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Lager in Stuhr: Tollkühn erweitert und digitalisiert

06.04.2024 08:08 Uhr | Lesezeit: 3 min
25 Roboter bewegen sich automatisiert und zielsicher über dem Autostore-Lager.
25 Roboter bewegen sich automatisiert und zielsicher über dem Autostore-Lager.
© Foto: Susanne Löw

Tollkühn hat sein robotergestütztes Lager vergrößert und weiter automatisiert. Gründe für die Investition und die Vorteile des neuen Systems verraten Prokurist Nico Eggers und Betriebsleiter Stefan Schwarz bei einem Besuch am Firmensitz in Stuhr.

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Knapp 300.000 Pakete und 25.000 Europaletten verschickt Tollkühn jedes Jahr. Wenn eine Tankstelle bis 13:30 Uhr ordert, geht die Bestellung noch am selben Tag in Stuhr auf die Reise. Innerhalb von 24 bis 48 Stunden kommt damit der Nachschub an Frostschutzmittel, Wunderkerzen und "Quengelplüsch", wie der Prokurist Nico Eggers die Plüschtiere liebevoll nennt, die gerne mal für ungeduldige Kinder auf der Rücksitzbank erworben werden, an der Tankstelle an.

Robotergestütztes Kleinteilelager

Eine hohe Warenverfügbarkeit und schnelle Liefergeschwindigkeit – das erfordert eine effiziente Lagerlogistik. Tollkühn betreibt daher seit dem Jahr 2016 neben seinem Hand- und seinem Vollpalettenlager, in denen jeweils manuell kommissioniert wird, ein robotergestütztes Kleinteilelager: das Autostore-Lager der norwegischen Firma Hatteland, das hierzulande von der Firma AM Logistic Solutions betreut wird. Mit 13.500 Bins, also Boxen, und 15 Robotern startete Tollkühn vor acht Jahren mit der Anlage – und das in rekordverdächtig schneller Zeit.

Betriebsleiter Stefan Schwarz
Betriebsleiter Stefan Schwarz.
© Foto: Susanne Löw

"Wir haben uns auf dem Markt umgesehen und waren schnell von der Lösung von Hatteland begeistert", erinnert sich Betriebsleiter Stefan Schwarz, der sich bei Tollkühn um die Intralogistik kümmert. Der gelernte Tabakgroßhändler hat bereits 20 Jahre im Vertrieb von Tollkühn gearbeitet. Bis heute kümmert er sich noch um einen Kunden – sein Steckenpferd ist nun aber die Logistik. "Vom ersten Kennenlernen bis zur Inbetriebnahme unserer ersten Autostore-Anlage, die wir in einer bestehenden Halle installiert haben, sind nur sieben Monate vergangen. Heute ist Autostore ein großer Erfolg, die Lieferzeiten sind lang – wir waren damals die Pioniere in Deutschland."

Um Service und Wartung kümmert sich Tollkühn selbst, Ausfälle oder Zwischenfälle gebe es kaum. Im Notfall helfe meist AM Logistic Solutions telefonisch weiter.

Ein einzelnes Handy-Ladekabel? Kein Problem!

Das Autostore-Lager ist für die Anforderungen von Tollkühn perfekt geeignet, erklärt Prokurist Eggers: "Wir haben keinen Mindestbestellwert und bieten auch kleinstmögliche Mengen - etwa ein einziges Handy-Ladekabel, da die meisten Tankstellen ohne eigene Lagerkapazitäten regalgenau bestellen. Früher hatten wir das Problem, dass sich die Kollegen bei der Bearbeitung der vielen Kleinstaufträge mit ihren Rollwägen im Weg standen."

Dank der Automatisierung wurde das Kommissionieren einfacher: Je nach Kommissionsauftrag holen die Roboter die passenden Bins und dienen sie den Mitarbeitern am ergonomisch gestalteten Kommissionier-Arbeitsplatz an. Der Kommissionierer nimmt die geforderte Anzahl an Artikeln heraus und bestätigt den Vorgang. Anschließend fährt die Box zurück und der Roboter bringt die nächste. Statt dass also der Mensch zur Ware geht, kommt die Ware bei Tollkühn zum Menschen. Am Kommissionier-Arbeitsplatz werden die leeren Kartons derweil automatisch angeliefert; befüllt fahren sie auf einem anderen Band durch einen automatisierten Volumen-Reduzierer, danach werden Deckel und Versand-Label automatisch angebracht. Fertig.

