Flottenbetreiber, die sich gegenüber alternativen Antrieben im Grunde aufgeschlossen zeigen, dürften inzwischen gemerkt haben, dass es so einfach nicht ist mit der Energiewende im Lkw-Fuhrpark: Hohe Investitionen und komplizierte Förderstrukturen sind das eine. Vor allem aber die noch nicht beantwortete Frage, wie und wo man im Fernverkehr entsprechend laden oder tanken soll, tragen nicht gerade dazu bei, dass Unternehmen ihrem Pioniergeist freien Lauf lassen können.
Der ernüchternde Zwischenstand: Derzeit sind in Deutschland gerade einmal 1,2 Prozent der zugelassenen Lkw mit Wasserstoff-, LNG- oder Elektroantrieb ausgerüstet. Diese Zahl kommunizierten die Initiatoren von Drive zum Start des Forschungsprojekts im Mai dieses Jahres. Drive (Originalschreibweise: "DRivE") steht für "Datenbasierte Routenplanung im Straßengüterverkehr mit verschiedenen Energieversorgungstechnologien".
Routenoptimierung nach Antrieb
Ziel des vom Bund mit 2,1 Millionen Euro geförderten Projekts: die Entwicklung einer Routenplanung, die unter Einbeziehung der in Echtzeit verfügbaren Lade- und Tankinfrastruktur und weiteren Faktoren wie Ziel- und Streckendaten, Fahrzeug-Zustand sowie Lenk- und Ruhezeiten die optimale Route für die verschiedenen Antriebsarten vorschlägt.
Drive ist am Institut FIR an der RWTH Aachen angedockt. Beteiligt ist neben den Softwareunternehmen Mansio und Zekju, Park Your Truck und Maintrans Spedition auch Hammer Road Cargo. Das Aachener Transport- und Logistikunternehmen steckt selbst noch "in der Findungsphase", wie es Geschäftsführer Stefan Küpper umschreibt: "Das heißt, wir informieren uns nicht nur kontinuierlich darüber, was in Sachen Fahrzeugtechnik möglich ist, sondern tauschen uns mit verschiedenen Stellen und Partnern darüber aus, wie die dazugehörige Infrastruktur aussehen muss."
Michael Rohn, ebenfalls Geschäftsführer der Hammer Road Cargo sowie Leiter Transportlogistik bei Hammer Advanced Logistics, stellt klar: "Die Ladeinfrastruktur ist definitiv der Hauptgrund, warum wir noch keine Elektro- oder Wasserstoff-Lkw für den Fernverkehr auf dem Hof stehen haben."
Beispiel Wasserstoff: Gerade einmal zwei Hände voll Tankstellen gebe es in Deutschland. "Die Theorie ist schön und gut - aber die Praxis entscheidet, ob alternative Antriebskonzepte im Fernverkehr wirklich funktionieren", so Rohn.
Mit der Teilnahme an Drive erhoffen sich die Geschäftsführer Erkenntnisse, welche alternativen Antriebe für das Unternehmen künftig infrage kommen. "Das Interessante am Projekt Drive ist, dass es nicht nur die Batterieelektrik betrachtet, sondern alle alternativen Antriebsformen, für die es gilt, eine Lade- und Tankinfrastruktur für den Fernverkehr aufzubauen", betont Küpper. Es gebe einen Projektpartner, der LNG-Fahrzeuge stellt, während Hammer den Part Batterieelektrik und Wasserstoff übernehme. "Momentan betreiben wir solche Fahrzeuge noch nicht selbst; bis zum Start der Feldtests im April nächsten Jahres bin ich aber zuversichtlich, dass wir welche haben werden", so Küpper.
Auch die Preise stehen im Fokus
Die Projektpartner werden dann echte Touren mit verschiedenen Antrieben, also Gas-, Batterieelektrik und Wasserstoff, abwickeln. Das Hauptaugenmerk liege auf der Auswertung der bestehenden Lade- und Tankinfrastruktur – nicht nur hinsichtlich der Netzdichte, sondern auch der Preise, die fürs Laden und Tanken fällig werden, und dem technischen Handling der Fahrzeuge.
"Dazu erheben wir im Vorfeld jede Menge Daten zu Touren mit traditionellen Antrieben, um eine Vergleichsbasis zu schaffen. Ladevorgänge sind schließlich zusätzliche Stopps und haben Auswirkungen auf den kompletten Routenverlauf", sagt Küpper. Dazu werden während des Feldtests Echtzeitdaten aus den Lade- und Tankinfrastrukturen und Lkw in das von Hammer genutzte Transport-Management-System Winsped integriert. Darüber hinaus fließen Lenk- und Ruhezeiten aus dem Tachographen sowie FMS-Daten aus dem Fahrzeug in die Routenplanung ein. Diesen Part übernimmt innerhalb des Projekts der Softwarepartner Mansio.
Die größte Herausforderung
"Es geht dabei nicht nur um die Frage der Reichweite und die damit zusammenhängenden Aspekte wie Zuladung, Topographie, Witterung", erklärt Rohn. Die größte Herausforderung laute: "Wie bekomme ich im Fernverkehr mit einer heute noch vergleichsweisen geringen Reichweite hin, meinen Kunden die Dienstleistung und Mehrwerte in der gewohnten Qualität und mit einem reibungslosen Ablauf - ich denke hier unter anderem an Zeitfenster an den Rampen - bieten zu können? Dieses Gebilde muss im Sinne der Nachhaltigkeit auch wirtschaftlich sein."
Gleichzeitig wisse man um die gesellschaftliche Verantwortung, in eine nachhaltige Zukunft zu investieren. "Im Kleinlaster-Bereich im Zustellbereich im Nahverkehr ist Elektro sicherlich bereits eine Alternative. Unser Schwerpunkt liegt aber nun mal auf dem Schwerlastverkehr mit 40-Tonnern - hier sprechen wir aktuell noch über Mehrkosten um den Faktor 2,5 im Vergleich zum herkömmlichen Sattelzug", verdeutlicht Rohn. Im Rahmen des Drive-Projekts könne man erste Erfahrungen sammeln, sei aber noch in der Lage, nachzujustieren. "Was den Fernverkehr angeht, brauchen wir eine absolute Investitionssicherheit", so Rohn abschließend..