Dass die Mineralölbranche naturgemäß wenig von der Elektromobilität als einzig wahre Lösung hält, mit der Deutschland die Klimaschutzziele erreichen kann, überrascht nicht. „Die Politik gibt vermeintlich einfache Antworten wie die einer All-Electric-Society. Doch ich denke, weder Populismus, noch Aktionismus lösen die Herausforderungen des Klimawandels“, mahnte auch Udo Weber, Vorsitzender der Uniti, Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen, in seiner Rede anlässlich der Jahreshauptversammlung Ende Juni in Potsdam. Eine Fokussierung auf Strom sei „der Tod der Energiewende“.
Eine erfolgreiche Energiepolitik kann laut Weber dagegen nur funktionieren, wenn folgende Punkte erfüllt werden: Energie muss für alle bezahlbar sein. Dabei muss sich der Preis im freien Markt der Alternativen finden. Zudem muss die Versorgungssicherheit als Grundpfeiler der Wirtschaft gewährleistet sein. „Außerdem muss der Lösungsansatz global sein, denn ein nationaler Sonderweg ist bei einer globalen Frage wie dem Klimaschutz kontraproduktiv“, war der Verbandschef überzeugt. Last, but not least: Eine Energiepolitik muss technologieoffen sein, damit sich Innovationsvielfalt entwickeln kann. „Die Politik muss Ziele vorgeben. Aber sie darf nicht den Weg zum Ziel festlegen. Das ist Sache des Marktes“, betonte der Uniti-Vorsitzende.
Eine Lösung, die aus Sicht des Mineralölmittelstandes diese Punkte erfüllt, sind neben Biokraftstoffen vor allem E-Fuels, also synthetisch und klimaneutral hergestellte Kraftstoffe. „Wir haben die Technik, mit der E-Fuels produziert werden können. Andere Länder haben die Rohstoffe in Form von Sonne und Wind“, erklärte er. Mit diesem Lösungsansatz werden die Grundpfeiler des deutschen Wirtschaftssystems gestärkt, statt diese zu schwächen. Zudem seien flüssige Kraftstoffe handelbare Produkte und unterliegen in der kompletten Wertschöpfungskette dem Wettbewerb. „Somit bildet sich der Preis am Markt, sodass es keine Verzerrung im nationalen und internationalen Wettbewerb gibt“, ist Weber überzeugt.
Effektivität statt Effizienz
„Wir diskutieren in Deutschland viel darüber, wie effizient eine Technik ist, aber nicht wie effektiv sie ist. Die Frage der Effektivität heißt, das Richtige zu tun. Wir sind davon überzeugt, dass flüssige Kraftstoffe nicht unbedingt der effizienteste Weg sind, aber dass sie der effektivste sind“, führte der Referent weiter aus. Um das zu untermauern, hat sich die Uniti an einer Vielfalt von Studien beteiligt und arbeitet in diversen Allianzen mit. Diese Kooperationen dienen dazu, fundierte Argumente gegenüber der Politik zu finden. Eines der Hauptziele dabei: Die Flottenregulierung zu kippen und E-Fuels anrechenbar zu machen. Zudem sei der Verband in regem Austausch mit Technologielieferanten und der Automobilindustrie, die Interesse daran zeigt, die First-Fill-Ausstattung mit synthetischen Kraftstoffen einzuführen.
Auch in der Praxis will die Mittelstandsvertretung den Beweis antreten, dass der Einsatz von E-Fuels kein unrealistisches Szenario ist. Daher hat die Uniti gemeinsam mit interessierten Mitgliedern im Frühjahr einen Workshop veranstaltet, um herauszufinden, wer bereit wäre, E-Fuels an seinen Tankstellen zu verkaufen. Obwohl das Thema im ersten Schritt nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, war das Interesse seitens der Unternehmer sehr groß. Aus dem Stand haben sich knapp 20 Mitglieder bereit erklärt, verpflichtend fünf Jahre lang E-Fuels an ihren Tankstellen zu verkaufen. Das bedeutet immerhin ein Invest von rund 50.000 bis 60.000 Euro pro Jahr.
