Am liebsten mögen wir unsere Stammkunden. Wir wissen, an welchen Tagen oder zu welchen Uhrzeiten sie immer vorbeischauen, kennen ihre bevorzugte Zigarettenmarke, ihre geschätzte Biersorte oder Kaffeevariante. Und sie freuen sich, wenn wir schon alles parat haben, wenn sie an die Kasse kommen. Meist fallen noch ein paar beiläufige Worte, man kennt und schätzt sich. Wir kennen auch die Dauergrantler und die notorisch griesgrämigen Kunden. Wir wissen, woran sie sich jedes Mal stören und dass sie trotzdem immer wieder kommen. Beide Kundengruppen gehören zu unserem Alltag an der Tankstellenkasse. Ohne sie würden die vielen unauffälligen, namenlosen Kunden, also die große Mehrheit, ein stetiger, aber langweiliger Fluss durch eine lange Schicht sein.
Die Unangenehmen
Leider gibt es aber auch die richtig unangenehmen Zeitgenossen. Diese Kunden beschweren sich, haben sofort einen vorwurfsvollen Ton am Leib, manchmal in der Sache auch zu Recht, aber eben in ausgesprochen unfreundlicher Form und oft nicht beim eigentlich Verantwortlichen. Verständlicherweise ist es sehr ärgerlich, wenn nach der Autowäsche Kratzer auf dem Lack zu sehen sind. Aber die müssen nicht erst bei der Wäsche passiert sein. Vielleicht sind sie ein Parkschaden von einem ganz anderen Tag, erst sichtbar geworden, als der Dreck abgespült war. Die wütende Anklage mancher Waschkunden trifft dann das Tankstellenpersonal und damit den Falschen.
Auch kann es passieren, dass der Autofahrer einen Staubsauger mit Münzen gefüttert hat, der dann aber kaum Saugleistung bringt. Auch wenn das schlechte Erlebnis mit patzigen Worten an der Kasse abgeladen wird, es ist nicht die Schuld des Personals, sondern meist die Unachtsamkeit vorangegangener Kunden. Das zeigt sich dann beim Ausschütteln der Rohre, wenn sämtliche Kugelschreiber und Feuerzeuge der Ablagefächer zuvor gesaugter Autos rausklimpern. Doch dann ist der verärgerte Kunde schon weitergefahren – hoffentlich hat er wenigstens das Geld zurückerhalten, welches er eingeworfen hatte.
Wer was dafürkann – und wer nicht
Auch in diesem Winter meckerten Fahrer wieder über eingefrorene Wasserkannen und -eimer mit vereisten Scheibenreinigern. Kein Mitarbeiter stellt sie bei Minusgraden so auf der Fahrbahn bereit, aber einige Kunden nehmen sie mit raus und sparen sich dann die wenigen Schritte zurück in den beheizten Shop. Sie überlassen ihren Nachfolgern unbrauchbares Eiswasser. Dumm für die Bistrokraft, die sich das Schimpfen anhören muss, aber in ihrer weißen Berufsbekleidung gar nicht draußen auf dem Tankfeld eingreifen kann.
Regelmäßig muss die Schichtbesetzung auch unfreundliche Zurufe von Tankkunden hinnehmen. Dann nämlich, wenn diese Eiligen ein wenig warten müssen, bis belegte Brötchen verpackt, Panini gegrillt und Kaffees gezapft sind für den Hungrigen, der vor ihnen an der Kasse steht.
Dennoch soll unser Personal an Kasse und Waschanlage geduldig den Unmut ertragen, der ihm von schlechtgelaunten Leuten entgegenschlägt. Dabei können wir noch froh sein, wenn wir nur böse Worte ernten. Denn in was für einer merkwürdigen Zeit leben wir, dass gehäuft Rettungskräfte während ihrer wichtigen Arbeit behindert und tätlich angegriffen werden?
Fazit
Holen wir tief Luft und lassen die eine oder andere Laune über uns ergehen. Es ist nicht leicht, jeden Tag unsere Tankstellenkunden zufriedenzustellen. Es ist eben nicht immer gerecht, wie unsere Mitarbeiter behandelt werden. Stärken wir ihnen zum Ausgleich den Rücken.
(Autorin: Uschi Horsten-Schmiedel; Die Kolumne erschien in Sprit+ Ausgab 4/2018)