Als André Calantzopoulos vom britischen Radiosender BBC im vergangenen November befragt wurde, wie er sich die Zukunft vorstellt, gab der Chef von Philip Morris eine Antwort, die in den Medien Wellen schlug: „Ich glaube, dass schon bald der Zeitpunkt kommen wird, an dem wir das Ende der Zigaretten-Ära einläuten werden.“ Der weltgrößte Tabakkonzern will ernsthaft weg von dem Produkt, das ihm Milliarden Gewinne einbringt?
Damit erreichte Calantzopoulos das, was er sich erhofft hatte, nämlich gesteigerte Beachtung für die Neuentwicklung aus dem eigenen Haus: Iqos. Die Einordnung, worum es sich bei dem Produkt handelt, in das Philip Morris mehr als ein Jahrzehnt Forschungsarbeit und drei Milliarden US-Dollar gesteckt hat, fällt nicht leicht. Schließlich ist es weder eine klassische Zigarette, obwohl Tabak zum Einsatz kommt, noch ist es eine E-Zigarette, obwohl es einen Akku und einen Erhitzer enthält. Die Medien verständigen sich allmählich auf den Begriff Hybridzigarette.
Komprimierte Zigarette in den Erhitzer
Und die funktioniert so: Der Konsument steckt in das längliche Iqos-Gerät, den Erhitzer, die passenden Sticks. Diese Heets enthalten in etwa die gleiche Menge Tabak wie eine herkömmliche Zigarette und lassen ebenso viele Züge zu, sind aber wesentlich kürzer. Als Vorteil proklamiert der Hersteller, dass der Tabak nicht wie bei einer Zigarette bei 600 bis 800 Grad Celsius abbrennt, sondern lediglich zwischen 350 und 400 Grad Celsius erhitzt wird. So entstünden keine Asche und Gerüche, dafür aber ein Dampf, der das gewünschte Nikotin enthalte. Jedoch sei die Konzentration der Schadstoffe um bis zu 90 Prozent geringer.
Eigene Forschungen hätten zudem ergeben, dass sich die Konzentrationen von Schadstoffen im Blut bei Rauchern, die auf Iqos umsteigen, ähnlich stark absenken lassen wie bei Menschen, die gänzlich aufhören zu rauchen. Wechselwillige Raucher – das sei die Zielgruppe, bekräftigte Stacey Kennedy, Geschäftsführerin von Philip Morris Deutschland; Nichtraucher und Jugendliche wolle man nicht ansprechen, sagte sie Sprit+. Seit Sommer 2016 hatte der Hersteller von Marlboro und L&M in Berlin, München und Frankfurt getestet, ob Iqos genauso im deutschen Markt funktioniert wie beispielsweise in Japan, wo das System einen Marktanteil von fünf Prozent eroberte. Die Ergebnisse waren offenbar so erfreulich, dass Philip Morris Ende Mai 2017 den deutschlandweiten Verkauf einleitete.
Neben dem Erhitzer gehören zur Grundausstattung ein Reinigungsset und ein handyförmiges Ladegerät. Den Tabak enthalten die zigarettenähnlichen Heets. Sie sind in Deutschland in den Varianten Amber und Bronze Label zu kaufen. Der Kleinverkaufspreis für 20 Sticks beträgt sechs Euro; produziert werden sie in einer neu gegründeten Fabrik im italienischen Bologna – und ab 2019 für den deutschen Markt in einem noch zu bauenden Werk in Dresden.
(Autor: Michael Simon; der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 7.2017.)