Es ist bezeichnend, dass Axel Graf Bülow bei der Frage nach Dingen, die ihm nicht fehlen werden, nichts Fachliches einfällt, sondern nur das tägliche Pendeln von Potsdam nach Berlin. Etwa 45 Minuten braucht der 65-Jährige für die einfache Strecke – aber nur spätabends nach Veranstaltungen. Im Berufsverkehr dauert es auch mal anderthalb Stunden. Ansonsten gibt es nichts Negatives zum Abschied zu sagen. Dass Graf Bülow sein Job Spaß macht, ist offensichtlich. Dauernd spielt ein feines Lächeln um seinen Mund, er wird nicht müde zu betonen, wie viel Freude ihm die Arbeit mit den Menschen gemacht hat.
Zu spät zum ersten Termin
Wer hätte das gedacht an jenem 4. Dezember 1984, als Graf Bülow seinen ersten Tag als Geschäftsführer des BFT hatte und gleich zum Einstand zu spät zur Vorstandssitzung kam. „Ich wartete immer auf den Anruf, dass ich kommen kann. Aber das war ein Missverständnis mit dem damaligen Präsidenten Franz Förster: Er glaubte, mir einen Termin genannt zu haben, den hatte ich aber nicht bekommen“, erinnert sich Graf Bülow. Die Kollegen hatten zum Glück genug andere Themen zu besprechen. So war es nicht weiter schlimm, dass der Neuling mitten in der Sitzung dazustieß.
Es muss menschlich passen
Dass er dann ganze 34 Jahre bleiben würde, überrascht den 65-Jährigen selbst. Vor allem, da er bei der vorherigen Station beim Deutschen Taxi- und Mietwagenverband nur zwei Jahre tätig war. „Man weiß ja vorher nie, ob man lange dabeibleibt. Es muss schließlich passen, vor allem mit den Menschen. Und das hat sich zunehmend herausgestellt“, betont der Hauptgeschäftsführer, der sich auch von dem ein oder anderen Abwerbeversuch nicht vom Verband weglocken ließ. Es sei ein Stück Lebensqualität, mit den Mitgliedern und den Mitarbeitern zu arbeiten. Viele Mitglieder kennt Graf Bülow inzwischen in der dritten Generation und findet, dass genau diese Beständigkeit und das Familiäre den Tankstellenmittelstand ausmachen.
„Wenn was funktioniert, soll man nicht dauernd was Neues anfangen“, diese Einstellung gilt sowohl für den beruflichen als auch den privaten Graf Bülow. Denn mit seiner Frau Petra passt
es ebenso, die beiden sind seit 1980 verheiratet. Sie arbeitet ebenfalls beim BFT und wird dort nach dem Weggang ihres Mannes weitermachen. Und so lebt und arbeitet Graf Bülow schon lange, bevor das Wort Work-Life-Balance in aller Munde war, nach diesem Prinzip.
Leidenschaft für Kaffee
Nicht nur Work-Life-Balance ist aus seiner Sicht wichtig, sondern vor allem das zu tun, was einem Freude bereitet. Aus diesem Grund begrüßt er es sehr, dass sein Sohn Carlo einen komplett anderen Weg eingeschlagen hat – eben weil dieser für ihn der richtige ist. Carlo Graf Bülow ist Kaffeeröster und Barista und amtierender deutscher Meister in der Disziplin „Latte Art“. Dabei werden Muster und Bilder in den Kaffee gegossen. „Wenn jemand auf seinem Lebensweg etwas findet, wo er wirklich zufrieden und wirklich gut ist, und das ist Carlo ja
offensichtlich, muss er dabeibleiben.“ Kaffee und Tankstelle passen ja eigentlich gut zusammen, Graf Bülow schätzt selbst guten Kaffee. Zuhause hat er eine Siebträgermaschine stehen, schon bevor sein Sohn sich für die Karriere als Kaffeeröster und Barista entschied. „Vielleicht habe ich ihn so dazu gebracht“, mutmaßt er mit einem Lachen.
Der Bart ist kürzer
Der Vorteil seiner langen Zugehörigkeit zum selben Verband? Das über viele Jahre angesammelte Fachwissen, das Bülow zum Vorteil der BFT-Mitglieder einsetzen konnte. Er kennt die Branche extrem gut und ihm macht so leicht niemand etwas vor. Der Nachteil könnte sein, dass viele alte Fotos von ihm in Umlauf sind. Der Bart war länger, ebenso die Haare und die Mode war eine andere. Und nicht nur Graf Bülow, auch die Tankstellenbranche hat sich in den vergangenen 34 Jahren sehr verändert. Zu Beginn seiner Tätigkeit beim BFT gab es noch viele Tankwarte, ein Tankstellenbetreiber konnte vom Benzinverkauf alleine überleben, Autowerkstätten waren häufig angeschlossen und das Shopgeschäft gab es so gut wie gar nicht. Das ist heute ganz anders. Tankwarte gibt es so gut wie nicht mehr, stattdessen, sagt Graf Bülow, sind Tankstellenbetreiber nun Gastronomen, Einzelhandelskaufleute und Bürokaufleute in Einem. Die Branche verändert sich stetig, doch der 65-Jährige verspürt weiterhin Zuversicht und Vertrauen in das Tankstellengeschäft. Nach seinem Empfinden ändert sich außerdem, dass mehr Frauen in der Branche sind, man nicht nur Senioren und Junioren trifft, sondern zunehmend Seniorinnen und Juniorinnen. Da passt es, dass die Leitung des BFT-Büros Berlin mit
Sarah Schmitt eine Frau übernimmt. In seine eigene Zukunft kann Graf Bülow ebenso mit Zuversicht gehen: Auch wenn ihm der Abschied vom BFT schwerfällt, freut er sich darauf, sich künftig noch mehr seiner politischen Arbeit als Landesvorsitzender der FDP Brandenburg zu widmen.
(Autorin: Julia Richthammer; der Artikel erschien in Sprit+ 6/2018)