Tabakwaren erfreuen sich nicht nur bei Tankstellenkunden steter Beliebtheit. Auch Mitarbeiter greifen gerne einmal am Regal zu und lassen eine Schachtel in die Hosentasche wandern. Klar, der Chef bemerkt die Differenz bei der nächsten Inventur, doch kann sich der Langfinger in der Anonymität der Gruppe verstecken.
Um unter anderem das zu unterbinden, hat das Technologieunternehmen Harting auf der Messe Tankstelle & Mittelstand einen Tabakautomaten vorgestellt, der internen wie externen (zumal Beispiel nach Einbruch) Diebstahl erschweren soll. Im Gegensatz zum herkömmlichen Tabakwarenregal hat der potenzielle Dieb keinen direkten Zugriff auf die Waren, denn die befinden sich hinter massiven Türen.
Um an Zigaretten oder Pouches heranzukommen, muss der Mitarbeiter die gewünschte Marke erst im Kassensystem einbuchen und anschließend auf einem zusätzlichen Monitor im Kassenbereich auswählen. Dann befördert der Automat das Produkt in den Auswurf. Langes Suchen der Ware am unübersichtlichen, mit Schockbildern gepflasterten Regal fällt für den Mitarbeiter weg; auch verliert er bei der Bestellung so den Kunden nicht aus den Augen.
Ein weiterer Vorteil: Weil der Automat mit dem Warenwirtschaftssystem und der Kasse, auf die der Mitarbeiter angemeldet ist, verbunden ist, lassen sich Inventurdifferenzen schnell aufdecken. Dadurch würden viele schwarze Schafe von vornherein von einem Diebstahl Abstand nehmen, meint Jörg Bolles, der für Harting im Vertrieb arbeitet. „Wenn sich ein Kunde umentscheidet, weil er beispielsweise nicht genügend Geld dabeihat, lässt der Mitarbeiter die überschüssige Ware einfach in einer Abwurfmöglichkeit, einer kleinen Box, verschwinden und zeigt das am Schichtende bei der Abrechnung an“, erklärt Bolles. Einer der größten Vorzüge des HA-Towerline-Shop genannten Tabakautomaten ist in seinen Augen, dass der Tankstellenchef steuern kann, wem er Zugang zu den Tabakwaren einräumt. „Der Stationär kann die Schlüsselgewalt über den Tabakautomaten zum Beispiel nur dem Stationsleiter und dem Erstkassierer übertragen.“
Vitrine, Poster oder Screen
Ob sich der Betreiber für eine Stand-alone-Lösung oder für ein Einbaugerät entscheidet, ob er mit der Standardkapazität von 1.100 Packungen auskommt oder Zusatzmodule hinzukauft, darin ist er ebenso frei wie in der Gestaltung der Fassade. Fällt die Wahl auf die Vitrinenlösung, werden in den Automatenflügeltüren von jedem Produkt einzelne Schachteln quasi im Schaufenster platziert. Jedoch wäre es auch möglich, die Außenwand mit einer Posterfolie (Foto, linke Flügeltür) zu überziehen oder einen großflächigen Screen (Foto, rechte Flügeltür) einzubauen – so könnten Betreiber zum Beispiel auch das Problem mit den unappetitlichen Schockbildern umschiffen. Weil bei diesem Thema trotz Änderungsverordnung des Bundesrates und wegen unterschiedlicher Vorgehensweisen von Ordnungsämtern noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, ist man mit der Vitrinenlösung derzeit auf der sicheren Seite.
Die nächste Evolutionsstufe könnte die Integration des Tabakautomaten in das Kassensystem sein: Würde man die EAN in die Kasse einbinden, bräuchte es kein zusätzliches Display mehr im Kassenbereich, der meist eh überfrachtet ist.
Schon jetzt aber gibt der Automat ein Signal, wenn ein leeres Produktfach nachgefüllt werden muss. Diese Kontrolle muss der Mitarbeiter nicht mehr übernehmen. Dies und die bessere Übersichtlichkeit kommen auch ihm zugute. Es sei denn, er war auf kostenlose Zigaretten aus.
(Autor: Michael Simon; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 8.2017.)