Das Vollpalettenlager

Im Vollpalettenlager in einem separaten Gebäude sind Artikel gelagert, die zu groß und schwer sind fürs Autostore-Lager und die Kunden oft palettenweise bestellen – wie Grillkohle, AdBlue oder Frostschutz. Ab einem Gesamtgewicht von 300 Kilogramm werden Lieferungen aus dem Hand- und dem Autostore-Lager zusammengeführt, wobei das System automatisch erkennt, wann ein Gesamtauftrag aus dieser Kategorie für einen Kunden ansteht.

Verdreifachung der Kapazitäten

Vor ein paar Jahren aber stieß Tollkühn mit seinem Autostore-Lager bereits an seine Grenzen. Eggers erinnert sich: "Wir haben neue Kunden im Tankstellenbereich dazugewonnen, außerdem kamen neue Kundensegmente wie der Baumarkthandel dazu, der Absatz bei den Bestandskunden stieg und die Artikelanzahl nahm zu." Durch die corona-bedingten, vermehrten innerdeutschen und -europäischen Urlaube sowie durch den Boom der Campingbranche hat Tollkühn zudem eine Zunahme des Non-Food-Bereichs an Tankstellen bemerkt. Eine Zunahme, die auch nach Corona geblieben ist. Und außerdem hat Tollkühn seit Kurzem jeweils eine Tochterfirma in Österreich und in der Schweiz, die von Stuhr aus bedient werden. Also investierte Tollkühn zwei Millionen Euro in das neue Autostore-Lager, für das eine neue Halle auf dem Betriebsgelände entstand.

Die erste Autostore-Anlage teilte sich den Platz in der bisherigen Halle mit dem Palettenregal im Handlager. Nun ist Platz für 45.500 Bins – und damit für die dreifache Menge. Auch die Zahl der Roboter wuchs: Statt der zuletzt 18 Roboter in der alten Anlage fahren in der neuen Anlage 25 Roboter mit bis zu zehn Stundenkilometern automatisch über die Konstruktion, in der die Bins gelagert sind.

Neu: automatisierter Wareneingang

Aber nicht nur die Lagerkapazitäten und der Automatisierungsgrad stiegen mit der neuen Anlage: Statt vier gibt es nun sieben Kommissionier-Arbeitsplätze, die zu Spitzenzeiten wie im Weihnachtsgeschäft voll besetzt werden, wofür teils neben dem Stammpersonal auch Zeitarbeitsfirmen Unterstützung liefern.

Neu ist zudem der Einlagerungsprozess: Gab es früher zwei Arbeitsplätze für den manuellen Wareneingang, bedient nun ein Förderband vier Arbeitsplätze, an denen die Artikel direkt nach Befüllen der Bins im Autostore-Lager eingelagert werden.

Der automatisierte Wareneingang ist in den Augen von Schwarz neben dem Kapazitätszuwachs einer der größten Effizienzgewinne durch die neue Anlage: "Wir hatten früher so wenig verfügbare Behälter, dass wir immer nur eine Palette und nach ein paar Tagen die nächste einlagern konnten", erinnert sich der Betriebsleiter. "Entsprechend lückenhaft war die Warenverfügbarkeit, weil wir immer darauf achten mussten, die benötigten Produkte zum passenden Zeitpunkt nachzufüllen." Jetzt fahren neue Waren immer direkt und vollständig ins Lager und müssen nur noch einmal angefasst werden. "Just in time" beim Kommissionieren auch größerer Mengen ist damit jetzt ohne Pro-bleme und Aufwand möglich.

Das freut auch die Mitarbeiter am Wareneingang: Hatten sie früher kaum Platz, ist die Arbeit am Förderband nun einfacher. Perspektivisch sollen ein automatischer Kartonaufschneider für die angelieferte Ware sowie ein automatisierter Abtransport der leergeräumten Kartons ihre Arbeit noch komfortabler machen.

Spannung am Umzugswochenende

Die Bauphase von Halle und neuem Lager hatte sich verzögert durch den Krieg in der Ukraine und dessen Folgen wie Rohstoffknappheit und Preisanstiege. Die Außenfassade muss noch immer fertiggestellt werden, aber seit Anfang Oktober 2023 ist die Anlage in Betrieb - nach einem nervenaufreibenden Umzug. Immerhin mussten die Bins und Roboter im laufenden Betrieb von der alten in die neue Halle kommen und kurz darauf dort sofort funktionieren. Doch die riskante Operation am offenen Herzen verlief erfolgreich.

Prokurist Nico Eggers
Prokurist Nico Eggers.
© Foto: Susanne Löw

"Wir haben am Umzugswochenende vor dem Feiertag am Dienstag, den 3. Oktober, das ganze Unternehmen im Dreischichtbetrieb eingespannt: von der Verwaltung über die Lagerkollegen bis hin zur Geschäftsleitung", erinnert sich Eggers. Auf einem Förderband wurden die Roboter, Bins und weitere Teile der alten Anlage zur neuen Halle gebracht. Dort haben die Roboter dann die Ware ins neue Autostore-Lager gebracht. Alles hat geklappt. "Wir waren sogar schneller fertig als berechnet", sagt Eggers stolz.

