Dichter grauer Rauch steigt in den Himmel, dazwischen sind Flammen zu sehen, die über den Rand der grauen Mauer lodern. Feuerwehrfahrzeuge stehen in der Nähe und sperren die Zufahrten zu der Station ab. Diese Bilder, die kurz nach der Explosion an der Wasserstofftankstelle Kjørbo in der norwegischen Stadt Sandvika entstanden sind, verbreiteten sich nach dem Vorfall schnell im Internet. „Wasserstofftankstelle in Norwegen explodiert“ titelten viele Medien reißerisch.
Doch was ist wirklich passiert? Am
10. Juni kam es an der im November 2016 eröffneten Wasserstoffstation der Betreiberfirma Uno-X Hydrogen 15 Kilometer westlich von Oslo zu einem „Zwischenfall mit Feuer und Rauchentwicklung“. Das meldete die Initiative H2 Mobility, die in Deutschland für den flächendeckenden Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur verantwortlich ist, kurz nach dem Vorfall. „Die Tankstelle selbst ist dabei nicht explodiert“, betont Burkhard Reuss, Pressesprecher bei der Total, die in Deutschland über 20 Wasserstofftankstellen betreibt und zum Shareholderkreis von H2 Mobility gehört. Laut Polizeibericht wurden zwei Personen in ihren Autos nahe der Tankstelle durch ausgelöste Airbags leicht verletzt.
Um die Unfallursache zu erforschen, hat Nel, der Technologielieferant der Station in Sandvika, die Sicherheitsberatung Gexcon engagiert. Vorläufigen Ergebnissen zufolge kam es zu einem Leck im Hochdruckspeicher und ausgetretener Wasserstoff hat sich entzündet. Fest stehe außerdem, dass die Niederdruck-Stahl- und Verbundlager weder die Quelle des Lecks noch die Zündquelle waren. Bei dem Vorfall sind keine Tanks geplatzt. „Wir können nun zu dem Schluss kommen, dass die Kerntechnologien von Nel nicht die Ursache für die Leckage waren“, betont André Løkke, CEO von Nel. Gemeinsam mit den Behörden und Gexcon sollen nun die Untersuchungen fortgesetzt werden, um die Ursache für das Leck und die Entzündung herauszufinden, heißt es auf der Internetseite von Nel (Stand: 17. Juni 2019)
Vorsorglich hatte das Unternehmen gleich nach dem Vorfall zehn weitere Stationen der gleichen Generation in Europa und in den USA vorübergehend geschlossen, bis weitere Informationen vorliegen. In Deutschland hat H2 Mobility als vorbeugende Maßnahme alle vier Stationen dieses Herstellers in Hamburg, München, Stuhr und Rostock vom Netz genommen.
Auch die Automobilbranche reagierte auf den Vorfall. Toyota und Hyundai haben in Norwegen vorerst die Auslieferung der Modelle mit Wasserstoffantrieb gestoppt, nicht jedoch den Verkauf. Sie begründen diesen Schritt damit, dass durch die Schließung der Uno-X-Tankstellen das Nachtanken vorerst nicht möglich sei. Die rund 60 Fahrer des Toyota-Modells Mirai können sich ebenso wie die 100 Fahrer des Hyundai-Modells kostenlos ein anderes Auto leihen, bis die Stationen wieder geöffnet sind. Beide Automobilhersteller bekräftigen, dass sie Wasserstoff grundsätzlich für sicher halten.
In Deutschland steht H2 Mobility in enger Abstimmung mit dem Technologielieferanten. „Grundsätzlich unterliegen die Tankstellen bei ihrer Abnahme durch den TÜV und den Behörden strengen Kontrollen, die einen sicheren Betrieb gewährleisten. Aber bis zur Klärung der Ursachen ist die Schließung der vier Stationen eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme“, sagt Reuss. (ab)