Selten war es so schwierig, den jährlichen Rückblick auf das vergangene Jahr, wie Sie ihn schon seit Jahren gewohnt sind, im November zu schreiben. Zum einen, weil wir endlich mal ein Jahr hatten, in dem wir von größeren hausgemachten Problemen verschont wurden. Das Kassensystem machte meistens das, was es sollte, und auch Probleme bei der Buchhaltung waren meist Einzelfälle. Endlich auch mal ein Jahr mit so gut wie keinen Leerständen. Zum anderen aber, weil es trotzdem ein Jahr mit vielen Schwierigkeiten war.
Längst schwelende Probleme
Die Kostenexplosion durch den Ukraine-Krieg in vielen Bereichen hat wie ein Katalysator die schon seit Jahren schwelenden Probleme der Branche angefacht und aufgedeckt. Es ist ja nicht so, als hätte es nicht schon in den vergangenen Jahren wirtschaftliche Probleme bei den Tankstellen gegeben. Nicht umsonst bekommt ein großer Teil der Pachttankstellen seit Jahren nicht unerhebliche Betriebskostenzuschüsse von der Gesellschaft. Ohne diese wären die Stationen schon seit Jahren vom Markt, weil nicht wirtschaftlich zu führen. Hat auch das nicht gereicht, wurden mehrere Tankstellen verpachtet, damit dem Pächter ein einigermaßen angemessenes Einkommen bleibt.
Das Thema Nr. 1
Das Thema Nr. 1 war deshalb im Jahr 2023, die Wirtschaftlichkeit der Station aufrechtzuerhalten. Da sich das Shop- und Nassgeschäft 2023 einigermaßen gut entwickelt hat, konnte dies in den meisten Fällen einigermaßen erreicht werden.
Aber alle Beteiligten dürften gemerkt haben, dass hier Grenzen erreicht wurden. Die Preise und damit die Margen im Shop haben zum Beispiel mittlerweile oftmals ein Niveau erreicht, das in vielen Fällen wohl als ausgereizt bezeichnet werden kann. Mehr wird man den Kunden irgendwann nicht mehr vermitteln können. Der Trend zur Elektromobilität wird daneben jährlich mehr Kunden von der Tankstelle abziehen.
Die gesamte Branche ist deshalb im Umbruch, immer mehr Mineralölgesellschaften ziehen sich aus dem Tankstellengeschäft zurück. Sicherlich nicht ohne Grund.
Verbraucher schränken Konsum ein
Im Jahr 2024 wird uns diese Problematik weiter beschäftigen. Der Mindestlohn wird steigen und die nicht gerade glänzenden Konjunkturaussichten werden sicherlich den Konsum der Verbraucher weiter einschränken. Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass sich die wirtschaftliche Situation der Branche und von Ihnen als Betreiber von Esso Tankstellen wesentlich verbessert.
Wenn sich dann noch das Personalproblem noch verschärft, dann ist es nicht verwunderlich, warum sich immer mehr Betreiber aus der Branche verabschieden. Aufwand und Ertrag stehen nicht mehr im Verhältnis.
Die Gesellschaft ist jetzt gefordert, für die Jahre 2024 ff. ein zukunftsfähiges Konzept für die Betreiber zu entwickeln. Ich möchte hier nur an die Versprechungen der Geschäftsleitung der EG im Jahr 2018 im Rahmen der Informations-Veranstaltungen zur Übernahme von Esso auf EG erinnern. Ohne neue Konzepte wird eine Tankstelle langfristig an immer weniger Standorten wirtschaftlich zu betreiben sein. Aber schwere Zeiten haben auch stets die Chance auf Wandel zum Guten. Man muss nur die Chancen erkennen und ergreifen.