links und Downloads zum Thema Energieaudit zusammengestellt.