Ein klassischer Tankstellenbesuch sieht so aus: tanken, in den Shop gehen, zur Kasse, bezahlen, weiterfahren. Dabei durchquert der Kunde üblicherweise die gesamte Shopfläche. Der Hauptteil des Umsatzes wird aber mit wandbezogenen Warengruppen erzielt, erklärt Christian Warning, Geschäftsführer von The Retail Marketeers. „60 Prozent Tabak, zehn Prozent
Electronic Value, weitere zehn Prozent Getränke, dazu Backshop, Kaffee, Presse, das sind schnell 90 Prozent des Umsatzes.“
Die restlichen zehn Prozent verteilen sich auf den Großteil der Shopfläche. Wenn man bedenke, dass der Kunde auf dem Weg zur Kasse eigentlich genau dort langkomme, sei das ein Missverhältnis. Um das zu ändern, zählt vor allem eines, weiß Peter Beucke, Geschäftsführer von CPM Shop-Management: „Wichtig ist, dass die Platzierung in der Shopmitte dem Kunden positiv auffällt.“ Beucke spricht dabei von Aktionsfläche. Denn es geht darum, nicht nur eine Gondel mit Produkten aufzustellen, sondern einen Hingucker zu schaffen. Damit meint der Experte eine auffällige Präsentation in Kombination mit einer Preisaktion, die zum Kauf animiert.
Ölfässer fallen auf
Zum Beispiel nutzte Beucke bereits alte 200-LiterÖlfässer, neu lackiert passend zur Tankstelle, darauf ein Holzbrett, auf dem die Ware ausgelegt ist. Bei einer anderen Maßnahme platzierte er Bierdosen in einer Schubkarre auf einer Palette. Warning wiederum denkt zum Beispiel an eine ansprechende Auslage aus Holz. Auch eine Preisaktion sollte auffällig und ungewöhnlich sein. Beucke rät zum Beispiel, im August alle Preise mit einer Acht enden zu lassen, im September mit einer Neun und so weiter. Für das Preisschild selbst gilt: Weniger ist mehr. Eine Produktabbildung, wenig Schrift und der Preis, unterlegt mit einer Signalfarbe wie Rot – das reicht.
Ein zusätzlicher Vorteil ist der sogenannte Halo-Effekt: „Selbst wenn der Kunde den Artikel nicht kauft, strahlt ein günstiger Preis in seiner Wahrnehmung auf das gesamte Sortiment aus“, erklärt Warning. „Mit dem Eckartikel Bier für einen Euro signalisiere ich, dass mein Gesamtsortiment einigermaßen preiswert ist.“
Der Halo-Effekt funktioniert auch für Frischeartikel. Warning nennt als Beispiel die südafrikanische Kette Fresh Stop, die das Shopsortiment von Tankstellen beliefert. An diesen Stationen stehen im Eingangsbereich Boxen mit frischem Obst. Die Zentrale der Kette sieht das als Marketing an und unterstützt die Pächter, indem das Obst immer auf ihre Kosten geht. „Die Sandwichumsätze an den Tankstellen sind durch die Decke gegangen“, erzählt Warning.
Die richtigen Produkte wählen
Diese Beispiele zeigen: Die Produkte für die Shopmitte müssen klug gewählt sein. Einig sind sich beide Experten, dass sich für solche Aktionen am besten Artikel eignen, die ohnehin Topseller sind. „Das kann ein Energydrink sein, gekühltes Wasser zusätzlich zur Stammbesetzung oder auch Kaffee in Selbstbedienung“, schlägt Warning vor. Beucke empfiehlt, nur Produkte
aus dem eigenen Sortiment für eine Zweitplatzierung zu nutzen und diese anhand der Abverkaufszahlen auszuwählen.
Jahreszeitbezogene Promotions sorgen ebenfalls für zusätzlichen Umsatz. Im Winter etwa muss nicht unbedingt die Eistruhe im Kundenlauf stehen. Im Sommer erzeugt man positive Aufmerksamkeit, indem man Getränke in den Blick rückt. Laut Beucke braucht es zudem Geduld und Beharrlichkeit: „Solche Aktionen müssen regelmäßig gemacht werden und es dauert etwas, bis der Kunde das mitbekommt. Man sollte nicht nach zwei Monaten schon wieder aufhören.“
Ergänzend sollten die Mitarbeiter die Kunden auch auf das Angebot hinweisen. Beucke rät deshalb dazu, die Platzierung so aufzustellen, dass der Mitarbeiter freundlich über die Aktion informieren kann. Bietet man an einer Gondel Kaffee in Selbstbedienung an, erspart das dem Mitarbeiter, den Kaffee selbst zuzubereiten. Die gewonnenen Sekunden könnte er wiederum nutzen, um auf das Selbstbedienungsmodul hinzuweisen.
Ziel Umsatzwachstum
Fazit: Wer Topseller in der Shopmitte kreativ ein zweites Mal platziert, kann nichts falsch machen. Das wird immer zu einem Umsatzwachstum führen, davon sind die Experten überzeugt. „Ich habe noch keinen Fall erlebt, wo diese Strategie nicht zu einem zweistelligen Umsatzwachstum geführt hat“, betont Warning. Beuckes Erfahrung ist ähnlich positiv: „Wenn man die Aktionen richtig platziert und gestaltet, ist ein Abverkauf von 15 bis 20 Prozent durchaus möglich.“
(Autorin: Julia Richthammer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 8/2019.)