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Aufbewahrungspflicht: Papier bis zur Decke

08.03.2017 14:03 Uhr
Aufbewahrungspflicht: Papier bis zur Decke
Eine regelmäßige Inventur der Ordner und Dokumente schafft neuen Platz für neue Ordner.
© Foto: Rawpixel.com/stock.adobe.com

Die Papierberge im Büro türmen sich bis zur Decke? Dann wird es aber Zeit, alte Unterlagen auszumisten. Doch manch ein Betreiber ist unsicher, wann die Unterlagen in die Papiertonne dürfen.

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Es dauert einige Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte. Aber irgendwann erstickt jeder Geschäftsraum in Ordnern, die meterweise Flächen in Regalen, Schränken und vielleicht schon am Fußboden blockieren. Die dicke Staubschicht auf den Akten bezeugt, dass sich seit vielen Sonnenumkreisungen keiner mehr für den Inhalt interessierte. Und doch müssen sie im Regal weiter dösen. Oder etwa nicht? Sprit+ beantwortet die wichtigsten Fragen zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen.

Gibt es eine Pflicht, Unterlagen aufzubewahren?
Ja, die gibt es. Jeder Kaufmann oder Gewerbetreibende ist verpflichtet, geschäftliche Unterlagen über einen gewissen Zeitraum aufzubewahren. Diese Pflicht entsteht aus zwei Rechtsgrundlagen: dem Steuerrecht und dem Handelsrecht. Im Bereich des Steuerrechts werden die Aufbewahrungspflichten in der Abgabenordnung (AO) geregelt, im Bereich des Handelsrechts enthält das Handelsgesetzbuch (HGB) entsprechende Vorschriften für Kaufleute. Die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften dazu stimmen größtenteils überein, für die betriebliche Praxis sind jedoch die steuerrechtlichen Vorschriften relevanter.

Welche Person ist für die Aufbewahrung verantwortlich?
Kurz gesagt: Papierarbeit ist Chefsache. Bei Einzelunternehmen ist der Geschäftsinhaber verantwortlich, bei den Gesellschaftsformen GbR, OHG und KG ist dies Sache der Gesellschafter, bei einer AG ist der Vorstand zuständig und bei der GmbH und UG ist es der Geschäftsführer.

Welche Unterlagen müssen wie lange aufgehoben werden?
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) München und Oberbayern formuliert es so: „Aus steuerrechtlichen Gründen sind alle Unterlagen aufzubewahren, die zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen von Bedeutung sind.“ Nach § 147 Abs. 1 AO fallen in diesem Sinne folgende Unterlagen darunter: Bücher und Aufzeichnungen (Grund-, Haupt-, Nebenbücher), Inventare, Jahresabschlüsse (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung), Lageberichte und Buchungsbelege. Diese Dokumente müssen mindestens zehn Jahre lang greifbar sein. Handels- und Geschäftsbriefe sowie sonstige Unterlagen, sofern sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, unterliegen einer sechsjährigen Aufbewahrungspflicht. Die Aufbewahrung von Rechnungen ist in § 14 b Umsatzsteuergesetz geregelt. Der Unternehmer muss ein Doppel der Rechnungen abheften, die er oder ein anderer in seinem Namen und auf seine Rechnung ausgestellt und erhalten hat. Nicht aufbewahren müssen Tankstellenbetreiber betriebsinterne Aufzeichnungen wie Kalender oder Arbeitsberichte.

Welche Ausnahmen gilt es zu beachten?
Manchmal müssen Unterlagen länger aufbewahrt werden als sechs oder zehn Jahre, zum Beispiel wenn das Besteuerungsverfahren durch eine Betriebsprüfung noch nicht abgeschlossen ist. Daneben sollten Unterlagen, die dauerhaft von Bedeutung sind, so lange archiviert werden, wie sie steuerlich relevant sein können wie Mietverträge, Darlehensverträge, Gesellschaftsverträge. Darauf weist ETL, eine große Steuerberatungsgruppe in Deutschland, hin, die auch Tankstellenbetreiber berät.

Wann beginnen die Fristen?
Generell gilt: Die Frist beginnt mit Ende des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in die jeweiligen Geschäftsbücher gemacht wurde oder der Buchungsbeleg entstanden ist. Wenn der Tankstellenbetreiber beispielsweise den Jahresabschluss für 2017 im Frühjahr 2018 anfertigt, dann läuft die Aufbewahrungsfrist ab dem 1. Januar 2019 und endet mit dem Jahreswechsel 2028/2029.

Welche Folgen drohen bei Verstößen gegen die Pflicht?
Grundsätzlich muss nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes der Steuerpflichtige steuerentlastende Tatsachen beweisen. Ist ihm das bei einer Steuerprüfung nicht möglich, weil die Unterlagen fehlen, kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlage schätzen. Dies kann auf Grundlage von Vergleichszahlen aus der Branche geschehen. Verwirklicht ein Unternehmer Steuerstraftatbestände, droht ihm sogar eine Freiheitsstrafe.

An welchem Ort müssen die Unterlagen vorrätig sein?
Nach den steuerrechtlichen Vorschriften (§ 146 Abs. 2 AO) sind die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen grundsätzlich in Deutschland zu lagern. Das HGB schreibt keinen bestimmten Ort vor, doch müssen die Unterlagen in einer angemessenen Zeit vorgelegt werden können (§ 239 Abs. 4 HGB). Auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen kann die zuständige Behörde aber auch elektronische Aufzeichnungen außerhalb Deutschlands bewilligen.

Was ist bei digitalen Daten zu beachten?
Bereits seit 2002 können Finanzbehörden theoretisch im Rahmen einer Außenprüfung Einsicht in die gespeicherten Daten nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung der Unterlagen nutzen. Doch einige Jahre waren die Betriebsprüfer nicht ausreichend vorbereitet. Spätestens aber als das Bundesfinanzministerium im Jahr 2014 die Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) formulierte, sind die Zugriffsarten für Prüfer und zu Prüfende klar umrissen. Vorzulegen sind alle Daten der Finanz-, Anlagen- und Lohnbuchhaltung.

Die IHK München und Oberbayern empfiehlt, steuerlich unrelevante Daten nicht auf dem Betriebs-PC zu speichern oder dem Zugriff durch den Prüfer per Passwort zu entziehen. Weitere Tipps zur Vorbereitung hat die IHK in einem Merkblatt unter www.ihk-muenchen.de, Suchbegriff „Digitale Steuerprüfung“, zusammengestellt.

Im Zweifel...
... fragen Sie am besten Ihren Steuerberater. Der weiß Bescheid.

(Autor: Michael Simon; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 3/2017.)

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