„Eine große Herausforderung für uns ist allerdings die Produktbeschaffung“, sagte Weber. Der Verband habe sich bereits jetzt kleine Mengen gesichert, konkret stehen 400.000 Liter E-Diesel und eine deutlich kleinere Menge E-Benzin zur Verfügung. Mit diesem Volumen plant die Uniti werbewirksam Fahrzeuge in Berlin fahren zu lassen, um zu zeigen, dass E-Fuels funktionieren. „Alles, was Politiker sehen und anfassen können, daran glauben sie auch“, ergänzte Hauptgeschäftsführer Elmar Kühn in seinem Vortrag. Ein Reagenzglas reiche dazu nicht aus. „Wir müssen den Leuten auf der Straße zeigen: Umweltschutz beginnt beim Tanken – und er geht jetzt los!“
Um das Thema E-Fuels mit aller Energie vorantreiben zu können, stellt sich der Verband auch strukturell neu auf: Seit Juni unterstützt Adem Ates als Leiter E-Fuels die Geschäftsführung bei der Markteinführung synthetischer Kraft- und Brennstoffe und vertritt die Uniti in relevanten Gremien und Netzwerken. Er begleitet und koordiniert zudem Studien zu E-Fuels und arbeitet unter anderem Stellungnahmen und Handlungsempfehlungen für die Politik aus.
Darüber hinaus werden alle drei GmbHs der Uniti zu einer Dienstleistungsgesellschaft verschmolzen, die sich um das operative Geschäft kümmert. Dazu gehören die Organisation der Messe Uniti Expo, die Veranstaltungen, Schulungen sowie der Verlag. Im Verband soll die Fachkompetenz gebündelt werden. „Wir haben flache Hierarchien und Strukturen geschaffen, damit wir uns auf ein Ziel voll konzentrieren können: E-Fuels in den Markt zu bringen und zum Durchbruch zu verhelfen. Wenn das nicht kommt, können Sie alle runterzählen, bis der Markt völlig weg ist“, prognostizierte Kühn.
Weitere Themen
Neben der Einführung von E-Fuels beschäftigt sich die Uniti aktuell mit zahlreichen anderen Themen: „Karriere Tankstelle“, eine Branchenlösung für die Fort- und Weiterbildung von Tankstellenmitarbeitern, entwickelt sich laut Kühn positiv. „Wir haben eine große Beteiligung aus dem Mittelstand und von den Konzernen“, freute sich der Hauptgeschäftsführer. Für die Abschlüsse Betriebsleiter Tankstelle und Unternehmer Tankstelle sind die Ausbildungsprogramme fertig formuliert. Der Abschluss geprüfter Wirtschaftsfachwirt wird gerade angelegt, sodass das Programm dann komplett ausgebaut ist.
Ebenfalls erfreulich aus Kühns Sicht ist eine neue Vereinbarung mit der Tank & Rast, dank der nun auch die bisher fehlenden zwei Prozent der Mitglieder am BAT-Geschäft beteiligt werden können. Sie waren aufgrund ihrer geringen Absatzmengen zu klein, um berücksichtigt werden zu können, da der Verwaltungsaufwand für die Tank & Rast zu groß war. Die Anteile von Gesellschaften mit einem Straßenabsatz geringer als 10.000 Kubikmeter werden nun gesammelt und auf die Federführer der einzelnen BAT-Stationen verteilt, die einen Vertrag mit der Tank & Rast haben. Der Federführer verwaltet die Mengen der kleinen und Kleinstlieferanten unter seiner Menge, führt aber die Erträge komplett an sie ab. „Damit bekommt jedes Mitglied wirklich den wirtschaftlichen Vorteil, der ihm aus dem BAT zusteht“, ist Kühn überzeugt.
(Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ 8/2019)