Mobile und kontaktlose Zahlverfahren sind in aller Munde. Würde man die mediale Berichterstattung und das öffentliche Interesse zugrunde legen, man müsste annehmen, jeder Zweite nutze die Technik bereits. Tatsächlich aber bezahlt kaum jemand mit dem Smartphone oder einer kontaktlosen Debitkarte. Das ist eine der Erkenntnisse, die Jens Stolte aus der Analyse der Zahlen von mehr als 13.000 Tankstellen, die mehr als 90 Prozent des Marktes abbilden, gewonnen hat. Im Rahmen des von der Uniti veranstalteten Cards- und Automationsforum stellte der Inhaber der Beratungsfirma Stolte Consult seine Jahreserhebung für das Jahr 2015 vor.
Während kontaktlose Zahlvorgänge nur 0,2 Prozent des Gesamtumsatzes an der Tankstelle ausmachen, hat das Bargeld in den vergangenen Jahren überraschend an Beliebtheit gewonnen. Gegenüber der Erhebung von 2012 legte der Bargeldanteil um rund ein Prozent auf jetzt 38 Prozent zu. Diese Entwicklung steht übrigens dem generellen Trend im Handel entgegen, wo der Bargeldanteil am Gesamtumsatz seit 2006 kräftig sinkt, von damals rund 63 Prozent auf heute circa 53 Prozent.
Besonders bei Kleinstbeträgen (Grafik unten) zahlen Kunden offensichtlich gerne bar: 70 Prozent aller Barbezahlungen an der Tankstelle haben einen Wert von weniger als zehn Euro. Zwischen zehn und unter 20 Euro liegt hingegen nur noch jede sechste Rechnung, die bar bezahlt wurde. Hier ist der Anteil am Bargeldumsatz fast deckungsgleich mit dem Anteil an den Transaktionen. Die Spanne beim Einkaufswert über 20 bis 50 Euro hingegen ist wieder sehr groß. Obwohl nur acht Prozent der Barbeträge in diesem Bereich liegen, machen sie 33 Prozent des Umsatzes aus.
Kartenzahlung stagniert
Während im Handel immer noch leicht mehr Umsatz bar als unbar gemacht wird und sich dieses Verhältnis erst in naher Zukunft wenden wird, wird an der Tankstelle längst mehr Geld unbar transferiert. Nur: Die Karten gewinnen nicht weiter an Umsatzanteilen. „Trotz guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen im Downstream-Bereich verharrt das Kartengeschäft an Tankstellen auch im dritten Jahr in Folge ohne Wachstum und somit in einer Stagnationsphase“, resümiert Stolte. Die Debit- und Kreditkarten kommen insgesamt auf rund 45 Prozent Umsatzanteil, das Bargeld wie erwähnt auf 38 Prozent (Grafik rechts). Die übrigen rund 16 Prozent teilen sich auf Trucker-, Flotten- und Stationskarten auf.
Wirft man einen Blick auf die Netzgröße der Mineralölgesellschaften, ergeben sich Unterschiede bei den Bezahlweisen. Bei den sechs größten MÖG (Aral, Shell, Total, Esso, Avia und Jet) ist der Anteil der Flottenkarten am Umsatz mit 23 Prozent bedeutend höher als bei Gesellschaften, die weniger als 200 Tankstellen im Bundesgebiet haben. Dafür ist bei den Mittelständlern der Umsatz bei den Debitkarten entsprechend größer (40 Prozent gegenüber 27 Prozent). Das lässt darauf schließen, dass Geschäftskunden eher bei großen MÖG tanken, wo die Kartenakzeptanz höher ist.
Ein weiterer wichtiger Fakt Stoltes Auswertung: An Tankstellen kleinerer MÖG läuft das Bezahlverfahren mit Debitkarte zu 92 Prozent mit EC-Cash, also mit PIN-Eingabe ab, und nur zu vier Prozent mit Lastschriftverfahren. Bei den „großen sechs“ liegt die Lastschriftquote hingegen bei 30 Prozent (EC-Cash: 66 Prozent). Es bleibt abzuwarten, ob sich die Zahlen der Mittelständler ebenfalls in diese Richtung bewegen werden. Denn im vergangenen Jahr hatten Uniti und BFT mit den Zahlungsdienstleistern B+S Card Service und Ingenico Rahmenverträge abgeschlossen. Das dort vereinbarte Zahlverfahren ist eine Kombination aus elektronischem Lastschriftverfahren und EC-Cash. Nur wenn die Lastschrift nicht ausgelöst wird, wird auf EC-Cash umgestellt.
Angesichts der seit vergangenem Jahr gesunkenen Zahlungsverkehrsentgelte erwartet Stolte, dass viele Unternehmen ihre Debit-Akzeptanzstrategie überdenken. Die digitale Unterschrift und das digitale Belegmanagement für alle unterschriftbasierten Zahlarten würden zu einer Effizienzoption an der Tankstelle werden.
(Autor: Michael Simon; Der Artikel erschien in Ausgabe 3/2016 von Sprit+.)