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Umstellung: Das neue Kassensystem von Esso

11.08.2016 16:23 Uhr
Umstellung: Das neue Kassensystem von Esso
Es ist vollbracht: Am 21. Juni schaltete die erste unternehmenseigene Esso-Tankstelle Nucleus9 ab und das neue Kassensystem auf. Das Team der Station in Zolling feierte den störungsfreien Übergang.
© Foto: Exxon Mobil

Nucleus9 ist Vergangenheit: Scheidt & Bachmann hat für und mit Esso ein neues Tankstellen-Management-System (Esso TMS) ausgetüftelt. Exklusiv beantwortet Sprit+ die Fragen rund um die neue Kassenlösung.

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1.) Was ist Esso TMS und wie ist es entstanden?
Im November 2014 begann das Team um Oliver Timm, Projektleiter von Esso in Deutschland, sich mit den Fragen zu beschäftigen: Welche Funktionen sind wichtig und welche werden gebraucht, um am Ende Esso-Partnern ein marktorientiertes, praxisgerechtes System anbieten zu können. Fest stand, dass es zukünftig keinen Raum für Insellösungen geben soll. „Anfangs ­haben wir uns nicht gefragt: Was ist technisch bereits möglich? Sondern: Was soll das Kassensystem können?“, erinnert sich Timm. Die Vision von Esso TMS: Es soll nach Möglichkeit an allen rund 1.050 Esso-Stationen die jeweils eingesetzten ­Vorgängermodelle beerben. „Esso TMS soll Stationsbetreibern das Leben vereinfachen“, nennt Timm als weiteres Ziel seiner Arbeit.

Nach der genauen Definition begannen die Ausschreibung und das Auswahlverfahren, aus dem Scheidt & Bachmann hervorging, „weil sie die beste Gesamtlösung anboten“. Jedoch war den Esso-­Machern die Kassenlösung, die das Mön­chengladbacher Unternehmen auf dem Markt anbietet, nicht genug. „Die Marktlösung kann schon viel, wir wollten aber die beste Konfiguration“, erklärt Timm. In dieser Designphase setzte man sich mit Pächtern und Händlern zusammen, lotete aus, welche Funktionen gut und erhaltenswert waren und welche es noch zu konfigurieren galt. Die daraus entstandene „Version 0“ befindet sich aktuell in der Lernphase, um das Produkt und die Technik des Anbieters schnell kennenzulernen.

2.) Welche Funktionen bietet das neue Kassensystem?
Vielen Kunden fällt erst ein, dass sie zwei Rechnungen brauchen, wenn das Kassenpersonal bereits alle Artikel eingescannt hat. War bislang ein Storno nötig, kann der Mitarbeiter nun mit zwei Tastenbetätigungen einfach den Bon teilen: Erst bezahlt der Kunde die Zigaretten privat, dann den Kraftstoff mit seiner Flottenkarte. Möglich ist nun auch eine Mischzahlung, das heißt, der Kunde könnte in einem Vorgang einen Gutschein einlösen, einen Teil mit Bargeld bezahlen und den Rest mit Karte. Den korrekten Ablauf kann der Kunde über ein zwölfzeiliges Display nachverfolgen. Das sorgt für eine größere Transparenz beim Bezahlen.

Mit dem Esso TMS binden Betreiber auch das Netzwerk Management System (NMS) ein. Dabei handelt es sich um ein von Esso bereitgestelltes Zentralsystem, das die Steuerung der Tankstelle erleichtern soll. Alle Artikel aus dem Ordersatz von Lekkerland sind in einem Artikelstamm ­eingepflegt – samt Text und Kontierung. ­Dadurch sind elektronische Bestellungen an Lekkerland möglich – und dies dank verbesserter Oberflächen deutlich benutzerfreundlicher als im vorhandenen Bestellwesen. Es steht dem Betreiber auch weiterhin frei, eigene Artikel am Hintergrundarbeitsplatz im System anzulegen. Dank eines Scanners wird dies zusätzlich erleichtert.

Dabei lernt das System jetzt mit, im Vorgängermodell Nucleus9 waren die Rechenlogarithmen „nicht optimal“, konstatiert Timm. Den Hit des Monats, das monatliche Aktionsprodukt bei Esso, müssen Betreiber künftig nicht mehr selbst einpflegen: Esso legt das Produkt zentral an.  Ein Mausklick genügt, und der Betreiber übernimmt automatisch sämtliche Angaben in sein System, um an der Aktion teilnehmen zu können. Zusätzliche Eingaben sind nicht mehr erforderlich. Weiterhin ermöglicht NMS eine automatische Übertragung der Verkäufe von Presseartikeln an den Grossisten. Dadurch lässt sich die Liefermenge optimieren.

3.) Wer bringt mir die neuen Funktionen bei?
Um die Funktionen der neuen Kasse kennenzulernen, erhalten Stationsbetreiber zwei verpflichtende Trainingseinheiten. Zwei Mitarbeiter pro Station nehmen an einem zweitägigen Klassenraumtraining teil, bei dem sie von Scheidt & Bachmann über das neue Kassensystem unterrichtet werden. Die Kosten für das Training und eine Übernachtung übernimmt Esso.