Nach insgesamt vier Tagen Stillstand ging es dann am Mittwoch nahtlos weiter mit der Kommissionierung. Der in der Zwischenzeit aufgelaufene Berg an Bestellungen wurde schnell abgearbeitet. Für Schwarz waren die ersten Wochen dennoch anstrengend: "Ich war jeden Tag um sechs Uhr an der Anlage und habe versucht, Lösungen für die unerwarteten Herausforderungen zu finden - wie etwa die Tatsache, dass die Lagerverwaltungs-Software in der Anfangszeit nach der Anpassung an die neue Anlage noch etwas hakte." Aber das Wichtigste war, wie er betont: "Alle Kunden wurden beliefert."

Mehr Platz und eine neue Abteilung

Ein weiterer Gewinn durch das neue Autostore-Lager: Tollkühn hat im Handlager Platz gewonnen an der Stelle, wo die alte Anlage stand. An diese Stelle kamen weitere Kommissioniertische, zudem werden aktuell noch weitere Hochregale aufgebaut, wo vor allem Waren kommissioniert werden, die zu groß oder mit über 30 Kilogramm zu schwer sind für die Bins im Autostore-Regal: Scheibenwischer, Schmierstoffe oder Ähnliches. "Früher war der Platz so begrenzt, dass auch gut laufende Artikel teils schon in zweiter Ebene gelagert werden mussten - das machte die manuelle Kommissionierung sehr umständlich", erinnert sich Schwarz. Künftig können schnell drehende Artikel nun wieder ebenerdig platziert werden.

Und noch eine Neuigkeit bringt das neue Lager mit: Zwei neue Ports an der Rückseite der Anlage wurden für die Retouren-Abteilung eingerichtet. "Wir bieten unseren Kunden ein kulantes Rückgaberecht an: Ware in wiederverkaufsfähigem Zustand kann innerhalb von sechs Monaten zurückgegeben werden", erklärt Eggers. "Immerhin haben wir auch viele untypische Artikel, sodass Tankstellen deren Verkauf ausprobieren und bei Nicht-Erfolg gegen eine Gutschrift zurückgeben können." 35 Jahre Expertise und damit ein gutes Gespür für Artikel, die gut ankommen, führen aber laut Eggers dazu, dass Retouren selten sind bei Tollkühn: Der jährliche prozentuale Anteil liegt unter einem Prozent. Natürlich gebe es auch Retouren wegen Bruch. "Schäden arbeiten wir aber immer noch akribisch auf und lagern Retouren wieder im Lager ein", sagt Eggers. Auch das gehe nun über die zwei Ports der neuen Retouren-Abteilung einfacher.

Aktuell ist die neue Anlage nur zur Hälfte befüllt, üblicherweise sind derzeit auch nicht alle sieben Kommissionier-Arbeitsplätze besetzt. "So eine Anlage baut man nicht alle zwei Jahre, wir haben das erwartete Wachstum bereits berücksichtigt", gibt Schwarz zu bedenken. Fazit: Die Zukunft kann für Tollkühn kommen, die Roboter stehen bereit


Über Tollkühn

Tollkühn Shoppartner mit Sitz in Stuhr beliefert als Vollsortimenter bundesweit Tankstellen und Autohöfe mit Non-Food-Artikeln der Eigenmarke "All Ride". In den vergangenen zwei Jahren kamen zudem große Super- und Baumärkte dazu (dort laufen die Artikel unter der Marke "Dunlop Automotive"). Insgesamt zählt Tollkühn rund 12.000 Kunden – wobei der Großteil Tankstellen sind. Parallel baut Tollkühn sein Vertriebsnetz in Österreich und in der Schweiz auf. Seine Anfänge hat die Tankstellenbelieferung im Jahr 1955, mit dem ersten Verkaufsladen für Autozubehör 1981 begann die Tankstellenbelieferung. 1983 übernahm Familie Tollkühn das Einzelhandelsgeschäft auf dem SVG Autohof Brinkum, am 1. Januar 1990 wurde es in Trucker Shop Service H. Tollkühn umgewandelt. 1993 startete die Kooperation mit Tank & Rast und Mineralölgesellschaften wie Aral, Shell, Esso und Total Energies; Büro und Lager wurden nach Stuhr verlegt. 1994/95 gab Firmengründer Horst Tollkühn das Zepter an den zweiten Gesellschafter Michael Wetjen ab. Heute hat das Unternehmen rund 140 Mitarbeiter, davon 35 im Lager.


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