Vorgeschaltet ist ein eigens entwickeltes e-Training, das von allen Mitarbeitern, die an der Kasse eingesetzt werden, zu absolvieren ist. Der Zugang erfolgt über das Esso-Trainings-Portal. Innerhalb von etwa zweieinhalb Stunden können sich Mitarbeiter mit leicht verständlichen, interaktiven Übungen am Computer auf ihren ersten Einsatz vorbereiten. „Ein großer Vorteil ist, dass das e-Training jederzeit individuell wiederholt oder in Teilen erneut durchgegangen werden kann“, erläutert Timm.

4.) Ist das neue Kassensystem überhaupt schon ausgereift?
Das Positive für Esso-Partner ist: Das neue Kassensystem wird derzeit ausschließlich an ROC-Stationen getestet, also an Tankstellen, die Esso selbst betreibt. Derzeit sind das die Stationen im bayerischen Zolling und in Haßloch, Rheinland-Pfalz.

Es gehe nun vor allem darum, das Produkt im Livebetrieb besser kennenzulernen, aber auch darum, Erfahrungen mit der bisher unbekannten Technik des neuen Lieferanten Scheidt & Bachmann zu sammeln, erklärt Timm. An drei weiteren wolle man zeitnah Maßnahmen zur Verkürzung der Umstellungsphase prüfen. Zwar unterscheidet sich die Arbeitsplatzanbindung der ROC-Stationen von denen der Pächter- und Händlersysteme, dennoch seien größere Fehler bei der breiten Markteinführung nicht zu erwarten.

5.) Wie fallen erste Erfahrungen und Einschätzungen aus?
„Kinderkrankheiten gibt es bei jeder Neueinführung“, mutmaßt der IG-Esso-Vorsitzende Markus Mössner. Jedoch mache Esso TMS, das die MÖG der IG auf der Uniti Expo präsentierte, einen guten Eindruck. Er ist optimistisch, dass Esso TMS deutlich schneller reibungslos funktioniere als das beerbte System Nucleus9, das jahrelang Sperenzchen gemacht habe, zumal Scheidt & Bachmann mit Aral und Shell die zwei größten Tankstellengesellschaften in Deutschland versorge.

IG-Esso-Geschäftsführer André Zacharias freute sich darüber, dass Esso in der Entwicklungsphase auch Pächter in die Arbeitskreise geholt hat. Das neue System sei „vom Grundsatz sehr positiv und eine Entlastung für den Betreiber und sein Personal“.

Das bestätigt der Leiter der ROC-Station in Zolling, Bernd Hundemer. Er und seine Stellvertreterin Tina Wolf testeten auf Einladung von Esso im April 2016 in Budapest unter Laborbedingungen das neue Kassensystem. „Wir gingen ohne Vorkenntnisse in den Test und haben das System intuitiv verstanden.“ Wolf ergänzt: „Das System ist logisch und rund. Und auch im Livebetrieb funktioniert alles sehr gut.“ Beide schätzen die einfache Erlernbarkeit, das sei insbesondere für neue Kassenkräfte eine deutliche Erleichterung gegenüber Nucleus9.

Neben der intuitiven Bedienung trage auch das e-Training zu einem schnellen Lernen bei. „Das kann ich nur jedem wärmstens empfehlen“, sagte Hundemer. Sein Favorit ist jedoch die Nichtzahler-Bearbeitung: Bisher konnte ein Kunde, der wiederkehrte, um seine offene Tankrechnung im Nachhinein zu begleichen, ausschließlich bar bezahlen. Das war insbesondere für Kunden mit Flottenkarte umständlich. Esso TMS ermöglicht nun auch die unbare Bezahlung.

6.) Was müssen Esso-Betreiber bis zur Umstellung tun?
Esso TMS soll ab dem vierten Quartal 2016 nach und nach an den Pächter- und Händlerstationen installiert werden. Sechs Wochen vor der Umstellung vereinbart Scheidt & Bachmann den Umstellungstermin mit dem Stationsbetreiber, rund zwei Wochen vorher steht das Klassenraumtraining an. Am Tag vor der Umstellung wird die Hardware geliefert, deren Verpackungen nicht geöffnet werden dürfen.

Am nächsten Tag ab acht Uhr kommt der Techniker an die Tankstelle, baut das Altsystem ab und schließt Esso TMS an. Zuvor muss der Esso-Partner einen kompletten Kassenabschluss im Nucleus-System machen. Bei der Umstellung ist die Schließung der Station unvermeidbar, denn eine Installation über Nacht sei nicht möglich, bedauert Timm.

7.) Gibt es weitere Schritte, die von der MÖG rund um das Esso TMS geplant sind?
Voraussichtlich ab dem zweiten Quartal 2017 soll es im Kassenbereich nur noch ein Terminal geben. Es wird gleichermaßen Kreditkarten, Flottenkarten und Girokarten lesen können, kündigt Projektleiter Timm an.

(Der Beitrag erschien in Ausgabe 8/2016 von Sprit+. Autor: Michael Simon)

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